TANGRAM 35 Bulletin der EKR Juni 2015 - page 37

37
20 Jahre
|
20ans
|
20 anni
Diskriminierungsschutz als zentrales AnliegenderMenschenrechte
Laprotection contre ladiscrimination au cœur des droits humains
La tuteladalladiscriminazione al centrodei diritti umani
Urs Güney | Rassismus bedrohtMenschenrechte
|
6/2015
|
TANGRAM35
Inwelchen Lebensbereichen kommen Dis-
kriminierungenbesonders häufig vor?
In der Schweizwissenwir, dass die unglei-
che Entlöhnung vonMännern und Frauen als
Form der Geschlechterdiskriminierung nach
wie vor eine weit verbreitete Realität ist.
Fälle von Rassendiskriminierung sind eben-
falls recht gut dokumentiert, aber das volle
Ausmass ist nicht bekannt, weil Opfer sich
häufig nicht melden. In Bereichen wie der
Diskriminierung von Menschen mit Behinde-
rungenoderDiskriminierungwegender sexu-
ellenOrientierung ist dieDatenlagenochmals
schlechter. Allerdings lässt sich sagen, dass
staatliche Diskriminierung eher selten ist und
die hauptsächlichen Probleme im Bereich der
Beziehungen zwischen Privaten liegt. Private
sind zwar nicht direkt an die Menschenrech-
te gebunden, der Staat ist aber menschen-
rechtlich verpflichtet, Diskriminierungsopfern
Schutz zugewähren.
Welche Massnahmen halten Sie für wir-
kungsvoll?
Der Kampf gegen Diskriminierung ist auf
verschiedenen Ebenen zu führen, die inein-
andergreifen und sich ergänzen müssen. Es
braucht Sensibilisierung dafür, was Diskri-
minierung ist, ebenso wie niedrigschwellige
Beratungs- und Unterstützungsangebote für
Opfer. Ohne gute Gesetze allerdings greifen
alleanderenBemühungen zukurz. Verfahren
müssen ohne grosse Kosten und andere Hür-
denmöglich sein.MitanderenWorten: Es sind
nicht so sehr einzelneMassnahmen, diewirk-
sam sind, sondern letztlich die Kohärenz der
Bemühungen imKampf gegendenRassismus.
Urs Güney hat Germanistik studiert und ein Praktikumbei
der Fachstelle für Rassismusbekämpfung FRB absolviert.
Ausserdem schreibt er als freier Journalist fürNZZCampus
undanderePublikationen.
seiner Berufswahlfreiheit beeinträchtigt. Und
wo beispielsweise ungerechtfertigter Polizei-
gewalt rassistische Motive zugrunde liegen,
geht es um besonders schwere Verstösse ge-
gen das Verbot unmenschlicher und erniedri-
gender Behandlung.
SchutzvorRassismus istalsoeinMenschen-
recht. Gilt dies allgemein für Diskriminierun-
gen?
Durchaus, Rassismus ist aber eine beson-
ders schlimme Form von Diskriminierung.
Meine Hautfarbe und wo ich herkomme,
macht genauso einen Teil meiner Persön-
lichkeit aus wie mein Geschlecht oder mein
Alter. Menschen ohne diese Merkmale exis-
tieren nicht. Diskriminierung ist ein Angriff
auf das, was die Identität und Persönlichkeit
eines Individuums ausmacht. Siewirkt beson-
ders verletzend, weil Menschen nicht wegen
dem, was sie tun, sondern wegen dem, was
sie sind, mit Hass übergossen, ausgegrenzt
und herabgesetzt werden. Zudem halten die
Menschenrechtskonventionen fest, dass dort,
wo Menschenrechte im öffentlichen Interes-
se eingeschränkt werden, dies ohne jede Dis-
kriminierung geschehen muss. Mit anderen
Worten: Wenn zum Beispiel aus Gründen der
Anstaltsordnung religiöse Aktivitäten in Ge-
fängnisseneingeschränktwerden, dürfen sich
diese Eingriffe nicht nur gegen Juden oder
Hinduswenden.
Prof.Dr.WalterKälin istDirektordesSchweizerischen
Kompetenzzentrums fürMenschenrechte SKMR. Das
SKMR ist ein Dienstleistungszentrummit ausgewie-
senenMenschenrechtskompetenzenvor allem inden
Themenbereichen Migration, Polizei und Justiz, Ge-
schlechterpolitik, Kinder- und Jugendpolitik, institu-
tionelle FragenundMenschenrechteundWirtschaft.
Das SKMR hat die Aufgabe, den Prozess der Umset-
zung internationaler Menschenrechtsverpflichtun-
gen in der Schweiz zu fördern und Behörden auf
allen Stufen, die Zivilgesellschaft und dieWirtschaft
dabei zuberatenund zuunterstützen.
1...,27,28,29,30,31,32,33,34,35,36 38,39,40,41,42,43,44,45,46,47,...118
Powered by FlippingBook