Caso 2018-015N

Flyer «Sie sind in Gefahr!»

Turgovia

Cronistoria della procedura
2017 2017-031N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt den Beschuldigten wegen Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB).
2017 2017-030N Die 1. Instanz spricht den Beschuldigten vom Vorwurf der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261 bis StGB frei.
2018 2018-015N Der Freispruch von den Vorwürfen der Rassendiskriminierung war nicht Gegenstand des Verfahrens und des Entscheids der 2. Instanz.
Criteri di ricerca giuridici
Atto / Fattispecie oggettiva Incitamento all’odio o alla discriminazione (1° comma);
Propagazione di un'ideologia (2° comma)
Oggetto della protezione Religione
Domande specifiche sulla fattispecie
Parole chiave
Autori Persone private
Vittime Musulmani
Mezzi utilizzati Scritti
Contesto sociale Media (Internet incl.)
Ideologia Ostilità antimusulmana

Sintesi

Der Beschuldigte verteilte in diversen Briefkästen privater Haushalte einen Flyer mit dem Titel « Europa ist in Gefahr » und « Sie sind in Gefahr ». Der Flyer erklärte, dass der Islam die Schweiz bedrohe und enthielt negative und aggressive Äusserungen über den Islam und den Koran.
Die zuständige Staatsanwaltschaft erhob eine Anklage. Ihrer Ansicht nach postulierte der Beschuldigte öffentlich, pauschalisierend und verallgemeinernd die Minderwertigkeit des Islams und der Muslime, womit er in unzulässiger Weise ihre gleichwertige Stellung als Menschen in Frage stellte deshalb sei er wegen Rassendiskriminierung zu verurteilen.
Die 1. Instanz spricht den Beschuldigten vom Vorwurf der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261 bis StGB frei. Ihrer Ansicht nach enthält das Flugblatt heftige Kritik am Islam als Religion, die in der Art und Weise wie sie formuliert ist, nach Ansicht des Gerichts nicht akzeptabel ist. Jedoch wird zwischen den Aussagen und den Angehörigen dieser Religion nicht derart ein Zusammenhang hergestellt, als dass Muslime dadurch in genereller Weise abgewertet würden.
Der Freispruch von den Vorwürfen der Rassendiskriminierung ist nicht Gegenstand des Verfahrens und des Entscheids der 2. Instanz.

In fatto

Der Beschuldigte verteilte in diversen Briefkästen privater Haushalte einen Flyer mit dem Titel « Europa ist in Gefahr » und « Sie sind in Gefahr ». Zwischen den beiden Titeln ist eine Rakete mit der Aufschrift « Islam » zu sehen, welche auf einen Kartenausschnitt Zentraleuropas zielt. Weiter ist zu lesen: « Fachleute warnen: Der Islam bedroht unser Land ». Und weiter: « Der Koran stellt in seiner Lehre eine aggressive, politisch totalitäre Ideologie dar, die nicht mit den Grundwerten der UN-Menschenrechtskonvention, dem Deutschen Grundgesetz und den Länderverfassungen vereinbart ist. Es ist daher unumgänglich, die verfassungswidrigen und menschenverachtenden Inhalte aus dem Koran zu entfernen und sie als Lehre in Moscheen, Hochschulen und Schulen zu verbieten. »
Auf der zweiten Seite des Flyers sind folgende Aussagen zu lesen:
« 1. Der Koran und die Hadithen verbreiten Antisemitismus (Hadithen sind Überlieferungen über das Leben von Mohammeds Leben und gelten als verbindlich)
2. Der Koran und die Hadithen sind die Ursachen des weltweiten islamischen Terrorismus.
3. Der Koran ermutigt Muslime zum Krieg gegen alle Menschen, die nicht Muslime sind.
4. Der Koran verbietet die Integration der Muslime in die Gesellschaft der „Kuffar» (lebensunwürdige Ungläubige, womit alle Nichtmuslime gemeint sind).
5. Der Koran lässt weder Meinungsfreiheit noch die freie Religionswahl zu.
6. Der Koran fordert Diskriminierung und stuft Menschen in Klassen ein.
7. Der Koran fordert Körperstrafen.
8. Der Koran fordert Sklaverei und Vergewaltigung.
9. Der Koran lehrt ein frauenfeindliches Weltbild.
10. Der Koran stellt Pädophilie als natürlichen Akt dar, denn der Prophet Mohammed hat selbst Pädophilie ausgeübt.
11. Der Koran lehrt eine rassistische Ideologie.
12. Der Koran lehrt eine antichristliche Weltanschauung
13. Der Koran fordert, die Weltherrschaft mit Gewalt und Aggression zu erzwingen. »
Auf der dritten und vierten Seite des Flyers sind sodann verschiedene Suren des Korans zitiert und kommentiert:
« Du wirst sicherlich finden, dass unter allen Menschen die Juden und die Götzendiener die erbittertsten Gegner der Gläubigen sind (Sure 5,82)
Allah töte sie (die Juden und Christen), weil sie euch betrogen haben. Sure 9,30
Der Koran sagt an drei Stellen (Sure 2,65 / 59-60 / 7,166), dass Allah ungehorsame Juden in Schweine und Affen verwandelt hätte.
Wer ein gläubiger Muslim ist, muss die Gesetze und Befehle Allahs blind und ohne nachdenken erfüllen:
Tötet sie! Allah wird sie strafen durch eure Hände, sie zuschanden machen und euch (im Kampf) gegen sie helfen. Sure 9, 14
Tötet diejenigen, die nicht an Allah glauben ... und nicht die Religion der Wahrheit befolgen ... Sure 9,29
Der Koran ruft dazu auf, Nichtmuslime zu ermorden:
Und ihr habt sie nicht getötet, sondern Allah hat sie getötet... " Sure 8, 17
Ich werde in ihre Herzen (der Kuffar) den Schrecken werfen, dann schlagt sie über die Nacken (enthauptet sie) und schlagt ihnen alle Fingerkuppen ab, weil sie sich Allah und seinem Gesandten widersetzten, so hart ist Allah im Bestrafen. Sure 8, 12 - 14
Während das deutsche Grundgesetz und die Bundesverfassung der Schweiz die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses als unverletzlich aufstellen, fordert der Koran das genaue Gegenteil:
Und tötet sie, bis es keine Versuchung mehr gibt und die Religion ganz für Allah ist. Sure 8,39
Und wenn sie sich (vom Islam) abwenden, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie findet. Sure 4,89
Zur Verbreitung des Islam, insbesondere solange dieser in einem Land oder einer Gesellschaft eine Minderheit darstellt, dürfen Nichtmuslime gemäss Taqiyya ganz legal belogen und bezüglich der wahren Absichten des Islam getäuscht werden:
Und sie schmiedeten eine List, und Allah schmiedete eine List; und Allah ist der beste Listenschmied. Sure 3,54
Nicht sollen sich die Gläubigen die Ungläubigen zu Beschützern nehmen, unter Verschmähung der Gläubigen. Wer solches tut, findet von Gott in nichts Hilfe - ausser ihr fürchtet euch vor ihnen. Sure 3,28 »
Der Beschuldigte beging weitere Tathandlungen, insbesondere Beschimpfung, Hinderung einer Amtshandlung, Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes sowie üble Nachrede.


Decisione 2017-031N

Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt den Beschuldigten wegen Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB).

In diritto

Die zuständige Staatsanwaltschaft erhob eine Anklage. Ihrer Ansicht nach impliziert der Beschuldigte mit der Verbreitung dieser pauschalisierenden Äusserungen unzweideutig, dass alle Muslime zu Mord an Nichtmuslimen, zu Sklaverei, Körperstrafen und Vergewaltigung bereit und verpflichtet seien. Insbesondere die Aussagen, dass der Koran zu Mord an Nichtmuslimen, zu Sklaverei, Körperstrafen und Vergewaltigung sowie zum Lügen und Betrügen gegenüber Nichtmuslimen aufrufe, in Verbindung mit der Äusserung, dass Muslime aufgrund ihrer Angehörigkeit zum Islam ohne jegliche Reflexion alle Forderungen des Korans erfüllen müssten, machen dies deutlich.
Auch mit der Aufmachung der Titelseite des Flyers, auf welcher der Islam als Rakete dargestellt wird, der Europa bedroht, schüre der Beschuldigte nicht nur eine allgemeine Angst vor und Hass gegen sämtliche Angehörige des muslimischen Glaubens, sondern er klassifiziere sie beim Durchschnittsleser auch in völlig undifferenzierter Art und Weise als generell böse Menschen und spreche ihnen damit in unzulässiger Weise die gleichwertige Stellung als Menschen unter anderen Menschen ab.
Überdies erklärt er den Islam zugleich zu einer „totalitären» Ideologie, deren „verfassungswidrige» und „menschenverachtende Inhalte» aus dem Koran zu entfernen und als Lehre in Moscheen, Hochschulen und Schulen zu verbieten seien. Damit postulierte er nach Auffassung der Staatsanwaltschaft pauschalisierend und verallgemeinernd die Minderwertigkeit des Islams und der Angehörigen des muslimischen Glaubens, womit er in unzulässiger Weise ihre gleichwertige Stellung als Menschen unter Menschen in Frage stellte.
Indem der Beschuldigte diese Ideologie an diverse Haushalte verteilte, machte er sie - wie von ihm beabsichtigt - einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich.
Die Staatsanwaltschaft trägt an, den Beschuldigten wegen Rassendiskriminierung, mehrfachen Beschimpfung, Hinderung einer Amtshandlung, Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes und üble Nachrede zu verurteilen.

Decisione

Der Beschuldigte sei zu bestrafen mit einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je CHF 110.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, und mit einer Busse von CHF 200.00. Die Kosten des Verfahrens im Umfang von CHF 2904.00 seien dem Beschuldigten auferlegt zu werden.


Decisione 2017-030N

Die 1. Instanz spricht den Beschuldigten vom Vorwurf der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261 bis StGB frei.

In diritto

Der Beschuldigte hat die fraglichen Flyer unbestrittenermassen im Raum Frauenfeld verteilt. Dadurch hat er den Inhalt der Flyer einem uneingeschränkten Personenkreis zugänglich gemacht und das Handeln des Beschuldigten ist damit als öffentlich zu werten.
Das Gericht betont, dass die Kritik an einer Religion zulässig sein müsse, andernfalls eine kritische Auseinandersetzung mit Religionen nicht möglich sei. Die Menschenwürde einer Person sei nicht deshalb verletzt, weil Kritik an einer Religion angebracht werde, sondern erst dann, wenn einer Person oder Personengruppe aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit, die Gleichberechtigung bzw. die Gleichwertigkeit als menschliches Wesen abgesprochen werde.
Das Zitieren einzelner Stellen aus dem Koran sowie der Bezug hierauf falle damit nicht unter den Tatbestand der Rassendiskriminierung.
Bezüglich der Interpretationen der zitierten Verse handelt es sich nach Ansicht des Gerichts um nichts anderes, als die Wiedergabe des Korans. Mit dem Flyer solle aufgezeigt werden, dass bei wortwörtlicher und strenger Befolgung des Islams bzw. des Korans eine gewisse Gewaltbereitschaft die Folge sei. Mit keinem einzigen Wort werde aber einem jedem Muslim unterstellt, Gewalt gegen Nichtmuslime auszuüben. Auch seien Muslime damit nicht als generell böse Menschen bezeichnet worden. In keiner Weise seien Muslime bezichtigt, das Leben von Nichtmuslimen weniger zu achten und dergleichen. Eine Rassendiskriminierung liegt nach Auffassung des Gerichts damit nicht vor.
Bezüglich das Titelbild des Flyers (« Europa ist im Gefahr! », « Sie sind im Gefahr! » und « Fachleute warnen: der Islam bedroht unser Land ») kommt das Gericht zum Schluss, dass diese Äusserungen den Islam betreffen, jedoch nicht auf die Angehörigen dieser Religion abzielenund damit keine Rassendiskriminierung vorliegt.
Weiter findet sich auf dem Flyer folgende Aussage: « Wer ein gläubiger Muslim ist, muss die Gesetze und Befehle Allahs blind und ohne nachzudenken erfüllen (…) ». Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des Gerichts, dass nicht von Muslimen allgemein, sondern von einem gläubigen Muslim die Rede ist, der die Gesetze und Befehle Allahs „blind“ und „ohne nachzudenken“ erfüllen muss. Nach Ansicht des Gerichts wird ein durchschnittlicher Dritter diese Passage so verstehen, dass Muslime bei wörtlicher Auslegung des Korans zum Tod an Nichtmuslimen aufgerufen werden. So geht es auch in diesem Abschnitt nicht darum, den Muslimen gemeinhin einen minderen Wert im Bereich der Menschenwürde zuzuschreiben, sondern darum, die dem Islam - nach Auffassung der Verfassers - inhärente Gefahr darzustellen. Nach Ansicht des Gerichts enthalten die anderen Aussagen des Flugblatts Kritik am Islam als Religion, die in der Art und Weise wie sie formuliert ist, na nicht akzeptabel ist. Jedoch wird zwischen der Religion und den Angehörigen dieser Religion nicht derart ein Zusammenhang hergestellt, als dass Muslime dadurch in genereller Weise abgewertet würden. Insbesondere wird nicht impliziert, dass der Koran für alle Muslime ausschliesslich in diesem Verständnis gelten würde. Solche Kritik muss in einer Demokratie zulässig sein.

Decisione

Das Bezirksgericht Frauenfeld sprach den Beschuldigten vom Vorwurf der Rassendiskriminierung und der üblen Nachrede frei.
Das Bezirksgericht Frauenfeld verurteilte den Beschuldigten wegen mehrfacher Beschimpfung, Hinderung einer Amtshandlung und Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes zu einer bedingten Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je CHF. 110.00 bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 200.00.
Der Beschuldigte reichte eine Berufung ein.


Decisione 2018-015N

Der Freispruch von den Vorwürfen der Rassendiskriminierung war nicht Gegenstand des Verfahrens und des Entscheids der 2. Instanz.

In diritto

Die Freisprüche von den Vorwürfen der Rassendiskriminierung und der üblen Nachredewaren nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens und des Entscheids.

Decisione

Die 2. Instanz erkennt die Berufung als unbegründet.
Der Berufungskläger ist der Hinderung einer Amtshandlung, der mehrfachen Beschimpfung sowie der Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes schuldig und wird zu einer bedingten Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je CHF. 110.00 mit einer Probezeit von zwei Jahren sowie zu einer Busse von CHF. 200.00 verurteilt.