Cas 2006-056N

Beschimpfungen mit «N*****», Abspielen einer rassistischen CD

Schwyz

Historique de la procédure
2006 2006-056N Die 1. Instanz spricht den Angeklagten frei.
2007 2007-018N Die 2. Instanz verurteilt den Angeklagten.
Critères de recherche juridiques
Acte / Eléments constitutifs objectifs Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase)
Objet de protection Race
Questions spécifiques sur l'élément constitutif Publiquement (en public);
Mots-clés
Auteurs Particuliers
Victimes Personnes noires / PoC;
Requérants d'asile
Moyens utilisés Déclarations orales;
Sons / images
Environnement social Lieux publics
Idéologie Racisme (couleur de peau)

Synthèse

Der Angeklagte wird der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB), der versuchten Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 StGB und Art. 22 Abs. 1 StGB) und der einfachen Verkehrsregelverletzung (Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV i.V.m. Art. 90 Ziff. 1 SVG) schuldig gesprochen. Er wird zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten und einer Busse von CHF 200.- als Zusatzstrafe verurteilt.

En fait / faits

Der Angeklagte versuchte mehrmals, zusammen mit einem weiteren Täter (vgl. EKR Datenbank 2006-55), verschiedene Asylunterkünfte in Brand zu setzen. Nach erfolglosen Versuchen, wollten die beiden Angeklagten einige Tage später einen Schwarzen «anfiggen». Hierfür fuhren sie zum Bahnhof. Nachdem der Mitangeklagte (Siehe EKR-Datenbank 2006-55) dem Angeklagten von einem Schwarzen berichtet hatte, der angeblich eine Frau verfolgte, entschlossen sie sich, diesem zu folgen und ihn niederzuschlagen. Dafür zog sich der Angeklagte eine Motorradsturmhaube auf und rüstete sich mit einer Kette aus. Der andere Angeklagte (Siehe EKR-Datenbank 2006-55) bewaffnete sich mit einem Baseballschläger, mit welchem er dann zwei Mal auf das Opfer einschlug. Einer der beiden Täter stellte dem Opfer das Bein. Sie beschimpften das am Boden liegende Opfer mit «He, Arschloch, Nigger go home». Danach liessen sie vom Opfer ab und begaben sich wieder zum Auto. Da sie aber immer noch wütend auf den Schwarzen waren, wendeten sie das Fahrzeug, um diesen nochmals niederzuschlagen. Der Angeklagte verfolgte das Opfer noch einige Meter zu Fuss, liess ihn dann aber auf Geheiss des Mitangeklagten rennen.
Nach diesem Vorfall begaben sich die beiden wieder zum Bahnhof. Dort sassen sie im Auto und hörten die rassistische CD «Die Härte» der Gruppe «Die Türkenjäger», mit dem von Schnellfeuer einer Maschinenpistole untermalten Text «Noch 30 Sekunden, lauf los Neger». Währenddessen kam ihnen ein weiterer Schwarzer entgegen. Die beiden Angeklagten riefen ihm rassistische und beleidigende Worte zu und winkten ihn heran. Sie wiesen ihn an, der Musik zuzuhören. Da das Opfer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, hat es nur «Arschloch» und «Nigger» verstanden. Es bekam Angst und lief weg. Die beiden Beschuldigten wurden wütend und drohten dem Schwarzen mit einem Baseballschläger. Sie verfolgten ihn, wobei sie mehrmals «Arschloch, Nigger» riefen. Infolge Dunkelheit verloren sie das Opfer aus der Sicht und beendeten ihre Suche.


Décision 2006-056N

Die 1. Instanz spricht den Angeklagten frei.

En droit / considérants

Das Gericht prüft im vorliegenden Fall, ob der Angeklagte mit seinen Äusserungen rassendiskriminierend im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB gehandelt hat. Dabei äussert es sich nur zum Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit.
Der Begriff der Öffentlichkeit sei im Strafgesetzbuch nicht zwingend ein einheitlicher und daher nicht bei allen Straftatbeständen gleich auszulegen. Ob Öffentlichkeit im Sinne eines bestimmten Straftatbestandes gegeben sei, hänge wesentlich von dem durch die Strafbestimmung geschützten Rechtsgut sowie davon ab, weshalb darin Öffentlichkeit als strafbegründendes Merkmal vorausgesetzt werde. Der Begriff der Öffentlichkeit in Art. 261bis StGB sei in Anbetracht von Sinn und Zweck dieses strafbegründenden Merkmals und mit Rücksicht auf das durch diese Bestimmung geschützte Rechtsgut der Menschenwürde auszulegen. Das kantonale Strafgericht verweist auf die Begriffsdefinition des Bundesgerichts (vgl. BGE 130 IV 111). Als öffentlich gelten ungeachtet der Zahl der Adressaten alle Äusserungen und Verhaltensweisen, die nicht im privaten Rahmen erfolgen. Als privat sind Äusserungen anzusehen, die im Familien- oder Freundeskreis oder sonst in einem durch persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen geprägten Umfeld erfolgen. Abzustellen ist auf die konkreten Umstände.
Im hier vorliegenden Fall könne nicht von Öffentlichkeit im Sinne der oben wiedergegebenen Definition gesprochen werden. Dem Angeklagten sei es allein darum gegangen, den betreffenden Geschädigten direkt zu beschimpfen, dies aber nicht unter Einbezug einer breiteren Öffentlichkeit. Selbst die Zahl potentieller Zuhörer, welche für die Bejahung der Öffentlichkeit herangezogen werden könnte, dürfte verschwindend klein gewesen sein, da sich der Vorfall an einem Werktag spät abends ereignet habe.
Aufgrund fehlender Öffentlichkeit sei der Angeklagte in diesem Punkt vom Vorwurf der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB freizusprechen.

Auch im Fall des Abspielens der rassistischen CD sei der Tatbestand der Rassendiskriminierung nicht erfüllt, erneut wegen fehlender Öffentlichkeit. Dem Angeklagten ging es darum, lediglich den konkreten Geschädigten zu beschimpfen und nur ihm diese Musik vorzuspielen. Der Angeklagte wird auch hier vom Vorwurf der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB freigesprochen.

Décision

Die 1. Instanz spricht den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB frei.


Décision 2007-018N

Die 2. Instanz verurteilt den Angeklagten.

Décision

Der Angeklagte wird der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB), der versuchten Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 StGB und Art. 22 Abs. 1 StGB) und der einfachen Verkehrsregelverletzung (Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV i.V.m. Art. 90 Ziff. 1 SVG) schuldig gesprochen. Er wird zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten und einer Busse von CHF 200.- als Zusatzstrafe verurteilt.