Fall 2010-021N
St. Gallen
Verfahrensgeschichte | ||
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2010 | 2010-021N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt die Angeklagte. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Behörde/Instanz | Zuständige Strafverfolgungsbehörde |
Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1) |
Schutzobjekt | Ethnie |
Spezialfragen zum Tatbestand | Öffentlichkeit |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Privatpersonen |
Opfergruppen | Muslime |
Tatmittel | Wort |
Gesellschaftliches Umfeld | Nachbarschaft |
Ideologie | Muslimfeindlichkeit |
Die Angeklagte beschimpfte die Klägerin und ihre Familie im Treppenhaus sowie auf der Strasse regelmässig mit Aussagen wie "muslimische Schlampe", "islamische Terroristin" und die Türken sollen "verrecken". Die Angeklagte gestand, die Klägerin als "islamistische Terroristin" bezeichnet zu haben, bestritt jedoch die Bezeichnung "muslimische Schlampe" benützt zu haben oder etwas gegen Türken gesagt zu haben. Eine andere Nachbarin bestätigte indes die Aussagen der Klägerin in allen Punkten.
Da die Aussagen vorwiegend lautstark auf offener Strasse geäussert worden seien und schliesslich mindestens auch durch eine Nachbarin wahrgenommen worden waren, schliesst die Strafverfolgungsbehörde, dass das Tatbstandsmerkmal der Öffentlichkeit erfüllt sei. Mit der Bezeichnung als "islamistische Terroristin" sei die Geschädigte des Weiteren in Bezug auf ihre Religionszugehörigkeit beschimpft worden. Die Strafverfolgungsbehörde hält fest, dass in der Praxis rassistische Beschimpfungen regelmässig als Verletzung der Menschenwürde qualifiziert werden. Ausserdem habe die Angeklagte geäussert, die Türken sollen "verrecken". Fälle, in denen einem Opfer die Existenzberechtigung oder die Menschqualität abgesprochen würden, ordne die Praxis ebenfalls regelmässig eindeutig der Rassendiskriminierung zu. Da die Angeklagte sinngemäss öffentlich geäussert habe, die Türken sollten in ihrer Gesamtheit grausam sterben, habe sie klarerweise den Türken als Volk, und demnach einer Ethnie, die Existenzberechtigung gänzlich abgesprochen.
Auch habe die Angeklagte um den diskriminierenden Inhalt ihrer Aussagen wissen müssen, womit sie zumindest eventualvorsätzlich die Wahrnehmung von Drittpersonen und damit die Diskriminierung der Geschädigten in Kauf genommen habe.
Die Angeklagte habe sich demnach wegen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB strafbar gemacht.
Des Weiteren wurde die Angeklagte der Verleumdung für schuldig erklärt.
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt die Angeklagte wegen Verleumdung und Rassendiskriminierung zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 70.00 sowie zu einer Busse von 500.00.