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Anti-Schwarzer Rassismus
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Racismeanti-Noir
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Il razzismo contro i Neri
Tief verwurzelte Stereotype
Des stéréotypesaux racinesprofondémentancrées
Le radici profondedegli stereotipi
TANGRAM 33
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6/2014
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Carmel Fröhlicher-Stines
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Rassismusbekämpfung−wieweit sindwir?
nent zumanderen, umGüter undReichtümer
für die dort etablierten Europäer und für die
entsprechenden Länder Europas zu erschaf-
fen. Um diese Grausamkeit zu rechtfertigen,
bedurfte es einer Doktrin, einer Theorie, ei-
ner Ideologie.
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Diese intellektuellenKonstruk-
tionen haben sich mit der Zeit als kulturelle
Prägungund imkollektivenUnterbewusstsein
festgesetzt und sich in der Literatur, in der
Wissenschaft, inderGeschichteund indenEr-
ziehungssystemen verbreitet. Teil davon war
und ist es, alleErrungenschaftendes subsaha-
rischenAfrika, die indenKolonialkriegen zer-
stört wurden und derenÜberbleibsel heutzu-
tagenurnochals Exponate ineinigenMuseen
zubestaunen sind, zu verschweigen. Vonden
verschiedenen Königreichen im Afrika des 5.
bis 14. Jahrhunderts ist nichts zu erfahren in
denmodernenwestlichen Ländern.
Wer hat schon je von den folgenden Rei-
chengehört:
Das Reich von Ghana entstand im Gebiet
des Oberen Niger und des Senegal-Flus-
ses im 5. Jahrhundert. Dessen Hauptstadt
Koumbi Salehwar 200 Kilometer nördlich
des heutigenBamako.
Das Reich Kanem war anfänglich östlich
des Tschadseesgelegenundwurdeabdem
13. Jahrhundert auf Grund seiner schrift-
lich dokumentierten Ausdehnung auf den
westlichen Teil des Tschadseegebietes Ka-
nem-Bornugenannt.
Das Reich Mali mit der Hauptstadt Niani
erreichte im 14. Jahrhundert unter König
MansaMusa seine grösste Flächenausdeh-
nung, als es sich vom Atlantik bis an die
Grenzedes heutigenNigeria erstreckte.
Das Reich Songhai entwickelte sich bis
1375 zu einem starken Stadtstaatmit Zen-
trum inGao.
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sei. Vor dem Hintergrund seiner weiteren
Ausführungen zur Sklaverei, die in heissen
Ländern eine gewisse «natürliche» Rechtfer-
tigung habe und nicht gegen die Vernunft
verstosse (Kapitel 7, «Anderer Ursprung des
Rechts der Sklaverei»), und seinerAuffassung,
dass die meisten Völker an der Küste Afrikas
Wilde oder Barbaren seien, die imGegensatz
zudengesittetenVölkernauchwederGewer-
be noch Kunst kennen (Kapitel 2, «Von den
afrikanischen Völkern»), hege ich erhebliche
Zweifel an der Theorie, der Absatz zur Ver-
sklavung der «Neger» sei wegen überhöhter
Darstellung als verdeckter Protest gegen die
Versklavung von Schwarzen zuwerten.
In seinen Vorlesungen
Über die Philoso-
phie der Geschichte
(1837) schrieb Hegel:
«Der Neger stellt den natürlichen Menschen
in seiner ganzenWildheit und Unbändigkeit
dar. […] Es ist nichts an das Menschliche An-
klingende in diesem Charakter zu finden.»
Und den afrikanischen Kontinent beschreibt
er als «Kinderland, das jenseits des Tages der
selbstbewussten Geschichten in die schwarze
Farbe der Nacht gehüllt ist. […] Bei den Ne-
gern ist […] dasCharakteristischegerade, dass
ihr Bewusstseinnochnicht zurAnschauung ir-
gendeiner festenObjektivitätgekommen ist.»
Wenn solch wichtige und einflussreiche
Denker Meinungen dieser Art öffentlich aus-
drücken, wird ihr Gedankengut unweigerlich
vieleGenerationenbeeinflussen.
In Europa wurde der Anti-Schwarzer Ras-
sismus in einempräzisenhistorischenKontext
thematisiert: dem der transatlantischen Skla-
verei undderKolonisationAfrikas. Diedaraus
folgenden Theorien dienten zur intellektuel-
len Legitimierung einer Praxis, die ursprüng-
lich einem rein kommerziellen Zweck diente.
Es gingumdenmassenhaftenund erzwunge-
nenTransportvonMenschenvoneinemKonti-