Fall 2021-070N

WhatsApp-Chat in der RS, Strafmandat 2

Bern

Verfahrensgeschichte
2021 2021-070N Der Beschuldigte wird der mehrfachen Diskriminierung i.S.v. Art. 171c Abs. 1 al. 2 MStG schuldig gesprochen.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Aufruf zu Hass und Diskriminierung (Abs. 1)
Schutzobjekt Rasse;
Ethnie;
Religion
Spezialfragen zum Tatbestand keine
Stichwörter
Tätergruppen Militär
Opfergruppen Juden;
Schwarze Personen / PoC
Tatmittel Schrift;
Elektronische Kommunikation;
Ton / Bild;
Verbreiten von rassistischem Material
Gesellschaftliches Umfeld Behörden / Ämter / Armee;
Soziale Medien
Ideologie Antisemitismus;
Rassismus (Hautfarbe)

Kurzfassung

Während der RS, verschickt der Beschuldigte (Rekrut/Soldat) im zugsinternen WhatsApp-Gruppenchat (mit 14 Teilnehmern) u.a. 23 Mediadateien, welche Symbole und Darstellungen des Nationalsozialismus und/oder andere herabsetzende Darstellungen enthalten. Diese sind teilweise auch mit Bildtext bzw. Sprüchen versehen (i.S.v. herabsetzenden «Memes» oder Fotomontagen), in denen insbesondere jüdischen und dunkelhäutigen Personen die Gleichwertigkeit oder Gleichberechtigung als menschliche Wesen abgesprochen wird. Diese Mediadateien wurden von den anderen Gruppenmitgliedern wahrgenommen.
Der Beschuldigte wird der mehrfachen Diskriminierung i.S.v. Art. 171c Abs. 1 al. 2 MStG schuldig gesprochen.

Sachverhalt

Der Beschuldigte leistet als Rekrut in der RS Dienst. Während dieser Zeit verschickte er im zugsinternen WhatsApp-Gruppenchat «221 isch Spiegelverchert» mit 14 Teilnehmern u.a. vier Mediadateien, welche Symbole und Darstellungen des Nationalsozialismus und/oder andere herabsetzende Darstellungen enthalten, teilweise auch mit Bildtext bzw. Sprüchen versehen (i.S. von herabsetzenden «Memes» oder Fotomontagen), in denen insbesondere jüdischen und dunkelhäutigen Personen die Gleichwertigkeit oder Gleichberechtigung als menschliche Wesen abgesprochen wird. Diese Mediadateien wurden von den anderen Gruppenmitgliedern wahrgenommen.
Im Einzelnen handelte es sich um folgende Mediadateien, sog «Memes»:
- Nr. 1: Bild einer Bierflaschenetikette, die so zusammengefaltet wurde, dass sie den Text «SUPER SS» zeigt;
- Nr. 2: Bild von vorrückenden deutschen Panzern und Soldaten mit dem Bildtext «Lehrer: Wie wäre es mit einer Klassenfahrt nach Polen? - Mädchen: Polen ist doof. - Jungs: Verweis auf beschriebenes Bild;
- Nr. 3: MP4-Datei mit Darstellung von Adolf Hitler mit Kopfhörern;
- Nr. 4: Bild von in Ketten gelegten dunkelhäutigen Personen mit Bildtext «No body: - Wish.com: 5$" (i.S. einer Darstellung von billig zu verkaufenden Sklaven).
Der Beschuldigte gibt an, er habe nie etwas davon ernst gemeint und es seien wahrscheinlich auch so «Witze» gewesen. Weiter gab der Beschuldigte an, er sei ein sehr toleranter Mensch, akzeptiere alle Menschen und schaue nicht auf Religion und Hautfarbe. Er sei sich aber bewusst, dass dunkelhäutige Personen in den Memes nicht als gleichwertig und gleichberechtigt dargestellt werden. Die Bilder enthielten schon rassistische Darstellungen, aber das Rassistische werde «durch das Meme so wie verharmlost» bzw. man soll es nicht rassistisch aufnehmen. Es sei ausserdem kein Zugschat gewesen, sondern nur ein privater Chat vom Zimmer mit ca. 5-6 Teilnehmern.

Rechtliche Erwägungen

Es handle sich bei den oben aufgelisteten vier Mediadateien klarerweise um Darstellungen einer Ideologie, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung von Personen oder Personengruppen als Angehörige einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sei.
Das Versenden entsprechender Symbole des Nationalsozialismus stelle eine werbende Handlung i.S.v. Art. 171 c Abs. 1 al. 2 MStG dar und gehe damit deutlich über ein blosses Bekenntnis hinaus. Auch das Kopieren und Weiterleiten von Inhalten anderer müsse als Weitergabe gelten und stelle daher ein Verbreiten im Sinne von Art. 171c MStG dar.
Aufgrund dieser Umstände sei der objektive Tatbestand von Art. 171c Abs. 1 al. 2 MStG vorliegend hinsichtlich sämtlicher vier Mediadateien erfüllt. Nationalsozialistische, faschistische und faschistoide Ideologien (Vorrangstellung der weissen «Rasse», Minderwertigkeit der übrigen Gruppen) seien bei einem durch schnittlichen Betrachter untrennbar mit der impliziten Behauptung eingeschränkter Menschenrechte für alle anderen Gruppen verknüpft.
Das Verhalten des Beschuldigten könne nicht anders verstanden werden, als dass er das Ziel verfolgte, den Gruppenmitgliedern die beschriebene rassendiskriminierende Ideologie zu vermitteln und sie entsprechend in einem werbenden Sinn zu beeinflussen. Er verbreitete mit Wissen und Willen öffentlich eine systematisch herabsetzende Ideologie.

Entscheid

Der Beschuldigte wird der mehrfachen Diskriminierung i.S.v. Art. 171c Abs. 1 al. 2 MStG schuldig gesprochen. Er wird mit einer Geldstrafe von 3 Tagessätzen zu CHF 50.00 sowie mit einer Busse von CHF 50.00 bestraft. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben mit 2 Jahre Probezeit. Die Busse ist zu bezahlen.