Fall 2020-019N

«Wieviele N**** brauchen wir in St. Gallen?» am Fasnachtsumzug

St. Gallen

Verfahrensgeschichte
2020 2020-019N Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung schuldig erklärt.
2022 2022-005N Gegen den Entscheid der Vorinstanz (1. Instanz) meldete der Beschuldigte rechtzeitig Berufung an, welche er folglich zurückzog. Das Berufungsverfahren ist vom Kantonsgericht als erledigt abzuschreiben. Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung schuldig erklärt.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt Rasse
Spezialfragen zum Tatbestand keine
Stichwörter
Tätergruppen Privatpersonen
Opfergruppen Schwarze Personen / PoC
Tatmittel Schrift;
Ton / Bild
Gesellschaftliches Umfeld Öffentliche Orte;
Freizeit / Sport
Ideologie Rassismus (Hautfarbe)

Kurzfassung

Der Beschuldigte habe auf dem Anhänger seines Fasnachtswagens Wahlplakate von verschieden politischen Parteien und Politikern angebracht und habe darunter gut sichtbar «Wieviele «Neger» brauchen wir in St.Gallen ?» geschrieben.
Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung schuldig erklärt.

Sachverhalt

Der Beschuldigte hat mit Wahlplakaten verschiedener politischer Parteien einen Fasnachtswagen gebaut, um damit an verschiedenen Fasnachtsumzügen teilzunehmen. Seinen Fasnachtswagen stellte der Beschuldigte unter das Motto Wahlen 2019.
Am Anhänger brachte er ringsum diverse farbige Wahlplakate von verschiedenen politischen Parteien an. Eines davon, angebracht auf der Längsseite, war ein Wahlplakat mit Portraitfotos samt Vor- und Nachnamen von fünf Herren. Einer der Herren war dunkler, die anderen vier heller Hautfarbe. Gleich rechts davon brachte der Beschuldigte ein rund doppelt so grosses einzelnes Portrait Foto vom Geschädigten an. Unter diese beiden Plakate schrieb der Beschuldigte gut sichtbar: «Wie viele «Neger» brauchen wir in St. Gallen?».


Entscheid 2020-019N

Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung schuldig erklärt.

Rechtliche Erwägungen

Der Beschuldigte habe mit seinem Fasnachtswagen Politiker auf die Schippe nehmen wollen und nicht direkt den Geschädigten angehen. Mit der vorgenannten Bild- und Wortkombination musste der Beschuldigte jedoch damit rechnen, beim Erscheinen in der Öffentlichkeit mit seinem derart gestalteten Fasnachtswagen dunkelhäutige Menschen zu diskriminieren und zu beleidigen und er nahm dies auch billigend in Kauf.
Indem der Beschuldigte auf seinem Fasnachtswagen öffentlich eine Person dunkler Hautfarbe mit der Aussage, «Wie viele «Neger» brauchen wir in St. Gallen?» in Verbindung brachte, diskriminierte er Personen dunkler Hautfarbe soweit er damit die Ausübung eines politischen Amtes meinte und setzte sie durch die Verwendung des Ausdruckes «Neger» in gegen die Menschenwürde verstossende Weise herab. Der Beschuldigte nahm dies zumindest in Kauf, zumal allgemein bekannt ist, dass das Wort «Neger» in der heutigen Zeit überwiegend als herabwertend verstanden wird. Er hat somit den Tatbestand der Rassendiskriminierung verwirklicht. Die damit einhergehende direkte Beschimpfung des Geschädigten, der deswegen gegen den Beschuldigten Strafantrag gestellt hat, wird vom Tatbestand der Rassendiskriminierung konsumiert.

Entscheid

Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung schuldig erklärt. Er wird bestraft mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 350.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von vier Jahren, und mit einer Busse von CHF 3100.00.


Entscheid 2022-005N

Gegen den Entscheid der Vorinstanz (1. Instanz) meldete der Beschuldigte rechtzeitig Berufung an, welche er folglich zurückzog. Das Berufungsverfahren ist vom Kantonsgericht als erledigt abzuschreiben. Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung schuldig erklärt.

Entscheid

Gegen den Entscheid der Vorinstanz (1. Instanz) meldete der Beschuldigte rechtzeitig Berufung an. Mit Schreiben vom 14. Juni 2022 zog der Beschuldigte die Berufung jedoch über seinen Verteidiger zurück. Das Berufungsverfahren ist folglich als erledigt abzuschreiben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, bestehend aus einer Entscheidgebühr von CHF 500.00, werden dem Beschuldigten auferlegt.