Fall 2022-126N

Reaktion auf Anti-Albaner Kommentar auf Facebook

Bern

Verfahrensgeschichte
2022 2022-126N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Verbreiten von Ideologien (Abs. 2);
Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt Ethnie
Spezialfragen zum Tatbestand Öffentlichkeit
Stichwörter
Tätergruppen Privatpersonen
Opfergruppen Ausländer und Angehörige verschiedener Ethnien
Tatmittel Schrift;
Weitere Tatmittel
Gesellschaftliches Umfeld Soziale Medien
Ideologie Rassismus (Nationalität / Herkunft)

Kurzfassung

In einer öffentlichen Facebook-Gruppe, worin Polizei-Nachrichten aus der ganzen Schweiz gepostet werden, hat der Beschuldigte einen rassistischen Anti-Albaner Kommentar gelikt und mit einem Kurzkommentar versehen (vgl. EKR 2022-017N).
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme.

Sachverhalt

In einer öffentlichen Facebook-Gruppe, worin Polizei-Nachrichten aus der ganzen Schweiz gepostet werden, wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er hätte den Kommentar eines Nutzers mit dem Wortlaut [sic] «Bravo sehr gute Arbeit .. albaner ab ins Ausland verfrachten [drei Grimmassen schneidende bzw. wütend/traurige Emojis] ich Hasse dieses drogen pack» einerseits gelikt und dann auch noch mit dem Kurzkommentar «Ich auch» versehen vgl. EKR 2022-017N).

Rechtliche Erwägungen

Im vorliegenden Fall hat der Beschuldigte die fragliche Aktivität im Netz zwar eingestanden, dazu aber ausgesagt, es sei ihm bei seiner Kommentierung nicht um Ausländer gegangen, sondern grundsätzlich um Kriminelle; er habe dabei lediglich seiner Freude über den Erfolg der Polizei Ausdruck verleihen wollen. Obwohl sich der Beschuldigte im Chat auch sonst - etwa mit seinem Hinweis auf die unmenschliche Strafe des Kopfscherens - bedenklich äussert und sich in seiner Rechtfertigung als selbst diskriminierter Homosexueller explizit auf die Heruntersetzung durch Ausländer bezieht, kann ihm nicht klar genug widerlegt werden, dass er der rassistischen Meinungsäusserung des postenden nicht explizit zustimmen, sondern lediglich seine Freude über den polizeilichen Erfolg Drogenhändlern gegenüber ausdrücken wollte. So können sich sowohl sein Like (bildlich mit erhobenem Daumen dargestellt, textmässig mit einem «gefällt»), wie auch sein Kurzkommentar tatsächlich lediglich auf den dritten Satzteil beziehen, nämlich, dass er Leute hasst, die Drogen verkaufen. Dies einerseits, weil dieser dritte Satzteil durch drei grimmige Smilies abgetrennt ist und so gerade bei der vom Verfasser unklar verwendeten Gross- und Kleinschreibung auch als selbständiger Satz erscheinen kann, und andererseits, weil sich sein zustimmender Kurzkommentar «Ich auch» grammatikalisch eigentlich auch nur auf diesen letzten Satzteil beziehen kann, sodass er sich durchaus auch vom rassistischen zweiten Teil, der sich auf die albanische Ethnie bezieht, losgelöst lesen lässt.
Vor diesem Hintergrund lässt sich das belegbare Verhalten des Beschuldigten allerdings nicht unter Art. 261bis Abs. 4 StGB subsumieren.
Was die in der Anzeige zusätzlich angesprochene Weiterverbreitungshandlung angeht, bezieht sich diese offensichtlich auf die Tathandlung von Abs. 2 der Strafnorm. Von einer Ideologie in deren Sinne kann bei den Äusserungen des ursprünglichen Autors aber nicht die Rede sein. Dass schliesst zwar nicht aus, dass hinter seinen Äusserungen im fraglichen Chat tatsächlich eine verpönte Ideologie steht, welche Art. 261bis Abs. 2 StGB zu erfüllen vermöchte, aber die in Frage stehende Äusserung allein vermag diese Qualität nicht zu erreichen, sondern erschöpft sich in einer schlichten Beschimpfung der albanischen Ethnie. Kommt dazu, dass die in der Anzeige erwähnte Bundesgerichtspraxis zum Liken von Posts im Netz sich nicht auf die Tathandlung des Verbreitens in Art. 261bis Abs. 2 StGB bezieht, sondern auf die des Weiterverbreitens im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (vgl. BGE 146 IV 23). Hier würde denn auch das im vorerwähnten Urteil entscheidende Element fehlen, wonach das Liken den fraglichen Text zusätzlichen Dritten zugänglich machen müsste, was im vorliegenden Chat, dessen Zugang offensichtlich öffentlich ist, nicht der Fall gewesen wäre (vgl. auch BGE 1021V 35).

Entscheid

Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme.