TANGRAM 34 Bulletin della CFR Dicembre 2014 - page 77

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Humor, Satireund Ironie
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L’humour, la satire et l’ironie
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Umorismo, satira e ironia
Rückeroberungdes Humors
La réappropriationde l’humour
La riappropriazionedell’umorismo
Charles Nguela imGesprächmit Urs Güney | «Humor ist eineWaffe inmeinemMund»
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12/2014
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TANGRAM 34
ner zum Comedian –wann hast du eigentlich
Humor alsWerkzeug für dich entdeckt?
Als letztgeborenes Kind hatte ich schon
inder Familie die Rolle des Eisbrechers. Auch
in der Schule konnte ich kritische Momen-
te in allgemeines Gelächter verwandeln. In
Bewerbungsgesprächen, Polizeikontrollen –
immerwieder sah ich, wie viel Humor imAll-
tag hilft. Scherzend findet
man rasch Zugang zu den
Mitmenschen, sieht Gemein-
samkeiten. Im Moment des
Lachens sind alle im Raum
gleichgestellt. Humor ist eine
Waffe in meinem Mund, al-
lerdings eine sehr positive.
Wenn Menschen lachen,
siehtman ihrwahresGesicht.
Ob jemand boshaft lacht
oder von Herzen, erkenne ich sofort. Das ist
einGeschenk anuns Komiker.
Wann hast du entschieden, als Komiker
auf dieBühne zu treten?
Vor viereinhalb Jahrenhabe ichmit Freun-
den in einer Bar auf Teufel komm raus her-
umgescherzt. Eine ältere Dame fragte mich
danach, obmanmichbuchen kann. Im ersten
Moment verstand ichgar nicht,was siemeint.
Aber es blieb nicht die einzige positive Rück-
meldungzudiesemersten«Auftritt». Freunde
meldetenmich dann beim Lenzburger Gauk-
lerfestival an. Dort gelang esmir, einwirklich
grosses Publikum zum Lachen zu bringen. Als
ich schliesslich einen Agenturvertrag erhielt,
realisierte ich, dass Comedymehr als bloss ein
Hobby ist.
Woher nimmst du die Energie, Erlebnisse
auszubreiten, die imerstenMoment schmerz-
haftwaren?
Nichts hilft schneller, Negatives zu verar-
beiten, als Humor. Ich bin nicht der Einzige,
der schlechte Erfahrungen gemacht hat, aber
Allgemeine. Umstrittene Initiativen sind oft
zu komplex, als dass sie sich für eine Pointe
eignenwürden.
Schule, Militär, Polizei – du nimmst Insti-
tutionen aufs Korn, die vielen Menschen in
der Schweizwichtig sind. Hast du auch schon
negativeReaktionenerhalten von Leuten, die
finden, das gehöre sichnicht?
Ja, aber mir war vom ers-
tenTaganklar, dassmichnicht
allemögenwerden. Mein Ziel
ist es nicht, den Leuten auf
die Füsse zu treten, sondern
mich gegen die Politikmit der
Angst auszusprechen. Ich will
die Schweiz nicht schlechtma-
chen! Über manches Problem
kann man aber lachen, wenn
man es nur mal mit andern Augen anschaut.
Man versteht sich auch besser, wennman sich
aufeinander einlässt – zum Beispiel wird klar,
warum vielen Ausländern die Schweiz so still
undgedämpftvorkommt. IndenUSA,England
oder Frankreich wissen die Leute wohl mehr
überMinderheiten. Wenn ich einenWitz dar-
übermache, dassDunkelhäutigegernePoulet
essen, verstehen nicht viele, was daran lustig
ist. Humor kennt durchaus kulturelle Unter-
schiede. Inder Schweiz ist – zumindest vorder-
gründig – Political Correctness sehrwichtig.
Willst dupolitisch inkorrekt sein?
Wennmanüber heikle Themen redenund
lachen kann, bringt das die Gesellschaft wei-
ter. Comedy kann Tabus brechen. Wennman
allesmit Samthandschuhenanfasst, gehtman
Dingen aus dem Weg, die im Raum stehen
und verarbeitet werden müssten. Sie anzu-
sprechenbraucht einwenigMut, aber von al-
leinändert sichdieGesellschaft nicht.
AufdeinerWebseitebeschreibstdudeinen
Weg vom Klassenclown und Pausenentertai-
Wennmanüber
heikle Themen
redenund lachen
kann, bringt das
dieGesellschaft
weiter.
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