Fall 2006-012N
Bern
Verfahrensgeschichte | ||
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2006 | 2006-012N | 1. Instanz stellt das Strafverfahren ein. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Aufruf zu Hass und Diskriminierung (Abs. 1); Verbreiten von Ideologien (Abs. 2); Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1) |
Schutzobjekt | Rasse; Ethnie |
Spezialfragen zum Tatbestand | keine |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Kollektive Akteure |
Opfergruppen | Schwarze Personen / PoC; Ausländer und Angehörige verschiedener Ethnien |
Tatmittel | Wort; Ton / Bild; Verbreiten von rassistischem Material |
Gesellschaftliches Umfeld | Öffentliche Orte; Kunst und Wissenschaft |
Ideologie | Rassismus (Nationalität / Herkunft) |
Der Beschuldigte spielte zusammen mit den anderen Bandmitgliedern an einem Konzert Lieder von ihren CDs mit folgenden Textpassagen:
«wir wollen unsere Rasse erhalten, das Ziel andere Völker abzuspalten»«Für eine reine weisse Schweiz, wir müssen kämpfen und das mit Fleiss, eine starke Einheit müssen wir werden, sonst wird unser Volk schnell aussterben, die Zeit ist gekommen jetzt sofort, jagt die fremde Brut wieder fort»
Nach der ausführlichen Würdigung der einzelnen Aussagen des Angeschuldigten und seiner Bandmitglieder und eingehender Prüfung der Liedtexte kommt das Gericht zum Schluss, dass einzelne Textpassagen zwar klar als «fremdenfeindlich» bezeichnet werden müssten, dass zur Zeit aber keine stichhaltigen Hinweise für einen Verstoss gegen Art. 261bis StGB vorlägen. Keine der Textpassagen in den Liedern der CDs der Gruppe X richte sich explizit gegen eine bestimmte Gruppe von Personen, die von dieser Norm geschützt werde, sondern gegen kulturfremde Personen allgemein. Im Zusammenhang mit dem geschützten Personenkreis sei insbesondere die Bezeichnung Ausländer oder ausländisch problematisch. Grundsätzlich handle es sich dabei um eine Gruppe, die dem Schutzbereich der Strafnorm entzogen sei. Sobald der Begriff allerdings stellvertretend für eine Ethnie gebraucht werde, falle er in den Anwendungsbereich von Art. 261bis StGB.
Das Gericht hebt deshalb die Strafverfolgung auf.
Die anderen Bandmitglieder wurden im selben Strafverfahren beurteilt, siehe 2006-011N, 2006-013N und 2006-014N Datenbank EKR.
Der Beschuldigte spielte zusammen mit den anderen Bandmitgliedern an einem Konzert Lieder von ihren CDs mit folgenden Textpassagen:
«wir wollen unsere Rasse erhalten, das Ziel andere Völker abzuspalten»«Für eine reine weisse Schweiz, wir müssen kämpfen und das mit Fleiss, eine starke Einheit müssen wir werden, sonst wird unser Volk schnell aussterben, die Zeit ist gekommen jetzt sofort, jagt die fremde Brut wieder fort»
Gegen den Angeschuldigten und die weiteren Bandmitglieder wurde von verschiedenen Seiten Anzeige wegen Rassendiskriminierung und öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit erstattet.
Zuerst weist das Gericht darauf hin, dass man bei der Beurteilung der Liedtexte zunächst differenzieren müsse zwischen Textpassagen, die als «schlicht geschmacklos bzw. moralisch fragwürdig und beleidigend» beurteilt werden müssen und solchen, die strafrechtlich von Bedeutung seien. Zudem müsse unterschieden werden zwischen fremdenfeindlichen Aussagen, die nicht zwingend unter den Straftatbestand von Art. 261bis fielen und Textpassagen, die gegen diese Norm verstossen würden.
Grundsätzlich sei auch zu beachten, dass der Angeschuldigte und seine Bandmitglieder «sich als Rockband sehen und deren Image entsprechend provozieren wollen.» Daher müsse zusätzlich versucht werden, die blosse Provokation von den ernsthaften Absichten abzugrenzen.
Zudem sei auch immer der Aspekt des Grundrechts auf Meinungsäusserungsfreiheit zu berücksichtigen.
Dann erklärt das Gericht, aus den Einvernahmen des Angeschuldigten und seiner Bandmitglieder gehe im Grundsatz einhellig hervor, «dass mit der von ihnen proklamierten Unterscheidung von Rassen insbesondere eine Unterscheidung gemeint ist zwischen Personen, die der gleichen Kultur angehören wie die Angeschuldigten wohl einschränkend gemeint die europäische, westliche Kultur und so genannt kulturfremden Personen bzw. Bevölkerungsgruppen. Basierend auf dieser Unterscheidung vertreten die Angeschuldigten als Grundtenor in ihren Liedern unter anderem die Meinung, dass die verschiedenen Volksgruppen bzw. Rassen bzw. Kulturen in das jeweilige geographische Gebiet gehören, wo sie ihre Wurzeln haben, dass mit der Unterscheidung aber nicht eine Wertung zwischen den verschiedenen Rassen vorgenommen werden soll.»
Danach listet das Gericht die einzelnen Aussagen des Angeschuldigten und seiner Bandmitglieder auf:
Nach eingehender Prüfung der Liedtexte kommt das Gericht schliesslich zum Schluss, dass einzelne Textpassagen zwar klar als «fremdenfeindlich» bezeichnet werden müssten, dass zur Zeit aber keine stichhaltigen Hinweise dafür vorlägen, dass der Angeschuldigte und seine Bandkollegen eine Person oder eine Gruppe von Personen im Sinne von Art. 261bis StGB herabgesetzt oder diskriminiert hätten oder zu Hass oder Diskriminierung aufgerufen hätten. Keine der Textpassagen in den Liedern der CDs der Gruppe X richte sich explizit gegen eine bestimmte Gruppe von Personen, die von Art. 261bis StGB geschützt werde, sondern gegenkulturfremde Personen allgemein. Auch lasse sich nicht nachweisen, dass der Angeschuldigte und seine Bandkollegen eine Ideologie im Sinne von Art. 261bis StGB verbreitet hätten.
Es sei in diesem Zusammenhang insbesondere zu berücksichtigen, dass der geschützte Personenkreis dieser Strafnorm beschränkt sei. Problematisch sei etwa die Bezeichnung Ausländer oder ausländisch. Grundsätzlich handle es sich dabei aber um eine Gruppe, die dem Schutzbereich entzogen sei. Die Unterscheidung Ausländer und Inländer beruhe denn auf der jeweiligen Staatszugehörigkeit, was eine sachlich gerechtfertigte Unterscheidung darstelle. Sobald der Begriff allerdings stellvertretend für eine Ethnie gebraucht werde, falle er in den Anwendungsbereich von Art. 261bis StGB.
Auch könne nicht nachgewiesen werden, dass es die Absicht des Angeschuldigten und seiner Bandkollegen war, zu Verbrechen oder gewalttätigen Vergehen aufzufordern.
Da nicht nachgewiesen werden könne, dass die Lieder der Gruppe gegen das Strafgesetzbuch verstossen, könne es auch nicht strafrechtlich relevant sein, wenn die Lieder an einem Konzert vorgetragen würden.
Die Strafverfolgung wird aufgehoben.
Die anderen Bandmitglieder wurden im selben Strafverfahren beurteilt, siehe 2006-011N, 2006-013N und 2006-014N Datenbank EKR.
Das Gericht hebt die Strafverfolgung auf.