Cas 2004-057N

„Asylantenheim Nein Danke“

Fribourg

Historique de la procédure
2004 2004-057N Die 1. Instanz verurteilt den Beschuldigten.
Critères de recherche juridiques
Autorité/Instance 1ère instance cantonale
Acte / Eléments constitutifs objectifs Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase)
Objet de protection Race;
Ethnie
Questions spécifiques sur l'élément constitutif Bien juridique protégé
Mots-clés
Auteurs Acteurs politiques
Victimes Requérants d'asile
Moyens utilisés Ecrits
Environnement social Associations / Fédérations / Organisations
Idéologie Racisme (nationalité / origine)

Synthèse

Im Zusammenhang mit der vom Kanton Freiburg geplanten Errichtung eines Asylantenheims wurde in den Haushalten von der Gemeinde X. ein Flugblatt mit folgendem Inhalt verbreitet:
"Asylantenheim NEIN DANKE!
Bürger von Plaffeien
! Willst du, dass auf dem Schulhof mit Drogen gehandelt wird?
! Willst du, dass deine Frau, Mutter, Kind usw. auf der Strasse belästigt werden?
! Willst du, dass die Grundstückpreise und der Wert der Gemeinde Y. sinken?
! Willst du für Leute Arbeiten, die den ganzen Tag im Restaurant sitzen und dein
Geld versaufen?
Wenn ja, so musst du für das Asylbewerber-Haus einstehen.
Wenn nein, dann kämpf mit uns gegen solche Machenschaften!"

Als Verantwortlichen für die Verteilung des Flugblattes wurde der Delegierte Y. der Partei Z. ermittelt, deren Vorstand, bestehend aus 12 Personen, das Flugblatt ausgearbeitet hat. Der Druck sei durch Partei Z. erfolgt. Den Auftrag an die Post Plaffeien, das Flugblatt zu verteilen, habe jedoch der Beschuldigte Y., erteilt. Der Beschuldigte Y. wurde mit Strafbefehl des Untersuchungsrichters wegen Rassendiskriminierung für schuldig befunden und zu einer Busse von Fr. 500.-- verurteilt, wobei der Eintrag der Busse bei Wohlverhalten nach einer Probezeit von 2 Jahren löschbar ist. Er erhob fristgerecht Einsprache gegen diesen Strafbefehl beim zuständigen Bezirksgericht. Das Bezirksgericht hält den Strafbefehl der Vorinstanz aufrecht.

En fait / faits

Im Zusammenhang mit der vom Kanton Freiburg geplanten Errichtung eines Asylantenheims wurde in den Haushalten von der Gemeinde X. ein Flugblatt mit folgendem Inhalt verbreitet:
"Asylantenheim NEIN DANKE!
Bürger der Gemeinde X.
! Willst du, dass auf dem Schulhof mit Drogen gehandelt wird?
! Willst du, dass deine Frau, Mutter, Kind usw. auf der Strasse belästigt werden?
! Willst du, dass die Grundstückpreise und der Wert der Gemeinde Y. sinken?
! Willst du für Leute Arbeiten, die den ganzen Tag im Restaurant sitzen und dein
Geld versaufen?
Wenn ja, so musst du für das Asylbewerber-Haus einstehen.
Wenn nein, dann kämpf mit uns gegen solche Machenschaften!"

Als Verantwortlichen für die Verteilung des Flugblattes wurde der Delegierte Y. der Partei Z. ermittelt, deren Vorstand, bestehend aus 12 Personen, das Flugblatt ausgearbeitet hat. Der Druck sei durch Partei Z. erfolgt. Den Auftrag an die Post Plaffeien, das Flugblatt zu verteilen, habe jedoch der Beschuldigte Y., erteilt. Der Beschuldigte Y. wurde mit Strafbefehl des Untersuchungsrichters wegen Rassendiskriminierung für schuldig befunden und zu einer Busse von Fr. 500.-- verurteilt, wobei der Eintrag der Busse bei Wohlverhalten nach einer Probezeit von 2 Jahren löschbar ist. Er erhob fristgerecht Einsprache gegen diesen Strafbefehl beim zuständigen Bezirksgericht.

En droit / considérants

Der Beschuldigte bestreitet in seiner Einsprache seine direkte Verantwortlichkeit für das Flugblatt. Das Papier sei von der Partei Z. zu verantworten und darum sei sie und nicht er anzuklagen.

Das Gericht führt hierzu aus, dass der Beschuldigte Mitglied des Vorstandes der Partei Z ist. Weiter ist er gemäss seiner eigenen Aussage für die Westschweiz, insbesondere für Freiburg, zuständig. Bei der Ausarbeitung des Flugblattes im Vorstand habe er mitgewirkt. Zudem habe er selbst der Post der Gemeinde X. den Auftrag gegeben, die Flugblätter in den Haushalten zu verteilen. Des Weiteren ergaben die Abklärungen der Polizei, dass der Beschuldigte als Ansprechpartner der Sektion der Partei Z. in Freiburg der Inhaber des auf dem Flugblatt angegebenen Postfaches ist.

Dies sind gemäss Gericht insgesamt genügend Indizien dafür, dass der Beschuldigte wesentlich mitverantwortlich an der Entstehung und Verbreitung des Flugblattes und daher auch für dessen Inhalt verantwortlich ist.

  • Schutzobjekt

Der Beschuldigte ist in seiner Einsprache ausserdem der Meinung, dass die auf dem Flugblatt befindlichen Äusserungen sich weder gegen eine Rasse noch gegen eine oder mehrere Ethnien richtet. Das Gericht hält hierzu fest, dass nach Analyse des Textes davon auszugehen ist, dass der Begriff Asylant des Flugblattes als Sammelbegriff für eine andere Rasse oder Ethnie steht, wobei die Rasse oder Ethnie nicht bestimmbar zu sein braucht. Gemäss Gericht äussert sich die Verwendung des Begriffes «Asylant» als Sammelbegriff dadurch, dass im gegebenen Fall eine kollektive Schmähung aller Andersrassigen stattfindet. Die Äusserungen zielen nach Meinung des Gerichtes immer auf die jeweilig anwesende Gruppe Asylanten ab, die gerade in der Unterkunft untergebracht ist. Dem Urheber komme es dabei aber nicht darauf an, was für eine Rasse oder Ethnie sie ist. Für ihn sei es wesentlich, dass sie, die Asylanten, keine Schweizer sind.
  • Tathandlung

Mit Bezug auf den Tatbestand der Herabsetzun kommt das Gericht zum folgenden Schluss: Eine Gruppe wird im Sinne von Art. 261bis StGB herabgesetzt, wenn ihr aufgrund der Gruppenzugehörigkeit bzw. -eigenschaft die Gleichwertigkeit bzw. die Gleichberechtigung als menschliches Wesen abgesprochen wird. Die Zuschreibung einzelner Verhaltensweisen und Eigenschaften verletzen die Menschenwürde, wenn sie eine Minderberechtigung bzw. die umfassende Minderwertigkeit einer Gruppe implizieren.

Gemäss Gericht erfolgt die Herabsetzung im vorliegenden Fall in den ersten beiden Fragen des Flugblattes. Aus ihnen wird die Schlussfolgerung gezogen, dass Asylanten mit Drogen handeln sowie Frauen, Mütter, Kinder usw. auf der Strasse belästigen. Die Äusserungen wurden bewusst gemacht und verletzen Art. 261bis StGB, obwohl sie auch politisch motiviert sind. Die Verletzung liegt nach der Meinung des Gerichtes vor allem darin, dass mit diesen Äusserungen gesagt wird, dass die Asylanten sich kriminell verhalten und es daher nicht tragbar ist, dass sie sich frei unter den Anwohnern bewegen können. Dass sich Asylanten vorwiegend unrechtmässig verhalten, werde auf dem Flugblatt, pauschal auf alle Asylanten bezogen, in Form einer direkten Frage behauptet und so quasi als erwiesene Tatsache dargestellt. Der Angeklagte berief sich an der Sitzung vor dem Polizeirichter auch darauf, dass solches Verhalten von Asylanten, insbesondere das Handeln mit Drogen und das Belästigen von Frauen, allgemein bekannt sei. Somit werden die Asylanten generell als Rechtsbrecher dargestellt, was impliziert, dass sie weggeschlossen oder zumindest von der Gesellschaft ausgeschlossen gehören, was einer Minderberechtigung der Asylanten gleichkommt. Das verletzt gemäss Gericht die Menschenwürde.

  • Verschulden

Das Gericht bemisst die Strafe nach dem Verschulden des Täters. Es berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen (Art. 63 StGB).

Das Gericht bestimmt den Betrag der Busse je nach den Verhältnissen des Täters so, dass dieser durch die Einbusse die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist. Für die Verhältnisse sind namentlich von Bedeutung sein Einkommen und sein Vermögen, sein Familienstand und seine Familienpflichten, sein Beruf und Erwerb, sein Alter und seine Gesundheit (Art. 48 Ziff. 2 StGB).

Aufgrund der Umstände sei das Verschulden des Angeklagten als mittelschwer zu qualifizieren. Der Angeklagte verdient Fr. 4'300.-- netto pro Monat. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Angeklagte hat weder Vermögen noch Schulden. Mit Rücksicht auf diese Umstände erscheint gemäss Gericht eine Busse von Fr. 500.-- als angemessen. Auf Grund dessen, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und somit die Bedingungen von Art. 49 Ziff. 4 StGB erfüllt sind, kann der Eintrag im Strafregister nach zwei Jahren gelöscht werden.

Décision

Der Beschuldigte wird wegen Rassendiskriminierung (Art. 261 bis StGB) zu einer Busse von 500 CHF verurteilt. Die Busse ist im Strafregister nach einer Probezeit von zwei Jahren löschbar (Art. 49 Ziff. 4 StGB). Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer Gerichtsgebühr von Fr. 300.-- und den noch zu bestimmenden Auslagen, werden dem Beschuldigten auferlegt (Art. 229 StPO).