Fall 2012-025N
Thurgau
Verfahrensgeschichte | ||
---|---|---|
2012 | 2012-025N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verurteilt den Beschuldigten. |
Juristische Suchbegriffe | |
---|---|
Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Aufruf zu Hass und Diskriminierung (Abs. 1); Verbreiten von Ideologien (Abs. 2); Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1); Leugnung von Völkermord (Abs. 4 Hälfte 2) |
Schutzobjekt | keine Ausführungen zum Schutzobjekt |
Spezialfragen zum Tatbestand | keine |
Stichwörter | |
---|---|
Tätergruppen | Privatpersonen |
Opfergruppen | Juden |
Tatmittel | Wort; Schrift; Ton / Bild; Verbreiten von rassistischem Material |
Gesellschaftliches Umfeld | Öffentliche Orte; Medien (inkl. Internet) |
Ideologie | Antisemitismus |
Der Beschuldigte verteilte diverse Flugblätter, einerseits indem er sie unter die Fahrzeugscheibenwischer von ca. 15 parkierten Fahrzeugen klemmte, andererseits indem er sie während eines halben Jahres in mindestens 28 Briefkästen diverser Haushalte deponierte. Die Flugblätter enthalten unter anderem folgende Passagen: „Die wahre Geschichte des 1. und 2. Weltkriegs ist von den Zionisten und ihrer Brut den parasitären Juden, deren heilige Schriften Tora, Talmut etc. vom Teufel stammen, zu ihren Vorteilen gefälscht worden. […] Die Vernichtung von sechs Millionen Juden während dem 2. Weltkrieg ist die grösste Lüge […]. Die weltweite Vernichtung der Juden ist die logische Konsequenz um weitere Kriege und Lügen zu vermeiden. Diese Teufelsbrut muss geschickt überlistet und vernichtet werden, bevor sie selbst davon Kenntnis hat.Anderenfalls werden sie nicht zögern, die von ihren Marionetten erhaltenen Atombomben vor ihrem Untergang zu starten. […] Die weltweite Vernichtung der Zionisten (Teufel in Menschengestalt) und den Juden ist besser als der grösste Teil der Weltbevölkerung zu opfern. […] Die absichtliche Rassenvermischung durch die Masseneinwanderung wird von den Zionisten […] betrieben. Sie wollen uns, die arische Rasse, ausrotten. Das ist Volksmord, ein Schwerverbrechen. […] die Zeit ist reif, um die Juden für immer zu vernichten. […] Du Adolf Hitler, unser Vater im Himmel. Geheiligt werde dein Name Joseph Schickelgruber. […] Dein kruppstählerner Wille geschehe im Himmel wie auf Erden. Durch unseren arischen Fleiss ernähren wir uns selbst. Vergib uns unsere wahren Schulden, aber nicht den Holocaust an der Brut des Teufels, […] sondern erlöse uns von diesen geisteskranken Teufeln und ihren Arschkriechern. […] Sieg Heil. Diese Nachricht sollt ihr weiterverbreiten, aber nicht den parasitären Juden“. Des Weiteren beinhalten die Flugblätter Passagen, die die jüdischen Schriften verunglimpfen und als „Werk geisteskranker jüdischer Teufel“ bezeichnet. Durch das Verteilen der besagten Flugblätter adressierte der Beschuldigte einen grösseren Kreis von Personen, welche mit ihm nicht in einer persönlichen Beziehung stehen.
Der Beschuldigte verbreitete ausserdem über ein Amateurfunkrelais, über welches er ein grosses Publikum von Amateurfunkkonzessionären erreichen konnte, u.a. folgende Äusserungen über die Juden: „dieser durch Inzucht zur Missgeburt gezüchtete geistige Abschaum in Menschengestalt“, „die Wiedergutmachungszahlungen für den angeblichen Holocaust, den es gar nie gegeben hat, sollten aufhören“, „man muss die jüdische Brut ausmerzen und vernichten“, „[…] verschwinden wieder christliche Kinder, arische Kinder […] werden von den Juden abgeschlachtet […]. Das Blut wird aufgefangen und in ein Gebäck gemischt und dann von diesem geisteskranken, dreckigen Abschaum gegessen. […] Das machen sie jedes Jahr.“, „Juden betrachten alle anderen als Vieh […]“ und „auch die obersten Zionisten müssen aufgespürt und vernichtet werden, sonst beginnen sie wiedereine neue Brut […] zu züchten“. Zudem sprach er das oben erwähnte „Adolf-Hitler-Gebet“ und bezeichnete die Juden mehrmals als „verdammte Teufelsbrut“, „verlogene geisteskranke Teufel“, „auserwähltes Volk des Teufels“ und Ähnliches. Er tat dies jeweils, ohne im Besitz einer Funkkonzession zu sein.
Zu einem anderen Zeitpunkt teilte der Beschuldigte dem Amateurfunker A. über ein Amateurfunkrelais folgendes mit: „[…] ich habe dich nämlich schon länger im Visier und den anderen Latschi da […] auch. […] Der ist nächstens fällig […] dann fahren beide nur noch im Rollstuhl umher […]“. Durch diese Aussage fühlte sich A. beängstigt und befürchtete, dass der Beschuldigte seine Äusserungen in die Tat umsetzen könnte.
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde erkennt den Beschuldigten der mehrfachen Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB), der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 1,2 und 4 StGB) sowie des mehrfachen Störens des Fernmeldeverkehrs (Art. 51 FMG) für schuldig. Sie bestraft ihn mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je CHF 50.00, bedingt erlassen bei einer Probezeit von drei Jahren, sowie mit einer Busse von CHF 1000.00. Bei schuldhafter Nichtbezahlung tritt an Stelle der Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen. Die Verfahrenskosten werden dem Beschuldigten auferlegt.