Fall 2015-047N
St. Gallen
Verfahrensgeschichte | ||
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2014 | 2014-027N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde spricht den Beschuldigten schuldig. |
2015 | 2015-047N | Die 1. Instanz spricht den Verurteilten schuldig. |
2017 | 2017-022N | Die 2. Instanz spricht den Beschuldigten schuldig. In einem Anklagepunkt wird das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und der Beschuldigte freigesprochen. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Aufruf zu Hass und Diskriminierung (Abs. 1); Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1) |
Schutzobjekt | keine Ausführungen zum Schutzobjekt |
Spezialfragen zum Tatbestand | Geschütztes Rechtsgut; Öffentlichkeit; Subjektiver Tatbestand |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Privatpersonen |
Opfergruppen | Muslime |
Tatmittel | Schrift; Elektronische Kommunikation; Ton / Bild |
Gesellschaftliches Umfeld | Soziale Medien |
Ideologie | Muslimfeindlichkeit |
Der Beschuldigte veröffentlichte 2013 und 2014 mehrere anti-islamische Kommentare auf seinem öffentlichen Facebook Profil.
Der Beschuldigte wurde 2014 von der zuständigen Strafverfolgungsbehörde der Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 1 StGB schuldig befunden und zu einer bedingten Geldstrafe und einer Busse verurteilt.
Der Beschuldigte erhob Einsprache gegen diesen Strafbefehl, worauf die Staatsanwaltschaft die Untersuchung ausweitete und schliesslich das Verfahren an das Kreisgericht überwies.
Das Kreisgericht prüfte die Anträge und sprach den Beschuldigten der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 schuldig und erhöhte die bedingte Geldstrafe.
Gegen diesen Entscheid meldete der Beschuldigte Berufung beim Kreisgericht an. Das Kreisgericht sprach den Beschuldigten in einem der Anklagepunkte, betreffend des Markierens mit «gefällt mir», frei. Darauf setzte es die bedingte Geldstrafe herab und sprach dem Beschuldigten eine Entschädigung für einen Drittel der Kosten der privaten Verteidigung zu. In den anderen zwei Anklagepunkte befand auch das Kreisgericht den Beschuldigten für schuldig im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 und Abs. 4 StGB.
Im September 2013 markierte der Beschuldigte einen Kommentar auf einer islamfeindlichen Facebook Seite mit dem Inhalt: ««Mohamedaner sind perverse und kriminelle Vergewaltiger und Kinderschänder , sonst nichts ! Der Schizlam ist keine 'Religion', sondern eine gemeingefährliche orientalische Gehirnerkrankung !!! Der Schizlam und seine Anhänger müssen endlich allesamt weg aus Europa !!!", mit «gefällt mir».
Im September 2014 postete der Beschuldigte auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil einen Bericht von BLICK.ch über die Hinrichtung des US-Journalisten Steven Sotloff durch die Terrormiliz Islamischer Staat IS. Als Kommentar zu diesem Bericht postete er sodann folgende Äusserung: „mir kommt gleich das kotzen…wann wird diese religion endlich ausgerottet?!?“. Daraufhin folgte eine rege Diskussion zwischen verschiedenen Facebook-Usern. Der Beschuldigte postete weitere Kommentare wie „Der Islam ist eben politisch und somit wird er nie in eine Demokratie passen“ und kritisierte, dass sich die gemässigten Muslime nicht klar von dieser Terrormiliz distanzieren und deren Gräueltaten verurteilen würden. Er schrieb weiter, dass es vielleicht doch besser sei, zu schweigen, als eine Distanzierung vorzugaukeln. Weiter postete der Beschuldigte, dass der Islam – im Vergleich zum Christentum, welches sich seit den Kreuzzügen reformiert habe – nicht reformierbar sei und dass man dem Islam nicht noch Jahrhunderte Reformrückstand zugestehen dürfe.
Später folgen eine weitere Aussage des Beschuldigten, in der er ein gesetzliches Verbot des Islams, den er als Sekte bezeichnet, forderte, und ein Bild mit seinem Kommentar: «baby zu tode getreten.... grund: es war ungläubig, also nicht muslimisch .... ich komme immer mehr zur überzeugung, dass diese Satansreligion gesetzlich verboten gehört!"
Im Oktober 2014 teilte der Beschuldigte auf seinem öffentlichen Facebook Profil ein Bild mit folgendem Text: «Weisheit des Tages: ‘Hast du Allah in der Birne, ist kein Platz mehr für’s Gehirne.’»
Schliesslich teilte der Beschuldigte in seinem Profil am 2014 den Artikel
«ISIS video claims to show beheading of British hostage David Haines» von
www.dailymail.co.uk und kommentiert diesen mit den Worten «and again ...... *u*k islam» (= «fuck islam»).
Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich so aus den genannten Beweismitteln und
wurde vom Beschuldigten grundsätzlich anerkannt. Er bestritt jedoch einen rassistischen Sinn seiner Äusserungen im Sinne der Strafbestimmungen.
Entscheid 2014-027N
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde führt aus, dass der Beschuldigte durch seine geposteten Kommentare in herabsetzender Weise bewusst Stimmung gegen den Islam und damit gegen die Gemeinschaft der Muslime mache. Mit seinem Verhalten habe sich der Beschuldigte der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
Nach Erachten der Staatsanwaltschaft weisen die Äusserungen des Beschuldigten eine erhebliche Intensität auf, da er nicht weniger als die Ausrottung einer Religion fordere. Sein Verschulden sei daher nicht unerheblich. Zu seinen Gunsten sei beim Verschulden immerhin zu veranschlagen, dass die teils mittels Video dokumentierten Gräueltaten der IS-Terrormiliz, insbesondere der von ihm gepostete und kommentierte BLICK-Bericht, in Bezug auf die Auswüchse eines islamisch motivierten Terrorismus durchaus Anlass zur Entrüstung gäben.
Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 140.00 bestraft, ausmachend CHF 8'400. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren. Der Beschuldigte wird zudem mit einer Busse von CHF 1’000.00 bestraft, bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise mit einer Freiheitsstrafe von 10 Tagen. Die Kosten des Verfahrens im Umfang von CHF 500.00 werden dem Beschuldigten auferlegt.
Entscheid 2015-047N
1. Ausrottung des Islam (Art. 261bis Abs. 1 StGB)
Gemäss Art. 261bis Abs. 1 StGB wird bestraft, wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft.
Der Beschuldigte erklärt, sein Facebook-Beitrag sei eine Reaktion auf die Gräueltaten des IS und eindeutig auf dessen Ideologie bezogen gewesen. Er habe den Beitrag aus Frustration erfasst und erfülle den Tatbestand von 261bist StGB nicht, da er nicht eine «Gruppe von Personen», sondern die «terroristische Strömung des IS» gemeint habe.
Das Kreisgericht Wil hält dazu fest, es sei offensichtlich, dass der IS abscheuliche, menschenverachtende Gräueltaten verübt habe und es sei auch verständlich, dass solche Ereignisse heftige Reaktionen auslösen würden.
Dass der Beschuldigte seine Äusserungen im Zeitpunkt, in dem er sie machte, nur auf den IS bezogen haben soll, sei jedoch durch seine unmittelbar darauffolgenden Äusserungen widerlegt. In diesen impliziere er nämlich, dass auch die gemässigten islamischen Verbände insgeheim den IS unterstützten und quasi mit diesem gleichzustellen seien. Zum Vorschlag des Beschuldigten, den Islam gesetzlich zu verbieten, hielt die 1. Instanz fest, dass der Beschuldigte in seinen Äusserungen keinen Unterschied zwischen dem Islam als Ganzem und bestimmten Gruppierungen wie dem IS gemacht habe. Seine Beiträge würden alle auf den Islam als Glaubensrichtung abzielen. Sie seien von Dritten, die sich an der Diskussion beteiligt hätten, auch unmittelbar so verstanden und deswegen kritisiert worden. Im Zusammenhang gesehen habe der Beschuldigte in den angeklagten Äusserungen systematisch den Islam dämonisiert und mit seinen plakativen Statements in der Öffentlichkeit die Ablehnung gegenüber dieser Glaubensgemeinschaft geschürt. Die nachträgliche Aussage des Beschuldigten, nur den IS gemeint zu haben, ist gemäss der 1. Instanz eine Schutzbehauptung. Seine Äusserungen seien gegen die gesamte islamische Glaubensgemeinschaft gerichtet gewesen.
Die 1. Instanz erwägt weiter, der Begriff „ausrotten“ impliziere ein gewaltsames Vorgehen, bei dem etwas vollständig vernichtet werden solle. Die „Ausrottung“ einer Religion beinhalte also nicht nur die Vernichtung der Religion an sich – wie dies der Beschuldigte behauptet – sondern gezwungenermassen auch Gewalt gegen die Gläubigen. Das tatbestandsmässige „Aufrufen“ und „Aufreizen“ zu Hass oder Diskriminierung werde durch allgemeine Hetze und das Schüren von (negativen) Emotionen, wodurch die Öffentlichkeit in werbendem Sinn beeinflusst werde, erfüllt. Strafbar sei in diesem Zusammenhang bereits ein Verhalten, das Hass oder Diskriminierung gegenüber der betroffenen Gruppe verursachen könnte. Ein expliziter Aufforderungscharakter sei hingegen nicht vorausgesetzt. Eine Äusserung wie „Wann wird diese Religion endlich ausgerottet ?!?“ drücke klar eine herabsetzende Haltung gegenüber der Religion aus. Im Zusammenhang mit seinen weiteren undifferenzierten, negativ gefärbten Kommentaren gegenüber dem Islam sei das Verhalten des Beschuldigten geeignet, Hass gegenüber der betroffenen Gruppe zu verursachen.
Die Öffentlichkeit der Äusserungen ergebe sich daraus, dass das Profil auf Facebook zumindest für alle Personen mit einem Facebook-Konto sichtbar gewesen sei. Somit sei die Äusserung des Beschuldigten („mir kommt gleich das kotzen….wann wird diese religion endlich ausgerottet ?!?“) als tatbestandsmässig im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB zu werten. Der Beschuldigte habe ausserdem mit Wissen und Willen gehandelt und es gerade darauf angelegt, mit pauschalen, plakativen Äusserungen bei den Lesern diffuse Ängste anzusprechen, Hass und Wut zu schüren und sich gleichzeitig zu profilieren. Ausserdem habe er willentlich die Öffentlichkeit angesprochen. Vorsatz sei somit hinsichtlich des Tatbestandes von Art. 261bis Abs. 1 StGB zu bejahen.
Da keine Schuldausschluss- und Rechtfertigungsgründe vorlägen, habe sich der Beschuldigte gemäss der urteilenden 1. Instanz der Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
2. «Kein Platz mehr für’s Gehirne» (Art. 261bis Abs. 4 StGB)
Gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB wird bestraft, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert.
Der vom Beschuldigten verbreitete Text richtet sich gemäss der 1. Instanz gegen eine von diesem Artikel geschützte Bevölkerungsgruppe, nämlich gegen Muslime. Die 1. Instanz erwägt, der Beschuldigte habe nicht nur ehrverletzende Kollektivbehauptungen im Stil von „XY sind Lügner“ getätigt, sondern die Betroffenen quasi als hirnlos bezeichnet und ihnen somit die Eigenschaft als eigenständig denkende Wesen, also ihre Qualität als Menschen abgesprochen. Die Formulierung „Hast du Allah in der Birne, ist kein Platz mehr für‘s Gehirne“ impliziere die umfassende Minderwertigkeit der gesamten Gruppe von Muslimen und stelle folglich eine die Menschenwürde verletzende Herabsetzung im Sinne des Straftatbestandes dar. Die Äusserung sei wiederum öffentlich geschehen.
Bezüglich des Vorsatzes versuchte der Beschuldigte, sich auf die Meinungsäusserungsfreiheit zu berufen und meinte, es habe sich um eine Karikatur bzw. Satire gehandelt. Die 1. Instanz erinnert daran, dass die Meinungsäusserungsfreiheit nicht absolut gilt und nicht jede ehrverletzende oder rassendiskriminierende Äusserung zu rechtfertigen vermag. Sie führt aus, dass dem vorliegenden Text abgesehen von seiner Reimform nichts Humoristisches anhafte. Die Überschrift „Weisheit des Tages“ erwecke gerade den Eindruck, dass es sich um eine feststehende, wahre Tatsache handle. Zudem reihe sich der Text nahtlos in mehrere andere Äusserungen des Beschuldigten ein, bei welchen es einzig darum gegangen sei, Ängste, Hass und Wut gegenüber dem Islam und dessen Anhängern zu schüren. Von einer der Meinungsäusserungsfreiheit unterliegenden Karikatur bzw. Satire könne deshalb nicht gesprochen werden, so die 1. Instanz.
Der Beschuldigte hat sich deshalb im Erachten des Kreisgerichts der Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB strafbar gemacht.
3. „Schizlam“ als Gehirnerkrankung – „Gefällt mir“ (Art. 261bis Abs. 1 StGB)
Gemäss der 1. Instanz verletzt der zitierte Kommentar (siehe oben) vom Inhalt her klar das Rassendiskriminierungsverbot. Ob jedoch auch das Markieren eines solchen Beitrags mit „Gefällt mir“ unter Art. 261bis Abs. 1 StGB fällt, klärt das Gericht wie folgt: Wenn jemand auf Facebook etwas mit „Gefällt mir“ markiere, sei dies an verschiedenen Orten sichtbar und löse unmittelbar eine Weiterverbreitung des markierten Inhalts aus. Indem der Beschuldigte den zitierten Kommentar markierte, habe er seine Zustimmung dazu ausgedrückt, und zwar bewusst so, dass dies öffentlich ersichtlich war. Er habe so Stimmungsmache gegen Moslems betrieben und dazu beigetragen, das feindselige Klima gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe zu verstärken. Art. 261bis Abs. 1 StGB stellt jedes öffentliche „Aufreizen“ zur Rassendiskriminierung unter Strafe. Die 1. Instanz subsumiert, dass das Vorgehen des Beschuldigten unter Art. 261bis Abs. 1 StGB falle, da er mit seiner Markierung einen Werbeeffekt angestrebt habe und das „Gefällt mir“ zu diesem Zweck geeignet sei. Da keine Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe vorlägen, habe sich der Beschuldigte mit dem Markieren des rassendiskriminierenden Beitrags der Rassendiskriminierung nach Art 261bis Abs. 1 StGB strafbar gemacht, urteilt die 1. Instanz.
Der Beschuldigte wird wegen mehrfacher Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je CHF 140.00, ausmachend CHF 16'800 , verurteilt. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren. Die Kosten des Verfahrens im Umfang von CHF 3'800.00 werden dem Beschuldigten auferlegt.
Entscheid 2017-022N
Gemäss Art. 261 bis Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft. Das «Aufrufen» bzw. «Aufreizen» bezeichnet das nachhaltige und eindringliche Einwirken auf Menschen mit dem Ziel oder der Wirkung, eine feindselige Haltung — sei diese nun intellektuell oder emotional begründet — gegenüber einer bestimmten Person oder Personengruppe aufgrund ihrer rassischen, ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit zu vermitteln oder ein entsprechend feindseliges Klima für die Betroffenen zu schaffen oder zu verstärken. Massgebend ist, dass der Eindruck geschaffen werden soll, die betroffenen Personen oder Gruppen seien minderwertige Wesen.
Gemäss Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB wird bestraft, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert. Der Tatbestand schützt die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen.
Die beiden Tatbestandsvarianten nach Art. 261 bis Abs. 1 und Abs. 4 erste Hälfte StGB unterscheiden sich durch ihre grundsätzliche Ausrichtung. Die Variante nach Absatz 1 lässt sich als rassistische Hetze qualifizieren. Sie richtet sich an die Öffentlichkeit, ist eine Form der Verbreitung rassendiskriminierender Ideen, weshalb ihr ein gewisses werbendes Element innewohnt. Soll hingegen die Tathandlung nur selbst diskriminieren oder herabsetzen, ohne dass damit über das Diskriminieren bzw. Herabsetzen hinaus eine weitere Öffentlichkeit im gleichen Sinne beeinflusst werden soll, so ist Absatz 4 anzuwenden.
Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261 bis StGB ist — mit Ausnahme der Leistungsverweigerung gemäss Absatz 5 — nur strafbar, wenn sie öffentlich begangen wird. Öffentlich sind Äusserungen und Verhaltensweisen nach allgemeiner Auffassung, wenn sie von unbestimmt vielen Personen oder von einem grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrgenommen werden können.
Eine Äusserung oder Verhaltensweise kann den Tatbestand von Art. 261 bis Abs. 1 bzw. Abs. 4 erste Hälfte StGB nur erfüllen, wenn sie vom unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten konkreten Umstände als rassendiskriminierender Akt erkannt wird.
1. Ausrottung des Islam (Art. 261bis Abs. 1 StGB)
Das Kantonsgericht schliesst aus den Akten, dass lediglich die Aussage: «mir kommt gleich das kotzen....wann wird diese religion endlich ausgerottet?!?" von den Parteien und der Vorinstanz als diskriminierend im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB erachtet wurde und stimmt der Vorinstanz bei, dass sie als Einzige für eine Qualifikation als rassistische Hetze im Sinne von Art. 261 bis Abs. 1 StGB in Betracht fällt.
Die umstrittene Äusserung richte sich gegen den Islam bzw. die Angehörigen dieses Glaubensbekenntnisses. Obwohl der Islam nicht direkt erwähnt werde, ist das Kantonsgericht überzeugt, dass nur diese Religion gemeint sein könne, was sich durch die Verknüpfung mit dem Bericht über eine Gräueltat der Terrormiliz «Islamischer Staat» und die nachfolgende Diskussion ergebe.
Der Beschuldigte macht geltend, dass er mit seiner Äusserung nicht den Islam als Ganzes gemeint, sondern lediglich zur Bekämpfung des terroristischen «Islamischen Staats» aufgefordert habe. Diese Argumentation kann das Kantonsgericht nicht überzeugen. Ein unbefangener durchschnittlicher Leser müsse aus der erwähnten Äusserung schliessen, dass der Beschuldigte sich nicht nur gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat», sondern auch gegen den Islam als solchen stelle. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des inkriminierten Satzes, der explizit die Religion und nicht die Terrormiliz nenne. Aber auch der weitere Verlauf der Diskussion mache deutlich, dass der Beschuldigte den Islam selbst meine. Daran ändere auch nichts, dass der Auslöser für den Kommentar des Beschuldigten ein grausames Enthauptungsvideo des „IS» war.
Das Kantonsgericht lehnt die Erklärungen der Verteidigung ab, dass die Äusserung des Beschuldigten sich höchstens auf den Islam als Religion bezogen hätten, dass Art. 261 bis StGB jedoch nicht eine Religion als solche, sondern nur ihre Angehörigen vor Diskriminierung schütze. Das Gericht pflichtet der Vorinstanz bei, dass «ausrotten» die Bedeutung von «vollständig, bis zum letzten Exemplar vernichten, vertilgen» habe. Hätte der Beschuldigte sich nur gegen den Islam als Religion aussprechen wollen, hätte er diesen ablehnen oder allenfalls auch dessen Verbot fordern können. Mit der drastischen Forderung der Ausrottung zielte er indessen auch auf die Angehörigen dieses Glaubensbekenntnisses. Damit würden die betreffenden Religionsangehörigen in ihrer Würde und in ihrem Anspruch auf Gleichwertigkeit herabgesetzt. Des Weiteren ist das Kantonsgericht einverstanden mit der Meinung der Vorinstanz, dass die Forderung der Ausrottung ein werbendes, ja hetzerisches Element enthalte, weshalb die Äusserung unter die Tatbestandsvariante von Art. 261bis Abs. 1 StGB falle.
Das Facebook-Profil des Beschuldigten war für alle Personen, die ein Facebook-Konto besitzen, sichtbar. Der Beschuldigte hat seine Äusserung mit Wissen und Willen in sein Facebook-Profil gestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Kantonsgericht ist überzeugt, dass sich der Beschuldigte bewusst gewesen sein musste, dass die Äusserung Angehörige des islamischen Glaubensbekenntnisses herabsetzte und geeignet war, Ressentiments diesen gegenüber zu schüren. Der Tatbestand von Art. 261 bis Abs. 1 StGB ist damit auch subjektiv erfüllt. Das Kantonsgericht spricht den Beschuldigten in diesem Anklagepunkt der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB schuldig.
2. „Kein Platz mehr für’s Gehirne“ (Art. 261bis Abs. 4 StGB)
Das Kantonsgericht unterstützt die Auffassung der Vorinstanz, nach welcher mit der fraglichen Äusserung alle an Allah glaubenden Personen als «hirnlos» bezeichnet würden. Muslimen werde damit pauschal unterstellt, nicht rational denken und handeln zu können. Mit der Äusserung werde die generelle Minderwertigkeit dieser Menschen zum Ausdruck gebracht und die ganze Gruppe der Muslime auf eine Weise herabgesetzt, welche ihre Würde als Menschen verletze. Die Äusserung sei Teil einer Reihe islamfeindlicher Bemerkungen, die der Beschuldigte auf seiner «Facebook»-Seite veröffentlicht habe. Für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten erschöpfe sich der Inhalt der fraglichen Äusserung, die der Beschuldigte als «Weisheit des Tages» ausgegeben hat, in einer reinen Herabsetzung. Dies sei ganz offensichtlich auch die Intention des Beschuldigten gewesen.
Die Ansicht der Verteidigung, dass der Text humoristisch bzw. satirisch gemeint gewesen sei und vom Durchschnittsadressaten als Witz aufgefasst werde, überzeugte das Kantonsgerichtnicht. Die Verteidigung führte weiter aus, dass auch wenn der Beschuldigte Muslime vielleicht als «dumm» hätte bezeichnen wollen, das nicht rassendiskriminierend bzw. strafbar sei. Jemanden als „dumm» zu bezeichnen sei nicht gleichbedeutend damit, ihm die Eigenschaft als gleichwertiges, menschliches Wesen abzusprechen. Bei extensiver Auslegung der Strafnorm würden auch unzählige (schlechte) Witze über Juden und Christen darunterfallen. Diesen Erklärungen folgte das Kantonsgericht nicht und es sah den Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllt.
3. Schizlam als Gehirnerkrankung – „Gefällt mir“ (Art. 261bis Abs. 1 StGB)
Der auf der erwähnten «Facebook»-Seite veröffentlichte Kommentar ist für das Kantonsgericht als solcher fraglos tatbestandsmässig: Muslime würden darin pauschal als Vergewaltiger und Kinderschänder tituliert. Der Islam wird durchwegs «Schizlam» genannt und als «gemeingefährliche orientalische Hirnerkrankung» bezeichnet. Der Kommentar beschränkt sich aber nicht auf diese abwertenden Äusserungen. Mit der Forderung, alle Muslime müssten «allesamt weg aus Europa!!!", habe er auch einen werbenden, ja hetzerischen Inhalt und sei damit tatbestandsmässig im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 StGB.
Der Kommentar wurde jedoch nicht vom Beschuldigten geschrieben und er hat ihn auch nicht ursprünglich veröffentlicht. Das Kantonsgericht untersuchte deshalb, ob das Betätigen der «gefällt mir»-Funktion, mit welchem die Unterstützung für einen rassendiskriminierenden Beitrag auf Facebook kundgetan wird, den Tatbestand der Rassendiskriminierung erfüllt.
Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit dem sog. «Hitlergruss» und mit Blick auf die Tatbestandsvariante von Art. 261 bis Abs. 2 StGB (Verbreitung von rassendiskriminierenden Ideologien) festgehalten, dass den Tatbestand nicht schon erfüllt, wer sich öffentlich zu einer rassendiskriminierenden Ideologie bekennt. Die genannte Tatbestandsvariante setzt voraus, dass der Täter die rassendiskriminierende Ideologie «verbreitet». Mit der Tathandlung des «Verbreitens» ist ein «Werben», ein «Propagieren» gemeint.
Die zur Anklage gebrachte Tatbestandsvariante von Art. 261 bis Abs. 1 StGB stellt rassendiskriminierende «Aufrufe» unter Strafe. Sie erfasst rassendiskriminierende Propaganda in einem weiteren Sinne, weshalb ein blosses Bekenntnis für die Strafbarkeit nicht genügt. Die Tathandlung des Beschuldigten beschränkte sich darauf, dass er einen auf einer fremden Facebook-Seite veröffentlichten Text mit «gefällt mir» markierte. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Beschuldigte seine Zustimmung zum Inhalt ausdrücken wollte, erschöpfe sich die Äusserung in einem blossen Bekenntnis, welches straflos bleiben müsse, so das Kantonsgericht. Es sprach den Beschuldigten in diesem Anklagepunkt frei.
Der Beschuldigte wird wegen mehrfacher Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 und Abs. 4 StGB zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen zu je CHF 140.00 verurteilt, ausmachend CHF 7'700. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren. Die Kosten der Verfahren im Umfang von CHF 7’300.00 werden zu zwei Dritteln dem Beschuldigten auferlegt.