TANGRAM 35 Bulletin der EKR Juni 2015 - page 42

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Diskriminierungsschutz als zentrales AnliegenderMenschenrechte
Laprotection contre ladiscriminationau cœur des droits humains
La tuteladalladiscriminazione al centrodei diritti umani
TANGRAM 35
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Doris Angst | Schutz vor rassistischer Diskriminierung – eingrundlegendesMenschenrecht
tungsstellen finanzierten – Beratungsnetzes
für Rassismusopfer als positive, aber behelfs-
mässige Schritte zu werten. Sie stellen keine
grundsätzlicheBestärkungdes Rechtsschutzes
gegen Rassendiskriminierung dar. Ein Bera-
tungsangebot für Rassismusopfer wurde erst
vor ein paar Jahren in die kantonalen Integ-
rationsverpflichtungen aufgenommen. Damit
ist das Thema aber allein bei der Integration
der ausländischen Bevölkerung verlinkt – ein
systemisch fragwürdigerAnsatz. VonEntschä-
digung an Opfer von rassistischer Diskrimi-
nierung kann in der Schweiz überhaupt nicht
gesprochenwerden. EinOpferhilfegesetz be-
steht zwar, kannaber aufdieseArt vonDiskri-
minierungnur schwierigangewandtwerden.
Die RassismusstrafnormArtikel 261
bis
StGB
stellt bis heute das wichtigste Instrument in
der Umsetzung des Verbots von Rassendis-
kriminierung dar.
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Eine Abschaffung dieser
Strafnorm,wie sie zumwiederholtenMale im
Nationalratgefordertwird,würdeeineKündi-
gung des Übereinkommens zur Folge haben.
Es istdeshalb tröstlich, dassderBundesratund
eine Mehrheit des Parlaments bisher solche
Ansinnen stets abgelehnthaben– ja sogarge-
genwärtig eine Ausweitung dieser Strafnorm
auf das Verbot der homophobenDiskriminie-
rungerwogenwird. Damitwürdedie Schweiz
auf die Linie der Europäischen Kommission
gegen Diskriminierung und Intoleranz ECRI
einschwenken, welche diese Erweiterung be-
reits in ihr Programmaufgenommenhat.
Fazit: Es bleibt auch für dienächsten Jahre
noch viel gegen rassistische Diskriminierung
zu tun – sowohl auf nationaler wie auch auf
internationaler Ebene.
Doris Angst ist Expertin fürMenschenrechteundDiskrimi-
nierungsschutz. Siewar bis September 2014Geschäftsfüh-
rerinder EKR.
Mit der Eidgenössischen Kommission ge-
gen Rassismus EKR schuf der Bundesrat in
Umsetzung von Artikel 7 RDK gleich zu Be-
ginneinOrgan für diePräventions-, Beobach-
tungs-, Analyse- und Beratungsarbeit. Ob die
Form einer ausserparlamentarischenKommis-
siondiedafür geeignetste sei, kanndiskutiert
werden. Jedenfalls hat sich die EKR in den
20 Jahren ihres Bestehens als unbestechliche
Beobachterin und Analystin etabliert, die zu-
demeineganzeReihevonProduktenzur Sen-
sibilisierung und Information sowie Beratung
aufgebaut hat.
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Zur Koordination der staatli-
chen Verpflichtungen auf allen Ebenen wur-
de 2001 im EidgenössischenDepartement des
Innern die Fachstelle für Rassismubekämp-
fung FRB eingesetzt. Diese bündelt die Um-
setzungsbemühungen auf allen staatlichen
Ebenen und ist zusammen mit der Direktion
für Völkerrecht/EDA auch für die Berichter-
stattung an das Überwachungsorgan CERD
zuständig. Um diese Berichterstattung zu
vereinheitlichen, gibt sie u.a. seit 2012 einen
Grundlagenbericht heraus.
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Lücken im rechtlichen Schutz
Eine grosse Lücke in der Umsetzung des
Übereinkommens in der Schweiz besteht be-
züglich Artikel 6 RDK, dem Rechtsschutz der
Opfer. Als Prinzip ist die Rechtsgleichheit ge-
währleistet, das verfassungsrechtliche Diskri-
minierungsverbot ist aber bezüglich rassis-
tischer Diskriminierung ausser im Strafrecht
nicht konkretisiert. Zivilrechtlich muss daher
auf kompliziertemWege auf andere Rechts-
behelfeRückgriffgenommenwerden,wasAr-
tikel 2, Abs. 1bRDK entgegensteht. Ohne ge-
nügenden zivilrechtlichen Schutz kommt die
SchweizderVerpflichtungnachArtikel 5RDK,
dieNichtdiskriminierung inallenLebensberei-
chen zugarantieren, nichtgenügendnach. So
sindder vonder EKR erarbeitete und vonder
FRB herausgegebene Rechtsratgeber und die
Existenz eines – von der EKR und den Bera-
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