Fall 2021-037N
Bern
Verfahrensgeschichte | ||
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2021 | 2021-037N | Es ist keine Tatbestandsvariante des Art. 261bis StGB erfüllt, weshalb das Verfahren einzustellen ist. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Verweigerung von Waren- und Dienstleistungen (Abs. 5) |
Schutzobjekt | Rasse |
Spezialfragen zum Tatbestand | keine |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Akteure im Dienstleistungssektor |
Opfergruppen | Schwarze Personen / PoC |
Tatmittel | Leistungsverweigerung |
Gesellschaftliches Umfeld | Öffentliche Orte; Weiteres gesellschaftliches Umfeld |
Ideologie | Rassismus (Nationalität / Herkunft); Rassismus (Hautfarbe) |
Die klagende Partei beschuldigt die andere Partei, sich diskriminierend verhalten zu haben, indem sie nicht bereit war, das Auto der klagenden Partei zu untersuchen.
Es ist keine Tatbestandsvariante des Art. 261bis StGB erfüllt, weshalb das Verfahren einzustellen ist.
Der Privatkläger wirft dem Beschuldigten vor, dieser habe ihm aufgrund seiner ‘Rasse’ eine Leistung verweigert und sich damit der rassistischen Diskriminierung schuldig gemacht.
Der Beschuldigte bestätigte grundsätzlich, dass er dem Privatkläger mitgeteilt habe, die Prüfung dessen Fahrzeuges könne an diesem Tag nicht durchgeführt werden. Diese Entscheidung habe er getroffen, da der Privatkläger verspätet zum vereinbarten Termin erschienen sei. In der Folge habe er versucht, mit dem Privatkläger eine Lösung zu finden, es sei jedoch aufgrund eines Personalmangels nicht möglich gewesen, die Fahrzeugprüfung gleichentags durchzuführen. Er gab zu, dass er wütend geworden sei, da der Privatkläger versucht habe, ihm vorzuschreiben, wie er seine Arbeit zu machen habe. Er habe jedoch zu keinem Zeitpunkt rassistische Äusserungen gemacht.
Der rassistischen Diskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 5 StGB macht sich strafbar, wer eine von ihm angebotene Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt ist, einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer «Rasse»,«Ethnie» oder Religion verweigert. Erfasst wird ausschliesslich die Leistung, die von der Täterschaft grundsätzlich allen angeboten wird. Verpönt ist, sie den Angehörigen einzelner Gruppen zu verweigern, wenn also eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund an den Kriterien der «Rasse», «Ethnie» oder Religion angeknüpft wird. Eine Leistung verweigert auch, wer sie zu denjenigen Bedingungen verweigert, ,,wie er sie allen anderen gewährt». Eine ungleiche Behandlung ist zulässig, wenn sie einem legitimen Ziel dient und verhältnismässig ist (BSK-SCHLEIMINGER/MET TLER, Art. 261bis, N 77).
Gemäss Art. 319 Abs. 1 Bst. a-e StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Einstellung dieses Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt, kein Straftatbestand erfüllt ist, Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen, Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können, Prozesshindernisse aufgetreten sind oder nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung und Bestrafung verzichtet werden kann.
Im vorliegenden Fall kann dem Beschuldigten nicht vorgeworfen werden, dass er dem Privatkläger eine von ihm angebotene Leistung im eigentlichen Sinne verweigert hatte. Die Fahrzeugprüfung wurde nur deshalb nicht durchgeführt, weil der Privatkläger verspätet zum vereinbarten Termin erschienen ist. Der Beschuldigte hat glaubhaft dargelegt, dass er versucht hat eine Leistung zu finden, dies jedoch aufgrund eines Personalengpasses nicht möglich gewesen ist. Dem Privatkläger wurde zudem unbestrittenermassen unverzüglich ein Alternativtermin angeboten. Hinweise, dass der Beschuldigte bei einer anderen Person - insbesondere einer seiner eigenen «Rasse» angehörigen Person - anders vorgegangen Ware, bestehen keine. Es kann folglich nicht von einer rassistisch motivierten Leistung Verweigerung die Rede sein.
Zuletzt kann auch aus dem Umstand, dass der Privatkläger das Verhalten des Beschuldigten als diskriminierend wahrgenommen hat, nicht ohne Weiteres gefolgert werden, dass Letzterer den Tatbestand der rassistischen Diskriminierung in anderer Weise erfüllt hat. Der Privatkläger macht auch nicht geltend, dass der Beschuldigte diskriminierende Aussagen gemacht hatte. Somit ist auch keine andere Tatbestandsvariante des Art. 261bis StGB erfüllt, weshalb das Verfahren einzustellen ist.
Die Verfahrenskosten trägt der Kanton (Art. 423 Abs. 1 StPO).