Fall 2006-018N

Beschimpfungen im Zug: «Scheissjuden», «ein Zug nach Auschwitz»

Basel-Stadt

Verfahrensgeschichte
2006 2006-018N 1. kantonale Instanz verurteilt den Angeklagten.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt keine Ausführungen zum Schutzobjekt
Spezialfragen zum Tatbestand keine
Stichwörter
Opfergruppen Juden
Tatmittel Wort
Gesellschaftliches Umfeld Öffentliche Orte;
Freizeit / Sport
Ideologie Antisemitismus

Kurzfassung

Der Angeklagte reiste im Zug, der mit israelischen und Schweizer Fans besetzt war, zum Fussball-WM-Qualifikationsspiel zwischen der Schweiz und Israel. Während der Fahrt rempelte er den Geschädigten auf dem Weg zur Toilette an, worauf dieser ihm eine Ohrfeige versetzt haben soll. Der Angeklagte wiederum warf ihm daraufhin eine Bierdose an (beidseitiger Verzicht auf Strafantrag wegen Tätlichkeiten). Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung beschimpfte der Angeklagte den Geschädigten und die übrigen israelischen Fussballfans mit dem Ausdruck «Scheissjuden» und rief laut «ein Zug, ein Zug, ein Zug nach Auschwitz».

Das Gericht ist der Überzeugung, «eine Bemerkung wie ‹nächste Station Auschwitz› oder ‹ein Zug nach Auschwitz› stellt eine gröbliche Verharmlosung des grössten Völkermordes der Neuzeit dar und erfüllt den Tatbestand der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB».

Der Angeklagte wird zu einer Busse von CHF 500.- verurteilt.

Rechtliche Erwägungen

Das Gericht hält fest, der Angeklagte bestreite zwar, sich in dieser Weise geäussert zu haben, eine Zeugin gebe aber an, der Angeklagte habe ihr gegenüber bestätigt, dass er sich gegenüber dem Geschädigten im Zusammenhang mit «Auschwitz» unklug geäussert habe.

Das Gericht ist der Überzeugung, «eine Bemerkung wie ‹nächste Station Auschwitz› oder ‹ein Zug nach Auschwitz› stellt eine gröbliche Verharmlosung des grössten Völkermordes der Neuzeit dar und erfüllt den Tatbestand der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB».

Das Verschulden des Angeklagten wiegt nach der Meinung des Gerichtes objektiv nicht mehr leicht: «Seine Äusserungen waren verletzend, äusserst primitiv und keinesfalls tolerierbar.» Immerhin könne ihm zugute gehalten werden, dass es ihm in der aufgeheizten Stimmung auf der Fahrt per Fanzug an das Fussballspiel wohl weniger darum gegangen sei, tatsächlich die Juden als Religionsgemeinschaft zu verunglimpfen, als vielmehr darum, Parolen gegen den sportlichen Gegner Israel zu skandieren. Dabei habe er sich allerdings gründlich im Ton vergriffen, wobei ihn auch seine Angetrunkenheit nicht zu entschuldigen vermöge. Dass er nach der Tat mehrfach um Verzeihung gebeten habe, sei ihm ebenso zugute zu halten wie sein tadelloser Leumund sowie sein geordnetes Vorleben (Koch- und KV-Lehre, Sprachaufenthalt in England, Arbeitstelle in der EDV-Branche mit einem monatlichen Einkommen von CHF 4100.-, lebt noch bei den Eltern).

Eine Busse von CHF 500.- erscheint dem Gericht angemessen.

Entscheid

Der Angeklagte wird der Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 für schuldig erklärt und zu einer Busse von CHF 500.- verurteilt.