Fall 2005-006N
Basel-Stadt
Verfahrensgeschichte | ||
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2005 | 2005-006N | 1. kantonale Instanz verurteilt den Angeklagten. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1) |
Schutzobjekt | keine Ausführungen zum Schutzobjekt |
Spezialfragen zum Tatbestand | Öffentlichkeit |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Privatpersonen |
Opfergruppen | Schwarze Personen / PoC |
Tatmittel | Wort; Tätlichkeiten |
Gesellschaftliches Umfeld | Öffentliche Orte |
Ideologie | Rassismus (Hautfarbe) |
Der Angeklagte, betrunken mit einigen Begleitern an der Bushaltestelle stehend, beschimpfte die beiden schwarzafrikanischen Opfer grundlos mit der Äusserung «Schau mal diese afrikanischen Affen, sie kommen aus Afrika hier her, um zu stehlen». Nachdem er die beiden auch noch tätlich angegriffen hatte, kam es zu einer Rangelei. Da sich die Opfer immer stärker wehrten, behändigte der Täter sein Multitool-Messer und ging auf die beiden los. Er wurde aber von seinen Begleitern daran gehindert, sie mit dem Messer anzugreifen.
Das Gericht hält in seinem Entscheid fest, der Angeklagte habe, durch seine Äusserungen «Afrikanischer Affe» und «Ihr seid zum Stehlen hier», auf die schwarze Hautfarbe der Opfer, als deren typisches Erbmal als Schwarzafrikaner angespielt. Dadurch habe er sie in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise aufgrund ihrer Rasse herabgesetzt. Da seine Äusserungen von Dritten durchaus wahrgenommen werden konnten, sei das Erfordernis der Öffentlichkeit erfüllt.
Der Angeklagten sei deshalb wegen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB zu verurteilen. Des Weiteren habe er sich der versuchten einfachen Körperverletzung, des mehrfachen Diebstahls, des Hausfriedensbruchs und des Verstosses gegen das Transportmittelgesetz, wegen Benutzen des Trams ohne Fahrausweis, zu verantworten. Nach Berücksichtigung verschiedener Strafzumessungsfaktoren hält das Gericht eine unbedingte Freiheitsstrafe von 5 Monaten für angemessen. Zudem habe der Angeklagte eine Schadenersatzzahlung von Fr. 100.- an die Verkehrs-Betriebe zu entrichten.
Der Angeklagte befand sich, zusammen mit weiteren Begleitern, in betrunkenem Zustand an einer Bushaltstelle am Bahnhof, als zwei Schwarzafrikaner diese passieren wollten. In diesem Moment beschimpfte der Angeklagte sie grundlos mit «Schau mal, diese afrikanischen Affen, sie kommen aus Afrika hier her, um zu stehlen». Nachdem er die Opfer auch noch tätlich angegriffen hatte, kam es zu einer Rangelei. Nachdem sich die beiden immer stärker zu wehren begannen, behändigte der Angeklagte sein Multitool-Messer und ging damit auf die beiden los. Er wurde dann aber von seinen Begleitern daran gehindert, sie mit dem Messer anzugreifen.
Als sich der Angeklagte später auf die Flucht begab, stürzte er über einen Roller.
Es bleibt vorerst unklar, ob seine Verletzungen aus der Rangelei herrühren oder aus dem Sturz.
Nebst diesen Handlungen hat der Angeklagte mehrfachen Diebstahl und Hausfriedensbruch begangen. Zudem hat er gegen das Transportmittelgesetz verstossen, indem er das Tram ohne Fahrausweis benützte.
Das Gericht hält in seinem Entscheid fest, der Angeklagte habe, durch seine Äusserungen «Afrikanischer Affe» und «Ihr seid zum Stehlen hier», auf die schwarze Hautfarbe der Opfer, als deren typisches Erbmal als Schwarzafrikaner angespielt. Dadurch habe er sie in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise aufgrund ihrer Rasse herabgesetzt.
Da seine Äusserungen von Dritten durchaus wahrgenommen werden konnten, sei das Erfordernis der Öffentlichkeit erfüllt. Für diese Möglichkeit der öffentlichen Wahrnehmung spreche auch, dass ein Zeuge die Beschimpfungen des Angeklagten hatte hören können, auch wenn er im Konkreten nicht den genauen Wortlaut mitbekommen hatte.
Der objektive und, da der Täter vorsätzlich handelte, auch der subjektive Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 StGB seien somit erfüllt und der Täter habe sich wegen Rassendiskriminierung zu verantworten.
Da ein Taschenmesser klarerweise ein gefährlicher Gegenstand im Sinne von Art. 123 Ziff. 2 Abs. 2 StGB sei, liege eine einfache Körperverletzung vor. Allerdings sei es beim Versuch geblieben, denn der Angeklagte sei von seinen Begleitern daran gehindert worden, die beiden Opfer mit dem Messer anzugreifen. Deshalb sei der Täter der versuchten einfachen Körperverletzung i. S. v. Art. 123 Ziff. 2 i. V. m. 21 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
Da die dem Täter zur Last gelegten Diebstähle, der Hausfriedensbruch und der Verstoss gegen das Transportmittelgesetz von ihm vollumfänglich zugestanden wurden, habe auch hier ein Schuldspruch gemäss Anklage zu erfolgen.
Bei der Strafzumessung geht das Gericht von Art. 139 Ziff. 1 StGB aus. Die Deliktsmehrheit wirke sich gemäss Art. 68 Ziff. 1 StGB strafschärfend aus. Das objektive Verschulden wiege aufgrund des unbeherrschten, aggressiven Verhaltens des Angeklagten recht schwer. Es sei jedoch zu relativieren, da sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt unter starkem Betäubungsmitteleinfluss befunden habe. Seine bereits zahlreich begangenen Diebstähle zeigten, mit welcher Gleichgültigkeit er fremdem Eigentum begegne. Dass diese aber der Beschaffungskriminalität zuzuordnen seien, sei jedoch strafmindernd zu berücksichtigen. Auch das Vorleben bereits im 16. Lebensjahr fiel er duch «Töffligeschichten» bei der Jugendanwaltschaft auf, es folgten Heimaufenthalte, zahlreiche Delikte, Drogenproblematik und ein Lehrabbruch sei strafmindernd zu berücksichtigen. Seine zahlreichen Vorstrafen wirkten sich zu seinen Ungunsten aus. Gesetzestechnisch bilden die vorliegenden Delikte einen Rückfall, was gemäss Art. 67 Ziff. 1 StGB strafschärfend zu berücksichtigen sei. Schliesslich falle sein unkooperatives und ausfälliges Verhalten vor Gericht negativ ins Gewicht. Demgegenüber seien seine Verletzungen, die er sich bei der Rangelei zugezogen hätte, angemessen zu berücksichtigen. Vorerst bleibe zwar unklar, ob die Verletzungen aus dem Sturz oder der Rangelei mit den Opfern herrührten. Da sich diese aber auch tätlich zur Wehr gesetzt hätten, sei es nachvollziehbar, dass sie für die Verletzungen verantwortlich seien.
In Abwägung sämtlicher Faktoren und unter Berücksichtigung, dass eine teilweise Zusatzstrafe gefällt werden müsse (Art. 68 Ziff. 2 StGB), sei der Angeklagte zu einer Strafe von 5 Monaten Gefängnis zu verurteilen, welche, aufgrund der innerhalb der letzten 5 Jahren verbüssten Freihheitstrafen von mehr als drei Monaten, gemäss Art. 41 Ziff. 1 StGB unbedingt zu vollziehen sei. Zudem habe er eine Schadenersatzzahlung von Fr. 100.- an die Verkehrs-Betriebe zu entrichten.
Das Gericht spricht den Angeklagten der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB sowie der versuchten einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand, des mehrfachen Diebstahls, des Hausfriedensbruchs und des Verstosses gegen das Transportmittelgesetz schuldig. Es verurteilt ihn zu einer Gefängnisstrafe von 5 Monaten unbedingt. Zudem habe er eine Schadenersatzzahlung von Fr. 100.- an die Verkehrs-Betriebe zu entrichten. Das beschlagnahmte Messer wird gemäss Art. 58 Abs. 1 StGB eingezogen.