TANGRAM 34 Bulletin der EKR Dezember 2014 - page 30

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Humor, Satireund Ironie
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L’humour, la satireet l’ironie
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Umorismo, satirae ironia
RechtlicheGrenzen
Les limitesposéespar ledroit
I limiti posti dal diritto
TANGRAM 34
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12/2014
| TarekNaguib
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Recht § einfach kompliziert · Rassismus, Sexismus, Ableism etc. in der Comedy
tigte. Zudembedienteer sichunabhängigvon
seiner Intentioneiner Sprache (Worte,Gestik),
die auf einer historisch gewachsenen antise-
mitischen Ideologieberuht, diese reartikuliert
und soRassismus perpetuiert.
Comedy, diemit diskriminierenden
Stereotypen «spielt»
Grundsätzlich anders gelagert sinddie Fäl-
le «Steinegger» und «Tschäppät». Bei beiden
handelt es sich um Comedy-Darbietungen, in
denen rassistische und sexistische Stereotype
verbreitet werden, mit de-
nen aber – prima vista – keine
diskriminierenden Absichten
verfolgt werden. Birgit Stein-
egger machte sich in einem
Sketch im Schweizer Fernse-
hen über die Täschligate-Af-
färe lustig. Im letzten Sommer
hatte sich die schwarze US-
Talkshow-Moderatorin Oprah
Winfrey über die rassistische
Behandlung in einer Zürcher
Modeboutique beklagt. Im
Sketch von SRF spielt nun Bir-
git Steinegger mit schwarz
geschminktemGesicht die Kundin FrauMgu-
bi. Durch die rassistische Tradition des
Black-
facing
werden schwarze Frauen als rand-
ständig und dümmlich festgeschrieben. Vom
Verkaufspersonal wird Frau Mgubi merklich
nervös bedient, «weil es einen Rassismusvor-
wurf fürchtet» (vgl. Jain, 2014).
Etwas anders ist die Situation beim Berner
Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät, dem
Rassismus gegen Italiener_innen vorgewor-
fen wurde. Bei den Italiener_innen handelt
es sich um eine Gruppe, die in den 1970er-
und 1980er-Jahren schwerwiegenden Diskri-
minierungen ausgesetzt war. Anders als bei
schwarzenMenschenhabendiesemittlerwei-
le abgenommen. Dennoch sind sie weiterhin
Recht § einfach kompliziert
Rassismus, Sexismus, Ableismetc. inder Comedy
TarekNaguib
«EsgibtkeinegrössereMachtalsdieMacht
des Lachens.»
HughGreene
Comedyals Vehikel vonDiskriminierung
Der selbsternannte französische «Komi-
ker» Dieudonné M’Bala M’Bala plante für
Dezember 2013 einen Auftritt im Théâtre de
la Main d’Or in Paris. Die zuständige Behör-
de zog nach Intervention des französischen
Innenministers die Auftrittsbewilligung zu-
rück, weil sich Dieudonné im Vorfeld auf an-
tisemitische Weise geäussert hatte: «Quand
je l’entends parler, Patrick
Cohen, je me dis, les cham-
bres à gaz ... Dommage!».
Grund der Verweigerung der
Bewilligung war auch, dass
Dieudonné zwischen 2007
und 2009 fünf Mal von fran-
zösischen Gerichten wegen
öffentlich vorgetragener ras-
sistischer Äusserungen verur-
teiltwordenwar. Zudemhat-
te sich 2004 bereits die Stadt
Genf geweigert, dem Veran-
stalter einen Theatersaal für
eine Aufführung des Stückes
«Sandrine» zu vermieten. Auch hier war die
Begründung imWesentlichen,dassdasGedan-
kengut von Dieudonné antisemitisch sei. So
hatte er imVorfeld der Aufführung Juden als
Sklavenhändler in der Bank («négriers recon-
vertis dans la banque») bezeichnet. Sklaven-
händler, diemit Show und terroristischer Ak-
tion («spectacleet action terroriste») ihrReich
und Vermögen auf Sklavenhandel und Skla-
verei gegründet haben («qui ont fondé des
empires et des fortunes sur la traite des Noirs
et l’esclavage»; vom Autor frei übersetzt).
Losgelöst von der rechtlichen Beurteilung ist
Dieudonnés Intention – unbewiesen aber of-
fensichtlich – eine antisemitisch rassistische,
undzwar indemSinne, dass er Jüd_innen
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mit
seinen Äusserungen herabzusetzen beabsich-
Zudembediente
er sichunabhängig
von seiner Intention
einer Sprache , die
auf einer historisch
gewachsenen
antisemitischen
Ideologieberuht.
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