Fall 2006-008N

Einfuhr von Büchern mit rassendiskriminierenden Inhalten

Aargau

Verfahrensgeschichte
2006 2006-008N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt den Angeklagten.
2006 2006-061N Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten.
2008 2008-021N Die 2. Instanz weist die Berufung ab.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Verbreiten von Ideologien (Abs. 2);
Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt Rasse
Spezialfragen zum Tatbestand keine
Stichwörter
Tätergruppen Privatpersonen
Opfergruppen Schwarze Personen / PoC;
Ausländer und Angehörige verschiedener Ethnien
Tatmittel Schrift;
Verbreiten von rassistischem Material
Gesellschaftliches Umfeld Kunst und Wissenschaft
Ideologie Rassismus (Nationalität / Herkunft);
Rassismus (Hautfarbe)

Kurzfassung

Der Angeklagten versuchte zum Zwecke der Weiterverbreitung 493 Bücher mit dem Titel «Evolution und Wissen Neuordnung der Politik» in die Schweiz zu importieren. Die Bücher, welche an diversen Stellen rassendiskriminierende Aussagen enthalten, wurden an der Schweizer Grenze sichergestellt.

Die einzelnen rassendiskriminierenden Aussagen im Buch «Evolution und Wissen Neuordnung der Politik» werden in ‹Rechtliche Erwägungen› ausführlich zitiert.

Nach der eingehenden Würdigung einzelner Zitate aus dem Buch hält die Strafverfolgungsbehörde abschliessend fest, der Angeklagte habe durch die Einführung dieser Bücher versucht, öffentlich Ideologien zu verbreiten, die auf systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet seien. Er wird somit gemäss Art. 261bis Abs. 2 und 4 i.V.m. 22 Abs. 1 (unvollendeter Versuch) StGB schuldig gesprochen und zu einer Busse von CHF 1000 verurteilt. Die beschlagnahmten Bücher werden gemäss Art. 58 StGB eingezogen (Details zum Sachverhalt und rechtlichen Erwägungen vgl. EKR-Datenbank 2006-8)


Entscheid 2006-008N

Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt den Angeklagten.

Rechtliche Erwägungen

Rassendiskriminierende Aussagen im Buch «Evolution und Wissen Neuordnung der Politik» und deren Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde.

Zitat 1: Vorwort S. 8, Ziff. 5

«Die organisch gewachsenen Gemeinschaften wie Grossrassen und Völker haben sich durch die Verkehrs- und nachrichtentechnische Geschwindigkeit weltweit untereinander beeinflusst, so dass die utopischen Ideologien, Gleichheit der Menschen, Weltfriede, Humanität, internationaler Sozialismus und Kapitalismus entstanden.»
Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Der Gedanke der Gleichheit aller Menschen wird in Frage gestellt. Aus Sicht des unbefangenen Lesers soll damit zum Ausdruck kommen, dass unter verschiedenen Rassen einzelne nicht gleichwertig sind. Dies führt zum Ergebnis, dass einzelne Rassen im Vergleich zu Anderen herabgesetzt werden.»

Zitat 2: Vorwort S. 9/10

«Ausführungen über ‹biologische Substanz der weissen Rasse›, von ‹Grossrassen› und deren Vorherrschaft in dem Sinne und Befürchtung, dass die weisse Rasse keine Zuwachsraten zu verzeichnen hat und damit Gefahr läuft, niederzugehen oder aber eine ‹Neuordnung› geschaffen werden soll.»
Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Durch die Aussage, dass die weisse Rasse Gefahr laufe, niederzugehen und deshalb eine ‹Neuordnung› geschaffen werden solle, wird die Höherwertigkeit der weissen Rasse postuliert. Sinngemäss hat diese einen höheren Stellenwert und ist im Vergleich zu anderen überlegen und deshalb erhaltenswert. Damit werden andere Rassen gegenüber der Weissen als minderwertig qualifiziert.»

Zitat 3: Teil 1 Weltanschauung, S. 172 ff

«Rassenmischung vernichtet Völker und Kulturen.»
«… Millionen dringen bereits in den Ursprungsraum der weissen Völker ein als billige Arbeitskräfte, Asylanten und Rauschgifthändler. Der Wahn der Menschheitsapostel gipfelt darin…»

«… sollte sich jemals eine Vermischung der weissen Völker mit den Eingewanderten ergeben, würde es ihre Leistungsfähigkeit derart mindern, dass die ersten davon Betroffenen die so genannten Entwicklungsländer der ‹Dritten Welt› wären. Europa würde seine Kulturfähigkeit verlieren, seine Volkspersönlichkeiten vernichtet sein. Sind die USA als Schmelztiegel der Rassen nicht Warnung genug?»

Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Die Aussage in dieser Passage ist so zu verstehen, dass die Vermischung der weissen Rasse mit ‹Eingewanderten› (im Zusammenhang als Farbige identifizierbar) nicht erwünscht und damit schädlich ist. Kulturwerte gehen dadurch verloren, die USA als sog. Schmelztiegel der Rassen steht als Negativ-Beispiel.
Damit wird [sic] die Überlegenheit der weissen Rasse und die Vermeidung von Vermischung mit anderen Rassen postuliert. Damit kommt die Minderwertigkeit farbiger Rassen zum Ausdruck.»

Zitat 4: Teil 1 Weltanschauung, «Das Volk als sozialbiologische Gemeinschaft», S. 174-176

«Des deutschen Volkes Schicksal und Verhalten als zahlenstärkstes und genetisch einheitlichstes in Europa ist für den Bestand aller weissen Völker entscheidend.» (S. 176, 2 Absatz)
Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Durch die Aussage, dass das deutsche Volk die einheitlichste Genetik habe und der Bestand der weissen Völker Europas zu erhalten sei, erfolgt eine qualitative Abwertung resp. Diskriminierung der Angehörigen anderer, nicht der erwähnten Gruppe angehöriger Rassen.»

Zitat 5: Teil 1 Weltanschauung, «Rasse und Volk als politische Wirklichkeit», S. 213ff

«Unter Bezugnahme auf einen Artikel des Magazins ‹Der Spiegel› 43/1994 wird gefragt: ‹Wird Intelligenz vererbt? Sind Schwarze dümmer als Weisse?›» (S. 215)
«… Der alte amerikanische Traum einer integrierten Gesellschaft aus Schwarz und Weiss ist tot. Und wer ist schuld? … Schuld sind die Gene.» (S. 215)

«… wie (in den USA) als Bodensatz der Gesellschaft ein Proletariat von Schwarzen minderer Intelligenz heranwachse. Langfristig werde Amerika daran ersticken.» (S. 215)

«Die linken, liberalen und konservativ-christlichen Parteiführungen, wie auch ihre Vertreter in den Massenmedien, gehen von der total falschen Auffassung aus, dass der Nationalsozialismus eine Ideologie sei. Er ist ein Naturgesetz und daher nicht intellektuell konstruiert. Das Verhalten eines Volkes in allen seinen Lebensäusserungen ist geprägt von einer ganz bestimmten Erbgesetzlichkeit. Sprache, Kultur, soziale Ordnung, wissenschaftliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, verbunden mit der geographischen Lage seines Lebensraumes, ergeben eine eigene Volkspersönlichkeit.» (S. 218)

Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Amerika als Schmelztiegel der Rassen soll als grosse Warnung dienen, die Vermischung verschiedener Rasse ist verpönt und ist tunlichst zu vermeiden. Schwarze sind minder intelligent und sind auf der Skala der gesellschaftlichen Wertschätzung ganz unten anzusiedeln. Sie geniessen – wenn überhaupt – nur eine geringe Wertschätzung. Der Begriff ‹Bodensatz der Gesellschaft› ist in diesem Zusammenhang selbst erklärend.
Angehörige nicht weisser Rassen werden kraft ihrer genetischen Struktur als minderwertig und mit beschränkter Intelligenz dargestellt. Dadurch erfolgt eine Herabsetzung von Angehörigen farbiger Rassen.»

«Aus naturwissenschaftlicher Erkenntnis und aus der inneren Kraft unseres Wesens sei der Glaubenssatz in einem Stein aus Granit gemeisselt: ‹Das deutsche Volk ist ein auserwähltes Volk und deshalb unsterblich!›» (S. 221)
Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Diese Aussage stellt die Verherrlichung des deutschen Volkes als Rasse dar. Dadurch erfolgt eine Wertung in dem Sinne, als dass dieses gegenüber anderen Rassen einen höheren Stellenwert einnimmt, womit andere Rassen in gleichem Masse herabgesetzt werden.
Wenn nur eine einzige Rasse als ‹auserwählt› bezeichnet wird und ihre Unsterblichkeit postuliert wird, ist daraus zu schliessen, dass damit einer anderen Rasse ihr Recht auf Fortbestand bis hin zum Existenzrecht abgesprochen wird.»

Zitat 6: Politik, S. 214

«Ein in sich geeintes deutsches Volk hat die Existenz der weissen Rasse … zu sichern…»
«Die europäischen Völker und ihre genetisch bedingten schöpferischen Leistungen müssen erhalten bleiben.»

«Zum Zwecke der Arterhaltung der weissen Rasse müssen sich alle germanischen, slawischen und romanischen Völker zusammenschliessen.»

Beurteilung durch die Strafverfolgungsbehörde: «Es wird impliziert, dass die weisse Rasse erhaltenswert ist und damit sich gegenüber anderen Rassen positiv abhebt, resp. dadurch die anderen Rassen herabsetzt.»

Abschliessend hält die Strafverfolgungsbehörde fest, der Angeklagte habe durch die Einführung dieser Bücher versucht, öffentlich Ideologien zu verbreiten, die auf systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet seien. Er wird somit gemäss Art. 261bis Abs. 2 und 4 i.V.m. 22 Abs. 1 (unvollendeter Versuch) StGB schuldig gesprochen und zu einer Busse von CHF 1000.- verurteilt. Die beschlagnahmten Bücher werden gemäss Art. 58 StGB eingezogen.

Entscheid

Der Angeklagte wird gemäss Art. 261bis Abs. 2 und 4 i.V.m. 22 Abs. 1 (unvollendeter Versuch) StGB schuldig gesprochen und zu einer Busse von CHF 1000.- verurteilt. Die beschlagnahmten Bücher werden gemäss Art. 58 StGB eingezogen.


Entscheid 2006-061N

Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten.

Entscheid

Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je CHF 100.-, insgesamt CHF 2'000.-, und zu einer Busse von CHF 1000.-.


Entscheid 2008-021N

Die 2. Instanz weist die Berufung ab.

Entscheid

Die 2. Instanz weist die Berufung des Angeklagten ab.