Caso 1997-010N

Flugblatt zu Skinhead-Party: "Linke, Punks, Asylanten und sonstiger Abschaum werden zum Anfeuern des Lagerfeuers verwendet"

Soletta

Cronistoria della procedura
1997 1997-010N 1. Instanz verurteilt den Angeklagten.
Criteri di ricerca giuridici
Autorità/Istanza 1a istanza cantonale
Atto / Fattispecie oggettiva Discredito o discriminazione (4° comma 1ª metà)
Oggetto della protezione Etnia;
Oggetto della protezione in generale
Domande specifiche sulla fattispecie Pubblicamente (in pubblico)
Parole chiave
Vittime Richiedenti l'asilo
Mezzi utilizzati Scritti
Contesto sociale Tempo libero / Sport
Ideologia Razzismo (nazionalità / origine);
Estremismo di destra

Sintesi

Der Angeklagte verbreitete ein Flugblatt mit der Aufschrift: "Linke, Punks, Asylanten und sonstiger Abschaum werden zum Anfeuern des Lagerfeuers verwendet?"

Gemäss 1. Instanz stellt das Flugblatt eine tatbestandsmässige Herabsetzung nach Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB dar.

Grundsätzlich stelle die Personengruppe der Asylbewerber zwar keine durch die Rassismusstrafnorm geschützte Gruppe dar, weil es sich dabei um eine rechtliche Kategorie handle. Werde der Begriff Asylbewerber aber als blosses Synonym für jegliche anderen Ethnien bzw. Rassen verwendet, so könne auch die Personengruppe der Asylbewerber als eine durch Art. 261bis StGB geschützte Gruppe anerkannt werden. Der Angeklagte wird zu einer Busse von Fr. 500.- verurteilt.

In fatto

Im Sommer 1995 ging der Polizei ein Flugblatt einer rechtsextremen Gruppierung zu, in welchem zu einer Party eingeladen wurde. Im Flugblatt findet sich der Satz "Linke, Punks, Asylanten und sonstiger Abschaum werden zum Anfeuern des Lagerfeuers verwendet?"

Bei dieser Gruppe handelt es sich um eine Gruppierung rechtsextrem orientierter junger Leute. Der Angeschuldigte war zu jenem Zeitpunkt bereits medienbekannt geworden, weil er als Angestellter eines ehemaligen Regiebetriebs des Bundes die Faxgeräte seines Arbeitgebers für das Verbreiten seiner einschlägigen Ideen benutzt habe.

Dem Angeklagten konnte vorliegend nicht nachgewiesen werden, dass er der Verfasser des fraglichen Flugblattes war. Er hatte einige Kopien des Flugblattes von einem Kollegen erhalten und war von diesem beauftragt worden, die Flugblätter weiterzuverteilen. Auf Anfrage gab er die Flugblätter bei sich zu Hause und einer weiteren Person in einer Karateschule ab.

In diritto

Die 1. Instanz stellt fest, dass die Gruppen "Linke" und "Punks" durch den Art. 261bis StGB nicht geschützt werden, da es sich nicht um Zugehörige einer Rasse, Ethnie oder Religion im Sinne der Bestimmung handle. (S.7)

Bei der Gruppe der Asylbewerber ist die Lehre geteilter Meinung, ob es sich um eine durch Art. 261bis StGB geschützte Gruppe handeln kann. Nach der Lehrmeinung von Niggli (Marcel Alexander Niggli, Rassendiskriminierung, Zürich 1996, N 494 ff) bezeichnet der Begriff "Asylanten" grundsätzlich eine rechtliche Kategorie, welche von der Rassismusstrafnorm nicht geschützt wird. Oft werde diese Bezeichnung aber als Sammelbegriff für andere Rassen oder Ethnien verwendet. Wenn die Bezeichnung als blosses Synonym für die durch Art. 261bis StGB geschützten Gruppen verwendet wird, ist die Norm trotzdem anwendbar. Ein Verhalten kann nicht dadurch straflos werden, weil es sich gegen mehrere Ethnien bzw. Rassen gleichzeitig wende, ohne die einzelnen Gruppen gesondert aufzuzählen. (S.8)

Die 1. Instanz folgt dieser Lehrmeinung und führt aus: "Dieser differenzierenden Auffassung ist gegenüber der apodiktischen Verneinung des Asylantenbegriffs als Schutzobjekt der Vorzug zu geben, ist doch offensichtlich, dass Asylbewerber nicht als rechtliche Kategorie Angriffen ausgesetzt sind, sondern eben als Menschen, die sich von ihrer ethnischen Herkunft her von der Mehrheit unterscheiden. Es ist unzweifelhaft, dass im inkriminierten Satz des Flugblattes [dieser Gruppierung] nicht Asylanten als rechtliche Kategorie gedacht waren, sondern eben Menschen anderer Ethnien, die sich von der "herrschenden Mehrheit" u.a. durch ihr Äusseres unterscheiden. Er kann nicht anders verstanden werden, als als Angriff auf Menschen anderer Ethnien und ist als im Sinne von Art. 261bis StGB tatbestandsmässiger Angriff zu betrachten." (S.9)

Die 1. Instanz bejaht ebenfalls die Öffentlichkeit. Dies wäre dann zu verneinen gewesen, wenn die Flugblätter nur an bestimmte Personen aus dem Freundeskreis des Angeschuldigten adressiert gewesen wären. Im vorliegenden Fall habe der Angeschuldigte aber die Flugblätter mit dem Auftrag entgegengenommen, sie weiterzuverteilen. Dies habe er auch getan und er habe somit zumindest damit rechnen müssen, dass das Flugblatt noch weiter verbreitet werde. Der Zweck des Flugblattes sei ja gerade die Weiterverbreitung an einen grösseren Personenkreis. (S.9 f.)

Nach Meinung der 1. Instanz ist hier die Tatbestandsvariante nach Abs. 4 Hälfte 1 zweifach erfüllt. Sowohl der Vergleich von Asylbewerbern mit "sonstigem Abschaum" als auch die Darstellung als Objekt, welches zum Anfeuern des Lagerfeuers verwendet werde, stelle eine tatbestandsmässige Herabsetzung der betroffenen Menschen dar.

Die Anwendbarkeit der Tatbestandsvariante nach Abs. 1 wird hier ausgeschlossen, weil zur Erfüllung von Abs. 1 unmittelbar zu Hass und Diskriminierung aufgerufen werden müsste. Im vorliegenden Flugblatt werde nach Meinung der 1. Instanz nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar zu Hass und Diskriminierung aufgerufen. Es werde nur deklamatorisch zum Ausdruck gebracht, dass diese Menschen unter ihnen, den "Höherwertigen", nichts zu suchen hätten. Dies stelle eine Diskriminierung bzw. eine Herabsetzung dar, welche nach Abs. 4 Hälfte 1 strafbar sei. Nach der hier vertretenen Meinung ist der Abs. 4 als Grundtatbestand zu betrachten, " zu dem Abs. 1 im Verhältnis der Spezialität steht. Abs. 1 qualifiziert die Tathandlung dadurch, dass der Täter unmittelbar zu Hass und Diskriminierung aufruft, wogegen Abs. 4 auch den mittelbaren Aufruf erfasst." (S.10 f.)

Bezüglich der Strafzumessung führt die 1. Instanz aus, dass der Angeschuldigte nur mittelbar zu Hass und Diskriminierung gemäss Abs. 4 Hälfte 1 aufgerufen habe, was eine mildere Form darstelle. Zudem habe sich der Angriff " auch nicht auf konkrete Menschen, sondern auf das Synonym "Asylanten" bezogen, was zumindest subjektiv - aus der Sicht des Beschuldigten - als weniger scherwiegend zu betrachten ist." (S.12) Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten zu einer Busse von Fr. 500.--.

Decisione

Verurteilung zu einer Busse von Fr. 500.-- und Löschung des Strafregistereintrages nach einer Probezeit von 1 Jahr.