Fall 2021-050N
Zürich
Verfahrensgeschichte | ||
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2021 | 2021-050N | Das Strafverfahren wird eingestellt. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Art. 261bis StGB / 171c MStG (keine Spezifizierung des Tatbestandes) |
Schutzobjekt | Rasse; Religion |
Spezialfragen zum Tatbestand | keine |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Privatpersonen |
Opfergruppen | Juden |
Tatmittel | Schrift; Elektronische Kommunikation |
Gesellschaftliches Umfeld | Soziale Medien |
Ideologie | Antisemitismus |
Der Schweizerische israelitische Gemeindebund (SIG), vertreten durch den Generalsekretär, erstattete Anzeige gegen den Beschuldigten wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass und gab an, der Beschuldigte habe auf seinem Konto auf der Plattform «Facebook» diverse Posts veröffentlicht, welche die jüdische Religionsgemeinschaft herabsetzen, antisemitische Ideologien verbreiten und dadurch zu Hass gegen Jüd*innen aufrufen würden.
Der Beschuldigte habe auf seinem Facebook Konto diverse Posts veröffentlicht, welche die jüdische Religionsgemeinschaft herabsetzen, antisemitische Ideologien verbreiten und dadurch zu Hass gegen Jüd*innen aufrufen würden.
Gemäss Auszug aus dem Vorstrafenregister verfügte die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten bereits einen Strafbefehl wegen mehrfacher Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 2 StGB und belegte den Beschuldigten mit einer Geldstrafe und einer Busse. Dieser Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft.
Der dem Beschuldigten im Zuge einer Anzeige bei Fedpol von vorgeworfenem Sachverhalt betrifft die Veröffentlichung von rassendiskriminierenden Inhalten auf seinem Facebook-Profil.
Ein Vergleich der beiden Anzeigen zeigt, dass es sich bei den in der Untersuchung der kantonalen Staatsanwaltschaft angezeigten Inhalten um·dieselben strafrechtlich relevanten Posts handelt.
Darüber hinaus wurden weitere Posts und Kommentare angezeigt, welche auf dem Profil des Beschuldigten veröffentlicht wurden, wobei sich der Verfasser für die Abschaffung der «Billag» einsetzt und dazu einen Link zur Webseite «News-for-Friends.de» teilt, wonach Russland einen internationalen Haftbefehl für Rothschild und Soros herausgebe, sowie ein Bild von Adolf Hitler mit dem Begleittext «Adolf Hitler and his NAZI Jewish Masters-Jew World Order» veröffentlicht.
lm Sinne einer Gesamtwürdigung der Sach- und Rechtslage ist festzustellen, dass in Anwendung von Art. 11 StPO keine Person nicht erneut verfolgt werden darf, wenn diese in der Schweiz bereits für dieselbe Straftat rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden war. Dies bedeutet, dass das Prinzip «ne bis in idem» verletzt ist, wenn derselbe Sachverhalt in zwei voneinander unabhängigen Strafverfahren verfolgt und beurteilt wird (vgl. BGE 137 1 363 E. 2.1; 125 11 402 E. 1b S. 404; 123 11 464 E. 2b S. 466; 118 IV 269 E. 2 S. 271).
Gemäss Art. 49 Abs. 2 StGB bestimmt das Gericht eine Zusatzstrafe, wenn es eine Tat zu beurteilen hat, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer anderen Tat verurteilt worden ist. Der Täter darf dadurch nicht schwerer bestraft werden, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären.
Gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. b StPO können Staatsanwaltschaft und Gerichte von der Strafverfolgung absehen, wenn eine voraussichtlich nicht ins Gewicht fallende Zusatzstrafe zu einer rechtskräftig ausgefällten Strafe auszusprechen wäre.
Vorliegend wurde der Beschuldigte bereits von der Staatsanwaltschaft für sämtliche in der Anzeige vom SIG bei der Staatsanwaltschaft angegebenen Handlungen bestraft. In Anwendung des Grundsatzes «ne bis in idem» ist daher eine erneute Verfolgung aufgrund der o.g. Handlungen nicht zulässig.
Damit verbleibt die Untersuchung der Handlungen. Darunter fällt in strafrechtlicher Hinsicht lediglich der Post «Adolf Hitler and his NAZI Jewish Masters-Jew Word Order» auf, wobei der Beschuldigte eine jüdische Weltordnung behauptet und mit dem Nazi-Regime von Adolf Hitler vergleicht. Da das Tatdatum dieses Posts vor dem Verurteilungsdatum liegt, wäre eine Zusatzstrafe zum Strafbefehl auszufallen. Ungeachtet der Tatbestandsmassigkeit, welche offengelassen werden kann, ist im Sinne einer hypothetischen Strafzumessung zu erwägen, dass der Richter auch in Kenntnis und bei Subsumtion dieses Vorgangs unter Art. 261bis StGB höchstwahrscheinlich dieselbe oder eine nicht ins Gewicht fallende höhere Strafe erlassen hätte.
Der Angeklagte war bereits in einem ähnlichen Fall verurteilt worden. Der Grundsatz «Ne bis in idem» findet in diesem Fall Anwendung. Ausserdem ist das Foto, auf dem Hitler abgebildet ist, nicht von ausreichender Bedeutung, um ein Verfahren einzuleiten.
Daher ist vorliegend in Anwendung von Art. 8 Abs. 2 lit. b StGB und Art. 11 StGB von der Verfolgung dieses einzelnen Delikts abzusehen und die Untersuchung einzustellen. Die Anklage wird daher fallengelassen.
Die Kosten sind auf die Staatskasse zu nehmen. Der beschuldigten Person ist mangels wesentlicher Umtriebe und besonders schwerer Verletzung in ihren persönlichen Verhältnissen weder eine Entschädigung noch eine Genugtuung zuzusprechen.