Caso 2007-008N

Beschimpfung im Restaurant: «Ihr N**** seid alle kriminell», «verdammti huere N****»

Zurigo

Cronistoria della procedura
2007 2007-008N Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten.
2007 2007-051N Die 2. Instanz tritt nicht auf die Berufung des Angeklagten ein.
Criteri di ricerca giuridici
Atto / Fattispecie oggettiva Discredito o discriminazione (4° comma 1ª metà)
Oggetto della protezione Razza
Domande specifiche sulla fattispecie Pubblicamente (in pubblico);
Fattispecie soggettiva
Parole chiave
Autori Persone private
Vittime Persone nere / PoC
Mezzi utilizzati Parole
Contesto sociale Luoghi pubblici
Ideologia Razzismo (colore di pelle)

Sintesi

Der Angeklagte sagte in einem Restaurant dem Geschädigten zunächst mit ruhiger Stimme: «Ihr seid alle kriminell», «Alle von Libyen sind kriminell» und «Alle Schwarzen sind kriminell». Als der Geschädigte sich vom Angeschuldigten entfernte, rief dieser mit lauter, hörbarer Stimme:«Ihr Neger seid alle kriminell» und weiter «Ihr seid alle Neger» und «verdammti huere Neger».
Nachdem das urteilende Gericht die Aussagen des Geschädigten, unter Berücksichtigung von Aussagen zweier Zeugen, für glaubhaft erklärt, prüft es die Aussagen «Ihr seid alle Neger» und «verdammti huere Neger» auf ihre Tatbestandsmässigkeit im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB. Dabei werden beide Aussagen als tatbestandsmässig qualifiziert. Dies weil sich die erste Aussage als unzulässige Herabsetzung einer durch Art. 261bis Abs.4 StGB geschützten Rasse erweist, und die zweite Aussage die Würde des Geschädigten als Mensch in Frage stellt.
Auch das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit wird vom Gericht bejaht, da die Äusserungen des Angeklagten laut und hörbar waren und von einer unbestimmten Anzahl von Gästen sowie dem Personal des Restaurants wahrgenommen werden konnten.

Der Angeschuldigte wird der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen à CHF 30.-, insgesamt CHF 300.-, verurteilt.

In fatto

Der Angeklagte sagte dem neben ihm an der Theke eines Restaurants stehenden Geschädigten zunächst mit ruhiger Stimme: «Ihr seid alle kriminell», «Alle von Libyen sind kriminell» und «Alle Schwarzen sind kriminell». Als der Geschädigte sich vom Angeklagten distanzierte, rief der Angeschuldigte mit lauter, für alle im Restaurant hörbarer Stimme, «Ihr Neger seid alle kriminell». Als Reaktion auf die Bitte des Geschädigten, er solle ihn nicht mehr als Neger bezeichnen, rief der Angeklagte laut «Ihr seid alle Neger» und «verdammti huere Neger».


Decisione 2007-008N

Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten.

In diritto

Das Gericht sieht das Angriffsobjekt der Rasse als gegeben, da sich im vorliegenden Fall die Äusserungen des Angeklagten gegen eine dunkelhäutige Person richteten.
Auch das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit bejaht das Gericht. Es geht davon aus, dass zumindest die lauten und hörbaren Äusserungen des Angeklagten («Alle Neger sind kriminell» und «verdammti huere Neger») von einer unbestimmten Anzahl von Gästen sowie dem Personal des Restaurants wahrgenommen werden konnten. Zudem handle es sich bei diesem Lokal um ein gut frequentiertes Restaurant im Zürcher Hauptbahnhof.

Bei der Prüfung, ob der Angeklagte den Tatbestand der Rassendiskriminierung erfüllt hat, stellt das Gericht auf die Äusserungen «Alle Neger sind kriminell» und «verdammti huere Neger» ab.

Aussage «Alle Neger sind kriminell»
Das Gericht sieht in dieser Aussage ein Pauschalurteil, das sich nicht mehr auf sachliche Gründe stützen lasse. Es folgt der Meinung des Bundesgerichts, das festhält, dass die Aussage, eine durch Art. 261bis StGB geschützte Gruppe sei generell kriminell, als unzulässige Herabsetzung dieser Gruppe erscheine. Werden nun (wie im vorliegenden Fall) dunkelhäutige Personen pauschal als kriminell bezeichnet, besage dies im Kern nichts anderes, als dass sie nicht den gleichen Anspruch auf persönliche Freiheit haben wie andere Gruppen. Das Gericht qualifiziert diese Äusserung als herabsetzend im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB.

Aussage «verdammti huere Neger»
Das urteilende Gericht stellt fest, dass der Ausdruck «verdammti huere Neger» für einen unbefangenen Durchschnittsadressaten eindeutig eine negative und abwertende Bedeutung habe. Mit dieser Aussage wurde die Würde des Geschädigten als Mensch in Frage gestellt. Das Gericht hält allgemein fest, dass die Verbindung zwischen einem negativen Werturteil («verdammti huere») und der unentrinnbaren Gruppenzugehörigkeit («Neger») die Behauptung einer grundsätzlichen Minderwertigkeit des Betroffenen als Angehöriger dieser Gruppe enthalte. Der besondere Unwertgehalt liege darin, dass der Betroffene sich seiner rassischen Zugehörigkeit nicht entledigen könne und sich so regelmässig damit identifiziere. Auch diese Aussage wird somit vom Gericht als herabsetzend im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB qualifiziert.

Der Angeklagte erfülle demnach den objektiven Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB. Zur Vollständigkeit hält das Gericht fest, dass der objektive Tatbestand auch mit der Formulierung «Schwarze» oder «Farbige» erfüllt gewesen wäre. Dem Ausdruck «Neger» komme also keine selbständige Bedeutung zu.

Die 1. kantonale Instanz verurteilt den Angeklagten zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je CHF 30.-, also insgesamt 300.-.
Der Geschädigte verlangt eine Genugtuung im Betrag von CHF 500.-. Diese lehnt das Gericht ab. Der Genugtuungsanspruch lasse sich nicht auf das OHG stützen, da keine weiteren Straftatbestände erfüllt wurden und die vom Bundesgericht geforderte Schwere der Beeinträchtigung nicht gegeben sei. Auch lasse sich kein Genugtuungsanspruch aus Art. 49 OR herleiten, da die psychische Verletzung des Geschädigten als zuwenig schwerwiegend angesehen wird.

Decisione

Der Angeschuldigte wird der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen à CHF 30.-, insgesamt CHF 300.-, verurteilt.


Decisione 2007-051N

Die 2. Instanz tritt nicht auf die Berufung des Angeklagten ein.

In diritto

Der Angeklagte erhielt das begründete Urteil inklusive Rechtsmittelbelehrung. Darin wurde dem Angeklagten unmissverständlich mitgeteilt, dass gegen das Urteil der 1. Instanz innert 10 Tagen Berufung angemeldet werden könne, und dass die appellierende Partei innert 20 Tagen ab Erhalt des begründeten Urteils schriftlich ihre Beanstandungen mitzuteilen haben.
Der Angeklagte erklärte fristgerecht Berufung ohne dazu weitere Ausführungen zu machen. In der Folge liess er die Frist zur Benennung der Beanstandungen unbenützt ablaufen.
Aus diesen Gründen tritt die 2. Instanz nicht auf die Berufung ein. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Angeklagten auferlegt.

Decisione

Die 2. Instanz tritt nicht auf die Berufung des Angeklagten ein. Die Kosten werden dem Angeklagten auferlegt.