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Anti-Schwarzer Rassismus
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Racismeanti-Noir
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Il razzismo contro i Neri
Tief verwurzelte Stereotype
Des stéréotypesaux racinesprofondémentancrées
Le radici profondedegli stereotipi
Carmel Fröhlicher-Stines
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Rassismusbekämpfung−wieweit sindwir?
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6/2014
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TANGRAM 33
des Anti-Schwarzen Rassismus in der Schweiz
als echtes Problem für seine effiziente Be-
kämpfung angesehenwerden.
Auswirkungendes Rassismus auf
dieOpfer
In ihrer Publikation von 1990 analysiert
Carmel Camilleri
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die Wirkung des sozialen
und kulturellen Kontextes auf die Bildung
von Identität. In einer Situationder Ungleich-
heit, inwelcher eine dominierendeMehrheit
negative und stereotypisierte
Bilder von einer Minderheit
vermittelt, verursacht dieses
Phänomen ein Ungleichge-
wicht in der Herausbildung
der Identität der Mitglieder
dieserMinderheit. Diedadurchhervorgerufe-
ne konstante Hinterfragung des Selbstbildes,
einer «negativen Identität», die durch das
wiederholteVerhaltender dominantenGrup-
pe entsteht, zwingt die Person der unterpri-
vilegierten Gruppe, ihre eigene Realität und
ihren Wert angesichts der Festlegungen und
Überzeugungen der dominanten Gruppe im-
merwieder zu revidieren.
Alles, was von der dominanten Gruppe
kommt, wird als prinzipiell besser angese-
hen, nur weil es von der dominantenGruppe
stammt (siehe oben genannte Beispiele der
einflussreicheneuropäischenPhilosophenund
Wissenschaftler). Die konstruierten und fak-
tisch falschen Bilder werden von der ganzen
Gesellschaft (inklusive des Opfers) als Tatsa-
chen akzeptiert. Das entwertende Urteil wird
verinnerlicht. Das Kind, das fürweniger fähig
als seine Schulkameraden gehalten wird, nur
weil es anders aussieht, wirdmit der Zeit dar-
an glauben, sich auch für weniger intelligent
haltenund entsprechend verhalten.
Was tungegenRassismus?
Der Kampf gegen Rassismus ist gleichzei-
Das Schicksal der europäischen Wissen-
schaftler, die Afrika eine Geschichte zuge-
standen und in ihrer Arbeit nachzuweisen
versuchten, war es, in Vergessenheit zu ge-
raten. So geschehen mit dem Afrikaforscher
Prof. Dr. Heinrich Barth, «der auf seiner Reise
durch die Sahara und den Sudan in den Jah-
ren 1850 bis 1855 wertvolle Dokumente und
Chronikeneinsehenkonnte, dieseauswertete
undals ersterHistoriker grosseTeilederwest-
afrikanischen Vergangenheit rekonstruieren
konnte. [...] Aber angesichts
des grassierenden Rassismus
und der unter den Gelehrten
vorherrschendenAnsicht, dass
die Afrikaner eine geschichts-
lose ‹Rasse› seien, stiess er al-
lerdings auf grosse Widerstände, und seine
Forschungsergebnisse zur afrikanischen Ge-
schichtegerieten inVergessenheit.».
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Es gehört zu dieser Ideologie, dass die
Historie der Schwarzen auf eine Geschichte
reduziertwerden soll, die erstmit der Sklave-
rei angefangen hat. Man hört immer wieder
Menschen, die sich nicht für Rassisten halten,
behaupten, die Kolonisation Afrikas sei das
Bestegewesen,wasdenAfrikanernhättepas-
sieren können. Dieselben Menschen mögen
einer schwarzen Person, die eine solche Be-
hauptung als rassistisch empfindet oder auch
von einemgegen sie gerichteten rassistischen
Angriff berichtet, oft entgegenhalten: «Über-
treibst du nicht ein wenig? Das klingt doch
gar nicht nach Rassismus!» Wie sehr so eine
Entgegnung als Trost gemeint sein kann, so
verletzend istesdoch, aufdieseWeisepersön-
lich und in seiner Herkunftsgeschichte nicht
ernst genommen zuwerden.
Solche ähnlichen, «gut gemeinten», nai-
ven, aber letztlich rassistischen und auch un-
demokratischenEinstellungenmüssen zusam-
menmit dem Verschweigen und Banalisieren
Das entwertende
Urteil wird
verinnerlicht.