Zu einer unangemessenen Titelgestaltung (Kat. 4 - Unpassende Titelgestaltung) kann auch das gewählte Bild beitragen. Dies ist der Fall bei einem Bericht von 20 Minutes (Romandie) über die Berufung von zwei Mitgliedern einer politischen Partei gegen ein Urteil wegen Verbreitung einer Karikatur über Menschen mit fahrender Lebensweise. Der Text selbst enthält keine diskriminierenden Elemente. Im Gegenteil, er behandelt sachlich einen Gerichtsprozess wegen Diskriminierung. Durch die Illustration mit dem Bild, für das die beiden Personen verurteilt wurden, wird dieser Artikel zum klassischen Beispiel eines Beitrags, der als «sachlich und unparteiisch» bezeichnet werden könnte und der dennoch die Stereotypen zementiert, die Gegenstand der Verurteilung sind. Was manchmal zu Recht als Ungeschicklichkeit erscheinen kann, wird oft auch strategisch eingesetzt, denn so kann man sich von der Botschaft des Bildes distanzieren, diese aber dennoch verbreiten und seine mediale «Schlagkraft» nutzen. Nur schon durch die Bildinhalte wird der Schaden, den das Gericht verurteilt hat, erneut angerichtet. Dies geschieht insbesondere über die sozialen Netzwerke.
Die Version der gleichen Meldung für die Deutschschweiz wählt eine differenziertere Lösung: Die Illustration besteht aus einer Serie von Bildern, von denen das erste eine der beiden verurteilten Personen zeigt. Hier stellen sich hingegen ethische Fragen im Zusammenhang mit dem Persönlichkeitsschutz der angeklagten Personen. Die Karikatur, die Gegenstand der Beschwerde war, erscheint an dritter Stelle der Serie. Es ist zwar grundsätzlich fragwürdig, die Karikatur in die Serie aufzunehmen (das Bild hat durchaus einen gewissen Informationswert, könnte aber auch nur in Worten beschrieben werden), sie erscheint aber wenigstens erst an dritter Stelle. Dadurch wird sie auf ihren Informationsgehalt reduziert.