Caso 2010-020N
Berna
Cronistoria della procedura | ||
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2009 | 2009-045N | Die 1. Instanz verurteilt den Angeklagten. |
2010 | 2010-020N | Die 2. Instanz verurteilt den Angeklagten. |
Criteri di ricerca giuridici | |
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Atto / Fattispecie oggettiva | Art. 261bis CP / 171c CPM (nessuna specificazione della fattispecie); Discredito o discriminazione (4° comma 1ª metà) |
Oggetto della protezione | Razza |
Domande specifiche sulla fattispecie | Pubblicamente (in pubblico); |
Parole chiave | |
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Autori | Persone politiche |
Vittime | Persone nere / PoC |
Mezzi utilizzati | Scritti |
Contesto sociale | Internet (senza social media) |
Ideologia | Razzismo (colore di pelle) |
Der Angeklagte ist Präsident der Kantonalsektion der Partei X und Webmaster für die Homepage der Partei. Er wurde der mehrfachen Rassendiskriminierung wegen etlichen von ihm verfassten bzw. veröffentlichten Beiträgen angeklagt.
Die Vorinstanz hat den Angeklagten in zwei von drei Anklagepunkten (betreffend einer Publikation eines Beitrags über einen schwarzafrikanischen Politiker sowie einer bildlichen Darstellung bzw. Karikatur von drei sogenannten «Schokoladeköpfen» zu einem Artikel mit dem Titel «Schwarze erfinden Schauergeschichten») von der Anschuldigung der Rassendiskriminierung freigesprochen. Die 2. Instanz bestätigt im vorliegenden Urteil, dass der Freispruch inzwischen in Rechtskraft erwachsen ist.
Bezüglich des Schuldspruchs im dritten Anklagepunkt betreffend eines vom Angeklagten verfassten Blog-Eintrages mit dem Titel «Die Schwarzen vom Thunersee» auf der erwähnten Website der Partei X reichte der Angeklagte Appellation ein. Die 2. Instanz bestätigt im vorliegenden Urteil das erstinstanzliche Urteil und erklärt den Angeklagten der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB für schuldig.
Der Angeklagte ist Präsident der Kantonalsektion der Partei X und Webmaster für die Homepage der Partei. Er verfasste einen Artikel mit dem Titel «Die Schwarzen vom Thunersee» und stellte diesen in den Internet-Blog der Partei. Der Text wurde mit einem Bild von zwei im Wasser schwimmenden schwarzen Schwänen illustriert und lautet wörtlich wie folgt:
«Die schwarzen Schwäne auf dem Thunersee sind illegal anwesend und dürfen sich nicht ausbreiten, weil sie einheimische Arten gefährden. Diesen zoologischen Rassismus betreibt die linke Berner Kantonsregierung und gibt die zugezogenen Schwarzen zum Abschuss frei!Ein Schelm wer jetzt böses denkt Aber, wieso verlangen die Linken nicht mit gleicher Vehemenz für illegal in die Schweiz eingereiste (unter anderem auch Schwarze) «Homo sapiens» die sofortige Rückschaffung? Es geht hier, im Gegensatz zu den zitierten schwarzen Schwänen nicht nur um ca. 20 Exemplare. Um soviel nur haben sich diese Schwäne in den letzten ca. 20 Jahren fortgepflanzt.
Übrigens stammt der schwarze Schwan ursprünglich aus Australien, wird in Europa auch als Zoogeflügel (Käfig) gehalten und in der Schweiz lebten Ende 2007 fast 41‘000 Primaten im Asylbereich!
Tags: Asyl, Kanton Bern, Rassismus, Partei Y, Tierschutz»
Decisione 2009-045N
Die 1. Instanz spricht den Angeklagten bezüglich zwei von drei Anschuldigungen der Rassendiskriminierung frei und verurteilt ihn im dritten Anklagepunkt zu einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu CHF 80.00, insgesamt CHF 1‘200.00 sowie zu einer Busse von CHF 400.00.
Decisione 2010-020N
Vorneweg hält das Gericht fest, dass die Meinungsäusserungsfreiheit es gerade in der politischen Auseinandersetzung verbiete leichthin eine Rassendiskriminierung zu bejahen, da es in einer Demokratie möglich sein müsse, auch am Verhalten einer Bevölkerungsgruppe Kritik zu üben. So erfülle jedenfalls den Tatbestand nicht bereits, wer über eine von dieser Norm geschützte Gruppe etwas Unvorteilhaftes äussere, solange die Kritik im Gesamtzusammenhang sachlich bleibe und sich auf objektive Gründe oder Umstände stütze.
Im Weiteren verweist die 2. Instanz vollumfänglich auf die Erwägungen der 1. Instanz und hält zusammenfassend und teilweise ergänzend Folgendes fest:
Dass die Publikation im Internet das Kriterium der Öffentlichkeit erfülle sei klar und auch unbestritten. Was den Inhalt betreffe, so werde bereits mit der Überschrift des Textes «Die Schwarzen vom Thunersee» provoziert und durch Weglassung des Wortes «Schwäne» für den Leser ein Bezug zur schwarzen Bevölkerung unseres Landes hergestellt. Der Bezug des ganzen Artikels zu den später im Text erwähnten «Schwarzen» bzw. Asylbewerbern sei objektiv entgegen den Aussagen der Verteidigung derart klar, dass gar nicht weiter darüber diskutiert werden müsste. Das Gericht stellt fest, dass schon im ersten Absatz, wo von den Schwänen die Rede ist, Wortwendungen wie «illegal anwesend» und (zoologischer) «Rassismus» verwendet würden, die auf Tiere nicht passten. Auch der Begriff «Exemplar» beziehe sich vom Wortlaut her auf die erwähnte Personengruppe. Damit würden diese Menschen mit einem für Sachen und Tiere verwendeten Begriff bezeichnet. Auch werde weiter unten «Homo sapiens» in Anführungszeichen gesetzt, als seien sie eben nur dem Schein nach Menschen, oder Menschen minderer Art. Dies wirke eindeutig abwertend, respektlos und erniedrigend.
Zu der Bezeichnung der Asylbewerber als «Primaten» bringt der Angeklagte vor, dass dies ein geläufiger Begriff für Menschen sei, worüber er auch vorgängig Recherchen im Duden und über Wikipedia angestellt habe. Das Gericht hält jedoch fest, dass der Begriff «Primat» vom Durchschnittsmenschen nicht im wissenschaftlichen Sinne, sondern im allgemeinen Sprachgebrauch, d.h. mit einem negativen und abwertenden Beigeschmack als Bezeichnung für «Affe» oder als primitiver, unterentwickelter, nicht vollwertiger Mensch verstanden werde.
Der Artikel könne deshalb nicht anders verstanden werden, als dass Asylbewerber, insbesondere Asylbewerber schwarzer Hautfarbe, als Menschen auf eine tiefere Stufe gestellt würden und sie daher erniedrige, in ihrer angeborenen Würde verletze bzw. ihnen die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen abspreche. Sie würden gar auf die Stufe von Untermenschen bzw. Tieren gestellt, die in Käfigen gehalten und dann weggeschafft werden müssten. Es handle sich dabei auch unter dem Blickwinkel der politischen und demokratischen Auseinandersetzung nicht um eine durch die Meinungsäusserungsfreiheit noch tolerierbare Kritik, Vereinfachung oder Übertreibung, sondern vielmehr um ein Pauschalurteil, das sich auf keine sachlichen und objektiven Gründe stützen lasse.
Der Tatbestand der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB sei damit objektiv erfüllt.
Subjektiv könne allein schon aus den klar erkennbaren Intentionen im Artikel in Verbindung mit der politischen Grundgesinnung des Angeklagten geschlossen werden, dass dieser die Aussagen bewusst und gewollt gemacht habe. Zudem sei sich der Angeklagte gemäss seinen eigenen Aussagen bewusst gewesen, dass er mit dem Artikel eine Angriffsfläche hinsichtlich Rassendiskriminierung biete, weshalb er vorgängig entsprechende Abklärungen im Internet getroffen habe. Er verwies denn bei den Tags namentlich auch auf «Rassismus». Der öffentliche Angriff auf die genannten Menschengruppen (Asylbewerber und insbesondere Schwarze) sei demnach bewusst und daher direktvorsätzlich erfolgt. Die Interpretation des Artikels von unbefangenen Dritten als rassendiskriminierend habe er mindestens in Kauf genommen.
Der erstinstanzliche Schuldspruch sei demnach zu bestätigen. Der Angeklagte sei der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig zu sprechen.
Die 2. Instanz stellt die Rechtskraft des erstinstanzlichen Freispruchs fest und verurteilt den Angeklagten im dritten Anklagepunkt wegen Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu CHF 60.00, insgesamt CHF 900.00 sowie zu einer Busse von CHF 300.00.