Caso 2000-057N
Zurigo
Cronistoria della procedura | ||
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2000 | 2000-057N | 1. Instanz verurteilt den Angeklagten. |
2001 | 2001-020N | 2. Instanz heisst die Berufung teilweise gut und spricht den Angeklagten in drei von vierzehn Anklagepunkten frei. Die Busse wird nicht reduziert. |
2001 | 2001-046N | 3. Instanz tritt auf die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein. |
2002 | 2002-010N | Das Schweizerische Bundesgericht (Kassationshof) weist die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ab. |
Criteri di ricerca giuridici | |
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Atto / Fattispecie oggettiva | Incitamento allodio o alla discriminazione (1° comma); Propagazione di un'ideologia (2° comma); Disconoscimento di un genocidio (4° comma 2ª metà) |
Oggetto della protezione | Religione |
Domande specifiche sulla fattispecie | Pubblicamente (in pubblico); Fattispecie soggettiva |
Parole chiave | |
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Autori | Persone private |
Vittime | Ebrei |
Mezzi utilizzati | Scritti |
Contesto sociale | Arte e scienza |
Ideologia | Antisemitismo; Revisionismo |
Der Angeklagte versandte ca. 150 Exemplare der revisionistischen Zeitschrift Y, Ausgabe Nr. 17, Sommer 1999 an Bekannte und u.a. an drei Bibliotheken.
Die 1. Instanz sah sowohl Abs. 2 als auch Abs. 4 Hälfte 2 des Art. 261bis StGB als erfüllt an und verurteilte den Angeklagten zu einer Busse von Fr. 25'000.--.
Die in der Folge vom Angeklagten angerufene 2. Instanz engt den Anklagegegenstand dahingehend ein, dass sie im Gegensatz zur Vorinstanz nur die ausgewählten Textstellen als Gegenstand der Anklage gelten lässt. Aufgrund dieser Einengung des Anklagegegenstandes kommt sie in drei von 14 Anklagepunkten zu einem Freispruch. Zudem erachtet sie, abweichend zur Vorinstanz, die Tatbestandsvarianten nach Art. 261bis Abs. 1 und Abs. 4 Hälfte 2 StGB als erfüllt. Sie hält aber an der Höhe der Busse von Fr. 25'000.-- fest, da der Angeklagte völlig uneinsichtig sei.
Die 3. Instanz tritt auf die vom Angeklagten gegen das Urteil der 2. Instanz eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wegen sachlicher Unzuständigkeit und nicht genügend begründeter Rügen nicht ein.
Anschliessend führt der Angeklagte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und ficht den Schuldspruch in Bezug auf sieben Sätze an. Das Bundesgericht weist diese ab. Insbesondere stellt es klar, dass Art. 261bis StGB nicht im Widerspruch zum Grundrecht der Meinungsäusserungsfreiheit steht.
Im Sommer 1999 liess der Angeklagte bei einem Fotokopierservice ca. 150 Exemplare der Schrift Y, Ausgabe Nr. 17, Sommer 1999 vervielfältigen, wobei er diese Schrift selber und alleine erstellte und unter Freunden und Bekannten verteilte bzw. auch an die Bundesanwaltschaft verschickte.
In dieser Ausgabe der Zeitschrift Y, deren Inhalt zum grössten Teil aus der Feder des Angeklagten stammt, ist u.a. zu lesen, dass der Holocaust keine bewiesene historische Tatsache sei, sondern eine Glaubenssache, und er von den Juden missbraucht werde, um die Welt zu unterwerfen.
Zitat (S.7):
Der Holocaust wird zum MYTHOS stigmatisiert; er erhält einen quasi religiösen Stellenwert - damit ist er der kritischen Geschichtsforschung entzogen.
Zitat (S.8):
... beschlossen die Alliierten die Errichtung eines INTERNATIONALEN GERICHTSHOFS (IMT) in Nürnberg, dem die spezielle Aufgabe zugewiesen wurde, die besiegten Deutschen mit erfundenen Kriegsverbrechen zu belasten. Die nachfolgenden Kriegsverbrecherprozesse hatten den gleichen Zweck: Verbrechen zu fabrizieren und zu beweisen.
Zitat (S.8):
Viele Hundert Deutsche wurden angeklagt und in rituellen Kriegsverbrecherprozessen verurteilt, um die grösste Lüge des Jahrhunderts zur offenkundigen Tatsache zu machen.
Zitat (S.10):
Sie (die Juden) leben als privilegierte Schicht in Symbiose mit dem Wirtsvolk.
Zitat (S.12):
HITLER HAT DEN ZIONISTISCHEN TRAUM VERWIRKLICHT die Juden haben in Israel eine neue Heimat gefunden.
Zitat (S.13):
Hitler muss über magische Kräfte verfügt haben, dass er - unbemerkt von der Welt - sechs Millionen Juden ermorden konnte.....
Zitat (S.13):
Das grosse Wunder aber ist die Wiederfleischwerdung, denn heute, nach 50 Jahren sind sie (gemeint sind die Juden) wieder da - ZAHLREICHER DENN JE - MÄCHTIGER DENN JE!
Zitat (S.13):
Beugen wir uns vor dem DAVIDSTERN, dem Gesslerhut unserer Zeit!
u.v.m.
Die 1. Instanz sprach den Angeklagten wegen Verletzung von Art. 261bis Abs. 2 und Abs. 4 Hälfte 2 StGB der Rassendiskriminierung für schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 25'000.--.
Die 2. Instanz heisst die Berufung des Angeklagten teilweise gut und spricht ihn in drei von vierzehn Anklagepunkten frei. Die Busse wird vom Obergericht nicht reduziert.
Die 3. Instanz tritt auf die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein.
Anschliessend führt der Angeklagte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde.
Decisione 2000-057N
Die 1. Instanz erachtet hier sowohl Abs. 2 als auch Abs. 4 Hälfte 2 von Art. 261bis StGB als erfüllt.
Das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit und des Verbreitens wird ohne weiteres bejaht, weil der Angeklagte durch den Versand von ca. 150 Exemplaren an Personen aus seinem Freundeskreis und an drei Bibliotheken den Wirkungskreis seiner Schrift Y nicht mehr unter Kontrolle hatte. (S.3)
Der Inhalt der inkriminierten Ausgabe der Zeitschrift Y, welcher sich mit pauschalisierenden Vorurteile gegen die Juden wendet, wird von der 1. Instanz ohne grosse Ausführungen als eine Ideologie im Sinne von Art. 261bis Abs. 2 StGB qualifiziert. (S.3)
Ebenso liege auch eine systematische Verleumdung der Juden vor, da zum einen "[...] die Äusserungen des Angeklagten implizit die Aussage enthalten, dass es sich bei den Juden um nicht gleichwertige Menschen handle, und damit beim Durchschnittsleser der Eindruck erweckt wird, die Juden verhielten sich generell unehrenhaft [...]" (S.3) und zum anderen "[...] die vom Angeklagten verbreitete Ideologien nach einem Gesamtplan verbreitet werden und es sich nicht um spontane, vereinzelte Handlungen, sondern um gedanklich zu einem gewissen Grade durchstrukturierte Meinungen handelt [...]" (S.4).
Die Juden werden vom Gericht als eine in den Schutzbereich von Art. 261bis StGB fallende religiöse Gruppe behandelt.
Zusammenfassend kommt die 1. Instanz zum Schluss, dass die Tatbestandsvariante Abs. 2 sowohl objektiv als auch subjektiv erfüllt sei.
Zusätzlich zu Abs. 2 ist der inkriminierte Inhalt daraufhin zu prüfen, ob er gemäss Abs. 4 Hälfte 2 des Art. 261bis StGB einen Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht.
Dass hier ein Völkermord vorliegt, steht ausser Zweifel. Die 1. Instanz wertet in Anlehnung an die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 121 IV 76, S. 85) die Bestreitung der Gaskammern und damit der Vergasung durch den Angeklagten - auch bei gleichzeitiger Anerkennung von Massentötungen in anderer Weise - als ein Bestreiten eines wesentlichen Teils des Holocausts überhaupt, weil die Existenz von Gaskammern mit dem Holocaust sehr eng verknüpft sei. (S.5) Sie führt dazu aus, "[...] dass wer die Vergasung von Juden bestreitet, gerade dadurch die Juden in ihrer Menschenwürde trifft und sich daher den Vorwurf des Handelns aus rassendiskriminierenden Gründen gefallen lassen muss und sich nicht auf andere Beweggründe wie Wissenschafts- oder Meinungsfreiheit herausreden kann." (S.6)
Bezüglich der subjektiven Seite wird festgestellt, dass der Angeklagte mit Vorsatz und darüber hinaus aus versteckt rassendiskriminierenden Motiven gehandelt habe. Somit sei Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 2 StGB sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Weise erfüllt worden.
Die 1. Instanz berücksichtigt im Rahmen der Strafzumessung das hohe Alter des Angeklagten und erachtet die Ausfällung einer Busse als angemessen. Eine bereits erfolgte rechtskräftige Verurteilung des Angeklagten wegen Rassendiskriminierung und das uneinsichtige Verhalten des Angeklagten wirken sich jedoch straferhöhend auf die Busse aus. Weil für ihn keine günstige Prognose für ein künftiges Wohlverhalten gestellt werden kann, wird die bedingte Löschung der Busse im Strafregister nach Art. 49 Ziff.4 StGB verweigert. (S.8)
Verurteilung zu einer Busse von Fr. 25'000.--. Keine Löschung der Busse im Strafregister.
Decisione 2001-020N
Die 2. Instanz geht zuerst auf den Umfang des Anklagegegenstände ein. Sie ist im Gegensatz zur Vorinstanz der Meinung, dass nur die ausgewählten Textstellen Gegenstand der Anklage sind. Dies begründet die 2. Instanz damit, dass das Anklageprinzip es verbiete, einen Angeklagten während des gerichtlichen Verfahrens plötzlich mit neuen Tatvorwürfen zu konfrontieren. «Soweit die eingeklagten Textstellen für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um den Straftatbestand der Rassendiskriminierung zu erfüllen, darf daher nicht unter Heranziehung des nicht eingeklagten Kontexts, in dessen Zusammenhang sie allenfalls als rassendiskriminierend zu werten wären, ein Schuldspruch ergehen.» (E.III.3, S.10)
In der Folge kommt die 2. Instanz in drei von 14 Anklagepunkten zu einem Freispruch. Im Gegensatz zur Vorinstanz, welche eine Gesamtwürdigung der Texte vornahm, beurteilt die 2. Instanz jedes einzelne Zitat daraufhin, ob es gegen die Rassismusstrafnorm verstosse.
Im folgenden wird nur auf die drei Freisprüche näher eingegangen:
Die Vorinstanz ging auf die einzelnen Zitate, welche aus der inkriminierten Zeitschrift Aurora stammten, nicht näher ein, sondern fasste deren Inhalt zusammen. Die 2. Instanz vertritt nun die Meinung, dass der Wortlaut dieser Zusammenfassung nirgends in der inkriminierten Zeitschrift zu finden sei und somit in diesem Anklagepunkt auch keine Verurteilung erfolgen könne . (E.III.4.a, S.10 f.)
Hervorzuheben ist hier, dass die 2. Instanz nicht die Tatbestandsvarianten nach Art. 261bis Abs. 2 und Abs. 4 Hälfte 2 StGB als erfüllt ansieht, sondern neu Art. 261bis Abs. 1 und Abs. 4 Hälfte 2 StGB.
Das Gericht kommt bezüglich dem Zitat «Beugen wir uns vor dem DAVIDSTERN, dem Gesslerhut unserer Zeit!» (S.13) zum Resultat, dass diese Textstelle zu Hass oder Diskriminierung gegen die Juden im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB aufrufe: «Anders verhält es sich mit der nachfolgenden Bezeichnung des Davidsterns, d.h. des traditionellen Symbols des Judentums, als
Bezüglich der Strafzumessung erachtet die 2. Instanz als stark straferhöhend, dass der Angeklagte im Februar 1993 in Deutschland aufgrund seiner revisionistischen Tätigkeit vom Amtsgericht Nürnberg wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei und in der Schweiz wegen gleichen Tätigkeiten bereits ein Strafverfahren am laufen sei. (E.IV.4.a, S.23) Die ausgesprochene Busse von Fr. 25'000.-- durch die Vorinstanz wird von der 2. Instanz nicht reduziert, weil trotz Freispruch in drei Anklagepunkt die Strafe, insbesondere wegen der völligen Uneinsichtigkeit des Angeklagten, als angemessen erscheine.
Teilweise Gutheissung der Berufung und Freispruch in drei von vierzehn Anklagepunkten. Verurteilung zu einer Busse von Fr. 25'000.--.
Decisione 2001-046N
Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerdeschrift die Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit gemäss Art. 10 EMRK und die Verletzung der Forschungsfreiheit.
Die 3. Instanz führt aus, dass die EMRK-konforme Auslegung von Art. 261bis StGB eine Frage der Anwendung von Bundesrecht sei und entsprechende Rügen im bundesgerichtlichen Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht werden können. Somit sei das kantonale Kassationsverfahren in diesem Rügepunkt ausgeschlossen. (E.2.b, S.4)
Bezüglich der restlichen Rügepunkte kommt die 3. Instanz zum Schluss, dass sich die Beschwerdeschrift mit den Erwägungen der 2. Instanz, welche zum Schuldspruch führten, nicht auseinandersetze und somit nicht weiter darauf einzugehen sei. Sie tritt in keinem Rügepunkt auf die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ein.
Nichteintreten auf die Nichtigkeitsbeschwerde.
Decisione 2002-010N
Der Beschwerdeführer stellt die Tatbestandsmässigkeit von sieben der verbliebenen inkriminierten elf Sätze in Frage. Seine Zeitschrift sei von ihrer Grundtendenz her «ausgesprochen judenfreundlich»; er habe stets einen guten Kontakt zu Juden gehabt und er habe den Zionismus unterstützt, weshalb es böswillig sei, ihm Judenhass zu unterstellen. Dazu wendet das Bundesgericht ein: «Auch wenn es sich so verhalten würde, wie der Beschwerdeführer angibt, könnte dies die allfällige Tatbestandsmässigkeit der inkriminierten Äusserungen nicht aufheben.» (E. 2c aa)
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, Art. 261bis StGB widerspreche der in Art. 10 Abs. 1 EMRK garantierten Meinungsäusserungsfreiheit. Diesbezüglich macht das Bundesgericht klar, dass die Meinungsäusserungsfreiheit nicht absolut gelte; sie dürfe gemäss Art. 10 Abs. 2 EMRK gesetzlichen Schranken unterworfen werden, sofern diese für den Erhalt einer demokratischen Gesellschaftsordnung notwendig sind. Der Antirassismusartikel stelle eine in diesem Sinne gesetzliche Schranke dar. Ausserdem müsse der Strafrichter diese Bestimmung verfassungskonform auslegen. Der Kassationshof kommt zum Schluss, diese Rüge sei unbegründet, da nicht ersichtlich sei, dass Art. 261bis StGB nicht verfassungskonform ausgelegt werden könnte. (E. 2c bb)
Was die Rüge betrifft, die inkriminierten Äusserungen hätten nicht unter Art. 261bis StGB subsumiert werden sollen, überprüft das Bundesgericht die Tatbestandsmässigkeit der sieben Sätze. Das Bundesgericht weist als erstes darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer über weite Strecken seiner Beschwerde nicht mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzt und diverse Klagepunkte unbegründet gelassen hat. Darum sei auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten.
Der Beschwerdeführer wendet ausserdem ein, die Vorinstanz habe unzulässigerweise Textstellen aus verschiedenen, von einander unabhängigen und zu unterschiedlichen Zeiten verfassten Aufsätzen verknüpft, um so die Tatbestandsmässigkeit einzelner Textstellen zu begründen. Das Bundesgericht weist diesen Punkt ab und macht klar: Es ist nicht einzusehen, weshalb der Sinn der verschiedenen inkriminierten Äusserungen nur in einer isolierenden Betrachtung, nicht aber aus dem Gesamtkontext der Zeitschrift Y erschlossen werden dürfte. Zumal alle Beiträge thematisch aufeinander verwiesen und es sich um eine als einheitliche Publikation redigierte Schrift handle, sei es ohne Weiteres zulässig, die Tatbestandsmässigkeit einzelner Sätze mittels ihres Kontextes zu begründen. (E. 3b bb)
Der Beschwerdeführer gibt weiter an, die Verfolgung der Juden durch das nationalsozialistische Regime nicht zu bezweifeln, sondern «nur» den Einsatz von Gas in speziell hiefür eingerichteten Gaskammern in verschiedenen Vernichtungslagern. Das Bundesgericht erwidert dazu: «Die Massenvernichtung ist eine durch zahllose Beweise als wahr erwiesene historische Tatsache, von welcher auch der Gesetzgeber ausgeht. Der Kassationshof habe weder darüber Beweis zu führen noch auf die «Beweisführung» in der so genannten «revisionistischen» Literatur einzugehen, auf die sich der Beschwerdeführer unter anderem beruft.» (E. 3b cc) Er habe sich der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 2 schuldig gemacht.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eingetreten ist.