Fall 2005-027N

Antisemitische Beschimpfung auf offener Strasse / Rassistische Beschimpfung anlässlich eines Fussballspiels

Basel-Stadt

Verfahrensgeschichte
2005 2005-027N 1. kantonale Instanz verurteilt den Angeklagten.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt keine Ausführungen zum Schutzobjekt
Spezialfragen zum Tatbestand keine
Stichwörter
Opfergruppen Juden;
Schwarze Personen / PoC
Tatmittel Wort;
Gesten / Gebärden
Gesellschaftliches Umfeld Öffentliche Orte;
Freizeit / Sport
Ideologie Antisemitismus;
Rassismus (Hautfarbe)

Kurzfassung

Der Angeklagte rief einem Mann mit jüdischer Kipa über eine Strassenkreuzung laut «Juda verrecke» zu, streckte seinen rechten Arm zum Hitlergruss in die Höhe und spuckte in seine Richtung. Der unbekannte Geschädigte zeigte keine Reaktion.

Zusammen mit einem Begleiter (siehe separates Verfahren Datenbank EKR 2005-028N), schrie er anlässlich eines Fussballspiels einem Spieler «X, du Neger» sowie «Schiss Neger, gang usä» zu. Nach dem Spiel kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, in deren Verlauf sie einen andersfarbigen Fussballfan und dessen Familienangehörige und Kollegen mit Äusserungen wie «Bananenfresser» und «Wichser, Dreckpack, geht doch dorthin wo ihr herkommt!» beleidigt haben sollen. Ihre rassistischen Äusserungen sollen sie mit obszönen Gebärden unterstrichen haben.

Der Angeklagte hat die Beschimpfung zu Lasten des Mannes mit einer jüdischen Kipa vollumfänglich und die Vorfälle anlässlich des Fussballspiels mehrheitlich zugestanden.

Aufgrund der glaubhaften Aussagen eines Zeugen und aufgrund seines Geständnisses wird der Angeklagte der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig gesprochen. Da er mit dem Hitlergruss über seine rassistischen Äusserungen hinaus seine Sympathie zur nationalsozialistischen Ideologie manifestiert habe, wiege sein Verschulden eher schwer und somit erscheine eine Gefängnisstrafe von 30 Tagen bedingt angemessen.

Im selben Strafverfahren wird ein weiterer Beteiligte beurteilt, siehe auch Entscheid 2005-028N Datenbank EKR.

Sachverhalt

Der Angeklagte rief einem Mann mit jüdischer Kipa über eine Strassenkreuzung laut «Juda verrecke» zu, streckte seinen rechten Arm zum Hitlergruss in die Höhe und spuckte in seine Richtung. Der unbekannte Geschädigte zeigte keine Reaktion.

Der Angeklagte gesteht die Beschimpfung, die auch von einem Zeugen bestätigt wird, vollumfänglich zu.

Zusammen mit einem Begleiter besuchte er zu einem späteren Zeitpunkt ein Fussballspiel. Während des Spiels schrie er einem Spieler «X, du Neger» sowie «Schiss Neger, gang usä» zu. Nach dem Spiel kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen einem andersfarbigen Fussballfan und dem Angeklagten und seinem Begleiter. In deren Verlauf sollen sie ihn aufgrund seines Aussehens öffentlich «Bananenfresser», «Mohrenkopf», «Scheissneger», «Baumkletterer» etc. genannt haben. Mit Äusserungen wie «ihr seid nur Dreck», «Wichser, Dreckpack, geht doch dorthin wo ihr herkommt!» sollen sie sich an den Geschädigten und dessen Familienangehörigen und Kollegen gewandt haben. Ihre rassistischen Äusserungen sollen sie mit obszönen Gebärden unterstrichen haben, indem sie den Mittelfinger zeigten und ihren rechten Arm zum Hitlergruss ausstreckten. Beim Weggehen habe sich der Angeklagte mehrmals umgewandt, den Hitlergruss gemacht und «Heil Hitler» gerufen.

Der Angeklagte gesteht diese Vorfälle nur mehrheitlich zu, so insbesondere die rassistischen Schimpfworte zum Nachteil des Spielers X. Hinsichtlich des Geschehens nach dem Spiel beschönigt er aber seinen Tatanteil. So habe er sich nicht den Schimpfworten Bananenfresser, Baumkletterer etc. bedient. Hingegen schliesst er nicht aus, einmal die Hand zum «Hitlergruss» erhoben zu haben. Die Richtigkeit der Anklageschrift wird aber von einem Zeugen vollumfänglich bestätigt.

Rechtliche Erwägungen

Das Gericht hält fest, dass der erste Vorfall zu Lasten des Mannes mit der jüdischen Kipa unbestritten und aufgrund eines Augenzeugen nachgewiesen sei. Die rechtliche Qualifikation der Anklageschrift als Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB sei zutreffend. Der Angeklagte sei somit in diesem Punkt schuldig zu sprechen.

Bezüglich des Vorfalls anlässlich des Fussballspiels wurde die Richtigkeit der Anklageschrift zwar vom Angeklagten z. T. bestritten, aber von einem Zeugen vollumfänglich bestätigt. Die Aussagen des Zeugen erscheinen dem Gericht überzeugend und glaubhaft, zumal er sich zurückhaltend geäussert habe und den Begleiter des Angeklagten entlastet habe. Deshalb sei auf dessen Aussagen abzustellen, obwohl es hinsichtlich des Begleiters des Angeklagten schwer falle zu glauben, dass sich dieser in keiner Weise in den Konflikt eingemischt habe. Der Angeklagte sei somit schuldig zu sprechen.

Das Verschulden des Angeklagten wiegt laut dem Gericht eher schwer. Wäre es bei den rassistischen Äusserungen zu Lasten des Fussballspielers geblieben, wäre eine Busse möglich gewesen: «Darüber hinaus manifestierte der Angeklagte in den übrigen Fällen aber mit dem Hitlergruss seine Sympathie zur nationalsozialistischen Ideologie. Mit dieser menschenverachtenden Gebärde diffamierte er sowohl den eine jüdische Kipa tragenden Velofahrer, dem er ‹Juda verrecke› nachschrie und überdies auch noch anspuckte. Auch den andersfarbigen Fussballfans gegenüber bediente er sich des ‹Hitlergrusses› und demonstrierte damit seine rassistische Haltung.» Andrerseits seien Provokationen der Gegenseite am Ende des Fussballspiels nicht auszuschliessen. Auch möge der Alkohol zur Enthemmung des Angeklagten beigetragen haben. Dennoch sei sein rassistisches Gehabe in keiner Weise zu entschuldigen. Die Tatmehrheit sei Straf erhöhend zu berücksichtigen. Zu seinen Gunsten sei aber zu werten, dass der noch sehr junge Angeklagte nicht vorbestraft sei und zu seinem entgleisenden Verhalten stehe. Aus diesen Gründen scheint dem Gericht eine Strafe von 30 Tagen Gefängnis für den Angeklagten als angemessen.

Zusammenfassend spricht das Gericht den Angeklagten der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig und verurteilt ihn zu einer Gefängnisstrafe von 30 Tagen. Die Gewährung des bedingten Strafvollzugs sei angezeigt.

Im selben Strafverfahren wird ein weiterer Beteiligte beurteilt, siehe auch Entscheid 2005-028N Datenbank EKR.

Entscheid

Der Angeklagte wird der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig gesprochen und zu einer Gefängnisstrafe von 30 Tagen verurteilt. Der bedingte Strafvollzug wird gewährleistet.