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20 Jahre
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20ans
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20 anni
Diskriminierungsschutz als zentrales AnliegenderMenschenrechte
Laprotection contre ladiscrimination au cœur des droits humains
La tuteladalladiscriminazione al centrodei diritti umani
Doris Angst | Schutz vor rassistischer Diskriminierung – eingrundlegendesMenschenrecht
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6/2015
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TANGRAM35
Ausschliessung, Beschränkung oder Bevorzu-
gung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass
dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen,
Geniessen oder Ausüben von Menschenrech-
ten und Grundfreiheiten im politischen, wirt-
schaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem
sonstigenBereichdes öffentlichen Lebens ver-
eitelt oder beeinträchtigtwird.
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Deutlichwird
die Interpretation der Rassendiskriminierung
als unerlaubter Ausschluss vom vollen Genuss
der Menschen- und Grundrechte aufgrund
angeborener oder der Herkunft zugehöriger
Merkmale. Dieses Diskriminierungsverbot, er-
gänzt durch weitere wie jene aufgrund des
Geschlechtsusw., ist in jedemÜbereinkommen
derVereintenNationenenthalten.DerBegriff
der «Rasse»wurde in Zeiten des Kampfes ge-
gendieApartheidundderEntkolonialisierung
nicht in Frage gestellt. Heutewird «Rasse» als
einKonstrukt, geschaffendurchdie Ideologie
des Rassismus, interpretiert und beinhaltet
nebender Ethnie undder Hautfarbe auchdie
kulturelleund religiöseHerkunft.
Verpflichtungder Vertragsstaaten
Eine Unterscheidung in der Behandlung
zwischen eigenen und fremden Staatsan-
gehörigen ist den Vertragsstaaten erlaubt –
wenn nicht Angehörige eines oder mehrerer
Staaten gegenüber weiteren diskriminiert
werden (Artikel 1Abs. 2, 3). PositiveMassnah-
men, welche dazu dienen, eine angemessene
Entwicklung bestimmter ethnischer Grup-
pen oder Personen zu befördern und deren
Gleichberechtigung herzustellen, stellen kei-
ne Diskriminierung, sondern im Gegenteil
eine Verpflichtung des Staates dar (Artikel
1 Abs. 4). Die Massnahmen müssen enden,
wenn die Gleichstellung erreicht ist. Die Dis-
kussion, was
positive action
bedeutet, ist bis
heute imGange!
Das Herzstück des Übereinkommens bil-
denArtikel 2bis7RDK.DerVertragsstaat ver-
Die Schweiz ist dem Übereinkommen ge-
genRassismus vor 20 Jahrenbeigetreten. Das
Übereinkommen selbst wurde von der UNO-
Vollversammlung vor 50 Jahren, 1965, verab-
schiedet und trat 1969 in Kraft. Grund, eine
kritische Bilanz zu ziehen und in die Zukunft
zu schauen.
Das Internationale Übereinkommen zur
Beseitigung jeder FormderRassendiskriminie-
rung (auf Deutsch: RDK, auf Englisch: ICERD)
ist nach der Proklamation der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte von 1948 die
älteste UNO-Menschenrechtskonvention und
stammt aus dem Jahre1965.
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SeineAusgestal-
tung hatte Vorbildcharakter für das gesamte
Konventionssystem der Vereinten Nationen.
Mit 177 Vertragsstaaten steht die RDK nach
dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder
Form der Diskriminierung der Frau (seit 1979
inKraft, von 188 Ländern ratifiziert) an zwei-
ter Stelle weltweiter Akzeptanz. Die Umset-
zung des Übereinkommens jedoch bleibt ein
steiniges Feld indenBemühungenumdieGe-
währungderMenschenrechteunddenSchutz
vor Diskriminierung – auch inder Schweiz.
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Definitionder Rassendiskriminierung
Die Debatten der UNO-Vollversammlung
waren inden sechziger Jahren vonder Entko-
lonialisierung geprägt. Anlass für eine erste
Deklaration zur Beseitigung jeder Form von
Rassendiskriminierung waren die Ermordung
schwarzer Demonstranten in Sharpville, Süd-
afrika
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und eine Welle antisemitischer Ereig-
nisse inWestdeutschland. Zu Beginn der RDK
standen also Anti-Schwarzer Rassismus und
Antisemitismus, zwei sehr alte und akute For-
men vonRassismus, im Fokus. InArtikel 1RDK
ist die Rassendiskriminierung sowohl weit
gefasst als auch sehr präzise beschrieben als
«jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Ab-
stammung, dem nationalen Ursprung oder
dem Volkstum beruhende Unterscheidung,
Schutz vor rassistischer Diskriminierung –
eingrundlegendesMenschenrecht
Doris Angst