Caso 1996-007N
San Gallo
Cronistoria della procedura | ||
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1996 | 1996-007N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren ein. |
1997 | 1997-008N | 1. Instanz verurteilt den Angeklagten. |
1998 | 1998-026N | 2. Instanz weist die Berufung des Angeklagten und die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ab. |
Criteri di ricerca giuridici | |
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Atto / Fattispecie oggettiva | Discredito o discriminazione (4° comma 1ª metà) |
Oggetto della protezione | Oggetto della protezione in generale |
Domande specifiche sulla fattispecie | Pubblicamente (in pubblico) |
Parole chiave | |
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Autori | Persone politiche; Persone private |
Vittime | Ebrei |
Mezzi utilizzati | Scritti |
Contesto sociale | Vicinato; Altro contesto sociale |
Ideologia | Antisemitismo |
In den Medien wird lange Zeit über die Person und die Politik eines ehemaligen Politikers berichtet. Da er in der Folge die Behauptungen über seine Person in der Öffentlichkeit nicht korrigieren konnte, entschied er sich dazu, seinen Bekannten wie Nachbarn und Freunde einen Brief zu schreiben, um sich in das richtige Licht zu rücken. Dieser Brief enthielt Passagen, in denen der Verfasser beispielsweise behauptete, dass die Gründung des Staates Israel der Anfang der Beherrschung der Welt durch die Zionisten gewesen sei oder dass die Welt-Zionisten eine Bedrohung für die schweizerische Politik darstellen würden.
Die Strafverfolgungsbehörde hob das Strafverfahren gegen den Politiker auf, weil ein tatbestandsmässiges Verhalten gefehlt habe: Der Angeschuldigte habe die Personen nicht wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion angegriffen habe, sondern wegen ihrer (vermeintlich) kritikwürdigen Weltanschauung.
Die 1. Instanz verurteilte den Angeschuldigten hingegen wegen Verletzung von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB zu zwei Monaten Gefängnis bedingt.
Die Berufungsinstanz, die 2. Instanz, weist die Berufung des Angeschuldigten und die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ab. Die Vorinstanz, habe den Verurteilten zurecht der Rassendiskriminierung schuldig gesprochen, da er die antisemitischen Äusserungen von Berstein nicht nur wiedergegeben, sondern auch dazu verwendet habe, seine Weltherrschaftsthese in bezug auf die Juden zu stützen. Diese und die weiteren Ausführungen der Vorinstanz seien ausgewogen und sachgerecht, ebenso sei die von ihr ausgesprochenen Gefängnisstrafe von zwei Monaten entsprechend angemessen.
Der Angeschuldigte trat für das Referendum gegen das Antirassismusgesetz ein und wurde in der Folge ab Sommer 1993 vermehrt kritisiert und in anonymen Briefen massiv bedroht. Ihm wurde in einem Zeitungsartikel unterstellt, dass er enge Beziehungen zu den Auschwitzleugnern unterhalte. Nach der Annahme des Antirassismusgesetzes 1994 ging die Kritik an seiner Person weiter, und es liefen Bestrebungen, ihn aus seiner politischen Partei und aus seinem Berufsverband auszuschliessen. 1995 veröffentlichte eine Wochenzeitung ein Interview mit dem Angeklagten mit folgenden Äusserungen:
(1) «Ich stehe zu meinen Bemerkungen zum Problem des Weltzionismus, einem Verhalten, das eine Hegemonie-Wirkung in allen Ländern anstrebt. Zum besseren Verständnis habe ich tatsächlich die Weltzionisten der Juden mit den Nazis der Deutschen verglichen. Beide Teilgruppen legen ein kritikwürdiges Verhalten an den Tag, ohne dass damit weder die Juden noch die Deutschen in die Kritik einbezogen werden dürfen. Meine Zitate von Weltzionisten als Antisemitismus zu beurteilen, entspricht einer Böswilligkeit» [...] «Unter meinen besten Freunden befinden sich Juden. Ich trete (wie die Zionisten) für die Erhaltung respektive den Schutz des Staates Israel ein und empfehle deshalb den Israeli, die Hoheit über Gaza und Cisjordanien nie komplett an die Feinde abzugeben.»
Der Angeschuldigte verfasste einen Rundbrief an die «Lieben Nachbarn und Freunde», um zu den Vorwürfen gegen seine Person Stellung zu nehmen. Zusammen mit einer sechsseitigen Schrift «Zionisten sind nicht einfach Juden» und einer Kopie des Zeitungsinterviews verschickte er den Brief an 70 persönliche und politische Freunde und warf ihn in die Briefkästen von 33 benachbarten Häusern. Dieser Brief enthielt Äusserungen wie:
(2) Die «zionistischen Kämpfer für ihre Welt-Vorherrschaft» sind des Angeklagten Feinde.
(3) Das Antirassismus-Gesetz sei dem Schweizer Volk «von zionistisch-jüdischen Politikern [...] regelrecht angedreht worden».
(4) In der Schrift «Zionisten sind nicht einfach Juden» äussert er, Zionisten seien eine gefährliche Bedrohung für die schweizerische Politik und Repression und andere vielfältige Machenschaften gehörten zu ihren politischen Gepflogenheiten.
(5) An anderer Stelle führt er auf, für die Welt-Zionisten sei die Gründung des Staates Israel nur ein Teilschritt auf dem Weg zur Beherrschung der Welt.
(6) Im weiteren werden in dieser Schrift Nationalsozialisten (NAZI) mit Welt-Zionisten (WEZI) verglichen: «Beiden Gruppen ist eine beispiellose Selbstüberheblichkeit und ein Führungsanspruch eigen; beide betreiben Rassismus in Reinkultur und neigen zur Willkür. Die brutale Ausschaltung Anders-Denkender wurde von den NAZI offen betrieben, von den WEZI bald subtil und raffiniert, bald eklatant-aggressiv. Damit sind sie beide Demokratie-Feinde. Der grösste Unterschied besteht wohl darin, dass die NAZI überwunden (historisch) sind, während die Welt-Zionisten weltweit noch nie so stark waren wie heute. Die Welt-Zionisten arbeiten mit zwei Superwaffen: Ihre nahezu totale Beherrschung der Massenmedien erlaubt ihnen eine weltweite Zensur ihrer Geschichte (eine ganze Reihe revolutionärer Betätigungen) und ihrer rezenten Terror- und Polit-Aktionen. Die Weltgeschichte in unseren Schulen ist nach welt-zionistischem Einfluss frisiert».
(7) Weiter wird aus Jack Bernsteins Buch «Das Leben eines amerikanischen Juden im rassistischen, marxistischen Israel» (Übersetzung Steinkirchen 1985) der Satz zitiert: «Um ihre Ziele zu erreichen, werden die Zionisten niemanden in ihrem Weg stehen lassen. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete die zionistische Führerschaft mit den Nazis zusammen, indem sie Juden einfacherer Herkunft an die Konzentrationslager auslieferte.»
(8) In der Schrift behauptet der Angeklagte, Zionisten würden Aufklärende beschuldigen und unter Druck setzen. Wenn dies nicht genüge, würden sie lächerlich gemacht. Der nächste Schritt sei Rufmord und konstruierte Skandale. Wo dies nichts nütze, sei mit einem leiblichen Angriff zu rechnen.
Die Strafverfolgungsbehörde erliess eine Aufhebungsverfügung und stellte das Strafverfahren gegen den Angeklagten ein. Dies begründete sie u.a. damit, dass es am Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit mangle und es sich bei den getätigten Äusserungen nicht um eine Ideologie handle. Weiter seien die angeblich diskriminierten Personen gerade nicht wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion, sondern wegen einer (vermeintlich) kritikwürdigen Weltanschauung angegriffen worden.
Decisione 1996-007N
Nach der Meinung der Strafverfolgungsbehörde, ist das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit hier nicht gegeben. "Die Tathandlung muss vorerst öffentlich erfolgen, das heisst an einen grösseren, durch persönliche Beziehungen nicht zusammenhängenden Kreis von Personen gerichtet sein [...]." ( E. 3a, S. 15) Den Brief, den X verfasst hatte, schickte er an 70 Freunde und 33 Nachbarn, in der Absicht sich den falschen Sachverhalt, den die Medien seiner Meinung nach über ihm berichtet hatten, wieder ins richtige Licht zu rücken, da nachbarliche Beziehungen, die mehr oder weniger persönlich waren, bestanden. "Damit nahm er auch keineswegs in Kauf, dass sein Brief [...] samt Beilage einem weiteren, unbestimmten Kreis von Personen zugänglich gemacht würde, zumindest kann dem Angeschuldigten aufgrund der Untersuchung das Gegenteil nicht nachgewiesen werden. Ist aber das Tatbestandselement der Öffentlichkeit nicht gegeben, müsste insoweit das Strafverfahren mangels Tatbestandes bzw. mangels Beweises aufgehoben werden." ( E. 3a, S. 16)
Die Strafverfolgungsbehörde stellt das Verfahren gegen den Angeschuldigten auch deshalb ein, weil es der Meinung ist, dass das Ziel der Angriffe nicht die geschützte Gruppe der Juden, sondern alleine die Zionisten waren: "Vor allem fehlt es bei sämtlichen beanstandeten Äusserungen schon deswegen an einem tatbestandsmässigen Verhalten, weil die angeblich diskriminierten Personen gerade nicht wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion sondern wegen einer (vermeintlich) kritikwürdigen Weltanschauung angegriffen wurden. Aus den vorliegenden Schriften geht hervor, dass [X] den Zionismus heftig kritisiert und hier vor allem die 'Welt-Zionisten' [...]."( E. 3b, S. 17)
Gemäss Strafverfolgungsbehörde wäre X dennoch für straflos zu erklären, wenn man ein tatbestandsmässiges Verhalten gemäss Art. 261bis StGB bejahen würde, zumal er sich in einem Notstand befand, dessen Hintergrund oben erläutert wurde; somit würde es zumindest an der Rechtswidrigkeit fehlen. "Nach Art. 34 Ziff. 1 Abs. 1 StGB befindet sich im Notstand und ist straflos, wer die Tat begeht, um sein Gut, namentlich Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Vermögen, aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu erretten, wenn die Gefahr vom Täter nicht verschuldet ist und ihm den Umständen nach nicht zugemutet werden konnte, das gefährdete Gut preiszugeben. Es wurde bereits mehrfach erwähnt und ist aktenkundig, dass [X] aufs massivste mittels nächtlicher, anonymer Telefonanrufen sowie anonymer Schreiben bedroht wurde [...]. Nicht genug, wurde in den Medien ein eigentlicher Meinungsterror gegen ihn geführt [...]." ( E. 3c, S. 19 f.) Die Strafverfolgungsbehörde führt weiter aus: "Eine angemessene Richtigstellung in den Medien blieb dem Angeschuldigten verwehrt, so dass er Leib und Leben, seine Ehre und sein Vermögen aus unmittelbar, nicht anders abwendbaren Gefahr (vermeintlich) bloss erretten konnte, indem er den besagten Brief [...] verschickte und das [...] veröffentlichte Exklusivinterview abgab. Damit fehlt es aber zumindest an einem rechtswidrigen Verhalten des Angeschuldigten." ( E. 3c, S. 20)
Das Strafverfahren gegen X wegen Verdachts der Rassendiskriminierung ist daher mangels Tatbestandes bzw. Beweises bzw. Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Aufhebung des Strafverfahrens.
Decisione 1997-008N
Im Gegensatz zu der Strafverfolgungsbehörde ist die 1. Instanz der Meinung, dass das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit hier gegeben sei (E.2). Sie verweist dabei auf die übliche Formel «als öffentlich gilt, was von einem grösseren, durch persönliche Beziehungen nicht zusammenhängenden Kreis von Personen wahrgenommen werden kann». Öffentlichkeit sei aber auch dann gegeben, wenn sich der Täter zwar an einen begrenzten Kreis von Personen wende, er aber mit einer Weiterverbreitung seiner Aussagen rechnen muss, auf die er keinen Einfluss mehr nehmen könne (E.2.a).
Bezüglich der Versendung von 70 Briefen an persönliche und politische Freunde und Bekannte ging die 1. Instanz davon aus, dass der Angeklagte damit rechnen musste, dass seine Äusserungen weiterverbreitet würden. Bei dieser Anzahl von Adressaten handle es sich wohl nicht um den engen Kreis von intimen Freunden, weshalb er keine Kontrolle über den Wirkungskreis seiner Aussagen mehr haben konnte (E.2.b).
Zum gleichen Ergebnis kommt die 1. Instanz bezüglich der vom Angeschuldigten persönlich verteilten Briefe an 33 umliegende Wohnhäuser. Auch hier sei Öffentlichkeit gegeben, weil «[...] es im Gegensatz zu Freunden rein zufällig ist, wen man zum Nachbarn hat. Von einem persönlich zusammenhängenden Kreis von Personen kann gerade nicht gesprochen werden, handelt es sich doch um einen räumlichen Zusammenhang. [...] Er richtete sich durch das Verteilen des Rundschreibens in 33 Häusern an eine grössere Zahl ihm nur teilweise persönlich bekannter Personen und musste damit rechnen, dass die Aussagen weitergetragen werden» (E.2.b).
Die Äusserungen im Zeitungsinterview wertete das Gericht als zweifellos öffentlich, da sie direkt von einem grossen Personenkreis gelesen werden konnten (E.2.c).
Die Strafverfolgungsbehörde stellte das Verfahren gegen den Angeschuldigten auch deshalb ein, weil sie der Meinung war, dass das Ziel der Angriffe nicht die geschützte Gruppe der Juden, sondern alleine die Zionisten war. Die 1. Instanz folgt dieser Meinung nicht und führt dazu aus: «Kritik am Zionismus bzw. der Gruppe der Zionisten ist, da sie eine vorwiegend politische Bewegung betrifft, hinsichtlich Art. 261bis StGB unbeachtlich. Wird der Begriff Zionismus jedoch als Synonym für
Die 1. Instanz kommt zum Schluss, dass der Angeschuldigte die Trennung zwischen den Begriffen «Weltzionisten» und «Juden» mehrmals durchbrach. So habe er in seinem Rundbrief beispielsweise den Ausdruck «zionistisch-jüdische Politiker» verwendet. «Durch die Vermischung der Begriffe tritt die getroffene Unterscheidung für den Leser in den Hintergrund. [...] Er gebraucht den Begriff Zionismus also nicht im üblichen Sinn, sondern versteht darunter das Streben nach Weltherrschaft. Dieser Vorwurf richtete sich im Dritten Reich an das gesamte Judentum und stellt typisch antisemitisches Gedankengut dar. [...] Die Unterscheidung Weltzionisten/Juden geht im Gesamtzusammenhang des Textes unter bzw. wird unglaubwürdig und der Durchschnittsleser muss die Äusserungen als gegen das Judentum gerichtet verstehen. Das Tatbestandsmerkmal der geschützten Gruppe ist in objektiver Hinsicht erfüllt» (E.3.b).
Nur bezüglich des Zeitungsinterviews anerkennt die 1. Instanz, dass eine saubere Trennung zwischen den Begriffen «Zionisten» / «Juden» vorgenommen worden und das Tatbestandsmerkmal der geschützten Gruppe somit nicht erfüllt sei (E.3.d.).
Die 1. Instanz verneint die Anwendung von Art. 261bis Abs. 1 StGB auf die vorliegenden Textpassagen. Um festzustellen, ob ein Aufruf zu Hass im Sinne von Abs. 1 vorliege, habe man auf die Eindringlichkeit und auch auf das Ziel der Äusserungen abzustellen. Die zu Hass oder Emotionen schürenden Äusserungen müssen einen gewissen Aufrufcharakter haben (E.4.b). Die 1. Instanz kann im Rundbrief keinen Aufrufcharakter erkennen, da die Texte von ihrer Formulierung her tendenziell informativ oder aufklärend seien und nicht hetzerisch abgefasst worden seien. Der Angeschuldigte habe zudem nur seine eigenen Hassgefühle kundgetan, was nicht unter Abs. 1 falle (E.4.b).
Die Tatbestandsvariante nach Abs. 2 sieht die 1. Instanz ebenfalls als nicht erfüllt an. Zwar könne eine strafrechtlich relevante «Ideologie» vorliegen, aber hier fehle es auf jeden Fall am Tatbestandsmerkmal der «Verbreitung». Der Rundbrief sei lediglich eine Reaktion des Angeklagten auf Vorwürfe gegen seine Person in den Medien gewesen. Da er keine Gelegenheit hatte, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen, habe er zumindest in seiner Umgebung eine Korrektur der Falschdarstellungen angestrebt, so dass das werbende Element für seine Ideen im Hintergrund gestanden habe. (E.5.b)
In Frage kommt für die 1. Instanz nun nur noch die Tatbestandsvarianten nach Abs. 4. Abs. 4 Hälfte 1 setzt eine gegen die Menschenwürde verstossende Herabsetzung oder Diskriminierung einer geschützten Gruppe voraus. Der vom Angeschuldigten angebrachte Vergleich von Weltzionisten mit den Nationalsozialisten (6) wertete die 1. Instanz als eine solche Herabsetzung. Sie führte dazu aus: «Das nationalsozialistische Regime war eine rassistisch konzipierte Diktatur, die ihre Ziele mit schwerster Repression, Terror und Genozid zu erreichen versuchte. Durch den Vergleich werden die Juden als Völkermörder dargestellt, deren Brutalität keine Grenzen kennt. Angesichts der Tatsache, dass sie die Hauptopfer des Völkermords waren, ist der Vergleich derart kränkend, dass die Verletzung der Menschenwürde besonders schwer wiegt» (E.7.b.aa).
Weiter erfülle auch das Zitat von Jack Bernstein (7) den Abs. 4 Hälfte 1. Bereits die blosse Wiedergabe eines Zitats könne den öffentlichen Frieden gefährden bzw. die Menschenwürde einer geschützten Gruppe verletzen, und zwar auch dann, wenn dies kritiklos geschehe. Diese Grundsätze gelten ausserhalb des Medienbereichs unbeschränkt (E.7.b.bb). Der Angeschuldigte gebe aber das Zitat nicht kritiklos wieder, sondern er gebrauche es vielmehr dazu, seine Weltherrschaftsthese damit zu stützen. Inhaltlich unterstelle das Zitat der damaligen jüdischen Führerschaft, sie hätten mit den Nazis bewusst kollaboriert, um so diejenigen Glaubensgenossen aus dem Weg zu räumen, die ihrem Ziel der Weltherrschaft hinderlich gewesen seien. Dadurch würden die Juden als schlimmste Verräter dargestellt, welche sogar ihre eigenen Glaubensgenossen verrieten, um so die Weltherrschaft zu erreichen. Das fragliche Zitat stelle die Juden als eindeutig minderwertig dar und verletzte ihre Menschenwürde (E.7.b.bb). Somit erfülle auch diese Textpassage die Tatbestandsvariante nach Abs. 4 Hälfte 1. Zum gleichen Resultat kommt die 1. Instanz bezüglich der Äusserungen (2), (5) und (7), welche behaupten, dass die Juden die Weltherrschaft anstrebten (E.7.b.cc).
Zurückhaltender ist die 1. Instanz bezüglich der Äusserung, dass das Antirassismusgesetz dem Schweizervolk von zionistisch-jüdischen Politikern regelrecht angedreht worden sei (3). Sie verneint hier die Tatbestandsmässigkeit, weil die Meinungsäusserungsfreiheit in der Politik einen höheren Stellenwert habe. Die vorliegende Kritik sei zwar nicht sachgemäss, aber solche Behauptungen seien in der Politik nicht unüblich. Die jüdischen Politiker würden hier nicht als umfassend minderwertig dargestellt, sondern es werde lediglich ihre Qualität als Politiker in Frage gestellt (E.7.b.dd).
Schliesslich verneint die 1. Instanz die strafrechtliche Relevanz bezüglich der Äusserung in Punkt (8): «Durch diese Aussagen werden die Juden eines unehrenhaften Verhaltens beschuldigt. Es werde ihnen jedoch nur einzelne negative Charaktereigenschaften attestiert. Sie werden weder umfassend minderwertig dargestellt noch wird ihnen die Qualität als Mensch abgesprochen. Der Vorwurf des leiblichen Angriffs sei nicht genügend konkret, um darin eine Verletzung der Menschenwürde zu sehen» (E.7.b.ee).
Die Äusserungen in (7) fasste die 1. Instanz nicht als Verstoss gegen die Tatbestandsvariante in Abs. 4 Hälfte 2 auf. Zwar würden die Juden im Zitat von Bernstein als Mittäter dargestellt, aber die Taten der Nazis würden in keiner Weise legitimiert oder als akzeptable Möglichkeit von Konfliktlösungen verstanden. Der Angeschuldigte habe sich ebenfalls mehrfach dahingehend geäussert, dass er auf keinen Fall den Holocaust verleugne oder verharmlose (E.8.b).
Von der Verhängung einer Busse sieht die 1. Instanz u.a. deshalb ab, weil der Angeschuldigte durch seine Äusserungen und der Öffentlichkeit seines Falles schon erhebliche finanzielle Einbussen erlitten habe. Sie verurteilt ihn zu einer Gefängnisstrafe von 2 Monaten bedingt.
Verurteilung zu 2 Monaten Gefängnis bedingt, bei einer Probezeit von 2 Jahren.
Decisione 1998-026N
Abweisung der Berufung des Angeklagten und der Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft.