Fall 2022-030N
Appenzell Ausserrhoden
Verfahrensgeschichte | ||
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2022 | 2022-030N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass ein. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1) |
Schutzobjekt | Rasse |
Spezialfragen zum Tatbestand | Geschütztes Rechtsgut; Subjektiver Tatbestand |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Kollektive Akteure; Privatpersonen |
Opfergruppen | Schwarze Personen / PoC |
Tatmittel | Gesten / Gebärden; Weitere Tatmittel |
Gesellschaftliches Umfeld | Freizeit / Sport; Vereine / Verbände / Organisationen |
Ideologie | Rassismus (Hautfarbe) |
Anlässlich einer «Jodler-Klub-Stobete», trat einer der Dasteller im «Blackface» auf, wobei er sich das Gesicht schwarz angemalt, sich einen Bastrock angezogen, eine Pfeife in den Mund gesteckt hat und mit Bongos aufgetreten ist.
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass ein.
Anlässlich einer «Stobete» im November 2022, hatte der lokale Jodlerklub einen Auftritt worin einer der Darsteller im «Blackface» auftrat. 20min hat darüber Bericht erstattet wobei, losgelöst vom Kontext, die Audiospur ersetzt worden war und das Video im Übrigen bloss bruchstückhaft abgebildet war. Der Beschuldigte hatte sich das Gesicht schwarz angemalt, sich einen Bastrock angezogen, eine Pfeife in den Mund gesteckt und ist mit Bongos aufgetreten.
Der Diskriminierung und dem Aufruf zu Hass macht sich gemäss Art. 261bis StGB strafbar, wer u.a. öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer «Rasse», Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert. Diese Strafbestimmung schützt die Würde des einzelnen Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer «Rasse», Ethnie oder Religion. Der öffentliche Friede wird mittelbar geschützt als Folge des Schutzes des Einzelnen in seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe (s. dazu BGE 128 I 218 E. 1.4). Für die strafrechtliche Beurteilung einer Äusserung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts grundsätzlich der Sinn massgebend, welchen ihr der unbefangene durchschnittliche Dritte unter den gesamten konkreten Umständen beilegt. Eine Äusserung in der Öffentlichkeit erfüllt den Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB, wenn sie von einem unbefangenen durchschnittlichen Dritten unter den gesamten konkreten Umständen in einem rassendiskriminierenden Sinne verstanden wird und der Beschuldigte eine Interpretation seiner Äusserung in diesem Sinne in Kauf genommen hat (s. BGE 140 IV 67, E. 2.1.2)
Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob und in welchem Kontext der genannte Auftritt unter dem Tatbestand der Rassendiskriminierung subsumiert werden kann. Von unterschiedlicher Seite wird bezüglich der Praxis des «Blackfacing» gefordert, «von derartigen Darstellungen allgemein abzusehen» und ihre Verwendung wird als inhärent rassistisch angeprangert. Hierbei ist vorwegzunehmen, dass die Inszenierung bzw. Praxis des «Blackfacing» per se den Tatbestand der Rassendiskriminierung nicht erfüllt. Vielmehr ist dieser im entsprechenden Kontext der Darstellung zu betrachten, um ein allfälliges rassendiskriminierendes Verhalten auszumachen.
Der Beizug des Rohmaterials erlaubte die Kontextualisierung des Sachverhalts. Zwar bedient sich die Bekleidung und Inszenierung typischer Elemente des «Blackfacing». Dass der betroffene Darsteller hingegen rassistische Bemerkungen oder sich überhaupt in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise über eine Rasse oder Ethnie äussert, geht aus dem Rohmaterial nicht hervor. Vielmehr wird der Versuch unternommen, mittels Einbringung afrikanischer Musikelemente eine Verknüpfung zu dieser Kultur herzustellen. Auch wenn sich Personen an der Darstellung stören, ist der Meinungsfreiheit (Art. 16 BV) Rechnung zu tragen. Für eine Diskussion, ob genannte Darstellung moralische Wertvorstellungen verletzt, besteht im Hinblick auf die Prüfung der Rassendiskriminierung kein Raum, zumal der Tatbestand der Rassendiskriminierung nicht leichthin zu bejahen ist und ohnehin kein herabsetzendes Verhalten seitens des Darstellers ersichtlich ist.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung auch in ähnlich gelagerten Fällen eine Herabsetzung bzw. Diskriminierung verneint wurde, so etwa im Urteil des BGer 5A_553/2012 vom 14. April 2014. Dass durch die Darstellung die Würde einer «Rasse» oder Ethnie im Ausmass verletzt wurde, wie es Art. 261bis StGB verlangt, ist hier gleichermassen nicht ersichtlich. Es liegt keine Diskriminierung im Sinne von Art. 261bis StGB vor.
Das Verfahren ist in Anwendung von Art. 319 Abs. 1 lit. b StPO einzustellen, wenn kein Straftatbestand erfüllt ist. Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass ein.