Cas 2019-016N

«Der Antisemitismus kehrt zurück»

Zurich

Historique de la procédure
2019 2019-016N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde erlässt eine Einstellungsverfügung.
Critères de recherche juridiques
Acte / Eléments constitutifs objectifs Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase)
Objet de protection Religion
Questions spécifiques sur l'élément constitutif
Mots-clés
Auteurs Particuliers
Victimes Juifs
Moyens utilisés Communication électronique
Environnement social Médias sociaux
Idéologie Antisémitisme

Synthèse

Der Beschuldigte hat, in einem öffentlich zugänglichen WhatsApp-Gruppenchat einer Klimabewegung als Antwort auf die Nachricht einer anderen unbekannten Person, wonach deren Grossmutter in Auschwitz gestorben sei, ein Foto veröffentlicht, auf welchem eine Person zu sehen sei, die sich mit der Hand die Nase zuhalte, wobei darüber der nachfolgend Text stehe: «Nazi’s HATE him! Find out how this Jew survived the gas chamber with this One simple trick!».
Darüber hinaus habe der Beschuldigte diesem Text die nachfolgende Nachricht angefügt. «Elle aurait du essayer de faire ça ta grossmutter». Die zuständige Strafverfolgungsbehörde kam zum Schluss, dass keine Personen bzw. Personengruppen in ihrer Menschenwürde durch diesen Kommentar herabgesetzt wurden. Die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Untersuchung seien damit nicht gegeben, weshalb die zuständige Strafverfolgungsbehörde eine Einstellungsverfügung erlässt.

En fait / faits

Der Beschuldigte hat in einem öffentlich zugänglichen WhatsApp-Gruppenchat einer Klimabewegung als Antwort auf die Nachricht einer anderen unbekannten Person, wonach deren Grossmutter in Auschwitz gestorben sei, ein Foto veröffentlicht, auf welchem eine Person zu sehen sei, die sich mit der Hand die Nase zuhalte, wobei darüber der nachfolgende Texte stehe: «Nazi’s HATE him! Find out how this Jew survived the gas chamber with this One simple trick!».
Darüber hinaus habe der Beschuldigte diesem Text die nachfolgende Nachricht angefügt. «Elle aurait du essayer de faire ça ta grossmutter».
Der diesbezügliche Ausschnitt aus dem Chatverlauf sei zudem von einer unbekannten Person der Tageszeitung «20 Minuten» zugestellt worden, welche ihrerseits unter Veröffentlichung des anonymisierten Chatverlaufs einen Artikel mit der Überschrift «Der Antisemitismus kehrt zurück, das ist schockierend» verfasst habe.
Der vorgenannte Sachverhalt beruht auf den Aussagen des Anzeigeerstatters welcher der Polizei anlässlich der Anzeigeerstattung die Telefonnummer des Beschuldigten bekanntgab, ohne jedoch einen Ausschnitt des Chatprotokolls vorzulegen, auf welchem auch tatsächlich diese Telefonnummer ersichtlich gewesen wäre. In der Folge versuchte die Stadtpolizei Zürich mehrfach den Anzeigeerstatter zwecks Aushändigung dieses Chatprotokolls zu kontaktieren, was der Polizei bis zur Rapporterstattung indes nicht gelang.

En droit / considérants

Während die Tathandlung des Diskriminierens verlangt, dass dem Betroffenen die gleichberechtigte und gleichwertige Rechtsposition verweigert oder bestritten wird und dadurch dessen Minderwertigkeit behauptet wird, muss beim Herabsetzen einer Person oder Gruppe aufgrund der Gruppenzugehörigkeit bzw. der Gruppeneigenschaft die Gleichwertigkeit bzw. Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen werden. Dies kann sich dadurch manifestieren, dass dem Betroffenen die Menschenqualität oder die Existenzberechtigung abgesprochen wird, oder aber deren Minderwertigkeit behauptet wird.
Ob eine bestimme Äusserung die Menschenwürde verletzt, beurteilt sich allein danach, wie sie von einem unbefangenen Durchschnittsempfänger nach den Umständen verstanden werden muss. Vorliegendenfalls ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass die eingangs erwähnte Nachricht als geschmack- und pietätslos zu bezeichnen ist. Allerdings wird mit dieser den Jüd*innen weder die Daseinsberechtigung abgesprochen noch werden sie als minderwertig dargestellt. Unbesehen davon, dass sich mangels Chatprotokoll die Täterschaft nicht feststellen lässt, ist der Straftatbestand von Art. 261bis StGB deshalb ohnehin nicht erfüllt. Die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Untersuchung sind damit nicht gegeben, weshalb, laut der zuständigen Strafverfolgungsbehörde, auf die Anzeige nicht einzutreten und die Untersuchung nicht anhand zu nehmen ist.

Décision

Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt fest, dass sich der Beschuldigte durch die erwähnten Beiträge nicht nach Art. 261bis StGB strafbar gemacht hat. Deshalb erlässt sie eine Einstellungsverfügung.