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20ans
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20anni
VorgehengegenHassreden im Internet
Agir contre les discours dehaine sur Internet
Agire contro l’istigazioneall’odio in Internet
TANGRAM 35
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6/2015
| Urs Güney | «MissbräuchlicheMeldungenmüssenuns gemeldet werden»
Sich über individuelle Beweggründe aus-
zulassen, wäre höchst spekulativ. Das kann
aus einem akuten Impuls heraus geschehen
oder aus einem dezidierten Interesse daran,
dieses Gedankengut unter die Leute zu brin-
gen. Facebook wird viel als Kanal der politi-
schenKommunikationgenutzt. GeradePoliti-
kern würde ich unterstellen, dass sie sich der
WirkungdesMediums undderÖffentlichkeit,
die sie dadurch erreichen, durchaus bewusst
sind.
Ist alles öffentlich, was auf Facebook ge-
schieht?
Nein, jederentscheidet selber,werdasPub-
likum seinerBeiträge ist.Auf Facebookgibt es
das persönliche Profil, indemmanmit Freun-
den vernetzt ist. Es ist für den
privaten Kontakt zwischen
Menschenbestimmt.Mit indi-
viduellen Einstellungen kann
man den Kreis derjenigen
festlegen, für die ein Beitrag
bestimmt ist. Danebengibt es
die Möglichkeit, sich eine so-
genannte Seite zu erstellen.
DieSeite istmitallem,wasauf
ihr geteilt und gepostet wird,
bewusst undabsichtlichöffentlich. Dies ist ein
Kommunikationskanal für Personenund Insti-
tutionenderÖffentlichkeit.
Beschränkt sich denn die Prüfung der In-
halte auf dieseöffentlichen Seiten?
Nein, man kann auch Inhalte in privaten
Profilen melden. Sogar aus geschlossenen
Gruppen, zu denen man sich zusammenfin-
denkann,werden rassistische Inhalteentfernt
–wenn sie uns bekannt werden. Gruppen, zu
denen man selbst keinen Zugang hat, kann
man als Ganzes prüfen lassen. Wir wollen
nicht zulassen, dass sichdarinRadikalegegen-
seitig in ihrenHaltungenbestärken.
Angesichts der Menge an Beiträgen, die
täglich gepostet werden, sind wir darauf an-
gewiesen,dassunsmissbräuchliche Inhaltege-
meldetwerden.Wir ermutigendieMenschen
auf Facebook, von sich aus Ideen, Inhalte und
Veranstaltungen kritisch zubewerten. Zudem
arbeitet Facebook mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen zusammen. Sowollenwir ver-
hindern, dass das Netzwerk zur Verbreitung
rassistischenGedankenguts genutztwird.
Wie sehen solche Kooperationen konkret
aus?
Facebookunterstützt Institutionen, dieEx-
perten in der Rassismusbekämpfung sind. In
Deutschland beispielsweise habenwir zusam-
men mit «Laut gegen Nazis»
und «Netz gegen Nazis» ein
Faltblatt erstellt. Darin klären
diese Institutionen auf, wie
manRassismus in sozialenMe-
dien erkennt. Und zwar selbst
dann, wenn es sich um eher
versteckte Formen handelt,
die sich vordergründig an ge-
sellschaftlichen Themen abar-
beiten. Wir unterstützen die
Organisationen dabei, ihre Botschaft zu ver-
breiten, und versuchen, Strategien der
coun-
ter speech
bekannt zumachen.Wir zeigen so,
dassmanHassredennicht einfachhinnehmen
muss, sondern solche Diskussionen beeinflus-
sen kann. Mit der EKR prüfenwir derzeit, ob
und in welcher Form solche Partnerschafts-
modelle auch auf die Schweiz übertragbar
wären. Lokale Partnerschaften sind ein gutes
Instrument gegen Bewegungen, die Wellen
vonHassbotschaften verbreiten.
Regelmässig fallen auf Facebook Politiker
mit rassistischen Aussagen auf. Was verleitet
sie dazu, sich in sozialenMedien hemmungs-
los – manchmal gar in strafbarer Weise – zu
äussern?
«Ist einProfil
allerdings einzig
darauf ausgelegt,
Hassbotschaften zu
verbreiten, sperren
wir es sofort.»