Fall 2020-030N

Im privaten Facebook-Chat: Er könne nach Deutschland gehen, um dort Hartz4 zu beantragen

Schwyz

Verfahrensgeschichte
2020 2020-030N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren ein.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt Schutzobjekt allgemein
Spezialfragen zum Tatbestand Öffentlichkeit;
Subjektiver Tatbestand
Stichwörter
Tätergruppen Privatpersonen
Opfergruppen Ausländer und Angehörige verschiedener Ethnien
Tatmittel Schrift;
Elektronische Kommunikation
Gesellschaftliches Umfeld Soziale Medien
Ideologie Rassismus (Nationalität / Herkunft)

Kurzfassung

Der Angeklagte schrieb der Beschwerdeführerin über eine private Facebook-Nachricht : «Idiot», «drurigä huärä Vollpfoschtä» und, dass er nach Deutschland gehen könne, wo er herkomme, um dort Hartz4 zu beantragen. Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren ein.

Sachverhalt

Die Kantonspolizei Schwyz publizierte via Facebook eine öffentliche Mitteilung, wonach zwei Personen verzeigt worden seien, weil sie mit ihren Personenwagen unnötig Lärm verursacht hätten. Der Ankläger kommentierte diese Mitteilung und beklagte sich über einen Typen mit einem weissen Subaru Impreza und einem BMW 3-er und schrieb, dass an diesen Fahrzeugen einiges nicht legal sei. Der Beschuldigte erkannte sich in diesem Kommentar wieder. Er schrieb dann dem Ankläger über Facebook-Messenger eine private Nachricht. In dieser Nachricht bezeichnete er den Ankläger unter anderem als ,«Idiot», ,«drurigä huärä Vollpfoschtä» und, dass er nach Deutschland gehen könne, wo er herkomme, um dort Hartz4 zu beantragen.

Rechtliche Erwägungen

Der Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht.

Der objektive Tatbestand der Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB erfordert eine die Menschenwürde verletzende Tathandlung. Die Menschenwürde wird verletzt, wenn eine Person oder Personengruppe aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit die Gleichberechtigung bzw. Gleichwertigkeit als menschliches Wesen abgesprochen wird. Nationen und Nationalitäten werden als solche, d.h. als rechtliche Kategorien, von Art. 261bis StGB nicht erfasst, sofern mit der Nationalität nicht die betreffende Ethnie gemeint ist (BaKomm, SCHLEIMINGER METTLER, N 9 und N 16 zu Art. 261bis StGB). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern mit der Äusserung, wonach nach Deutschland gehen und dort Hartz4 beantragen könne, diesem aufgrund seiner angeblichen Herkunft die Gleichberechtigung bzw. Gleichwertigkeit als menschliches Wesen abgesprochen haben sollte. Durch die Aussage wird nicht die Qualität als Mensch überhaupt und die Position als gleichwertiges, zu respektierendes Wesen und Teilnehmer der menschlichen Gesellschaft abgesprochen.

Ferner ist fraglich, ob vorliegend das objektive Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit erfüllt ist. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gelten Tathandlungen als öffentlich, wenn sie an einen grösseren, durch persönliche Beziehungen nicht zusammenhängenden Kreis von Personen gerichtet sind. Der Beschuldigte machte die Äusserung gegenüber jedoch privat über den Facebook-Messenger, womit die Äusserung von Dritten nicht wahrgenommen werden konnte.

Subjektiv verlangt Art. 261bis Abs. 4 StGB Vorsatz, wobei Eventualvorsatz genügt. Der Täter muss zumindest in Kauf nehmen, mit seiner Äusserung eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabzusetzen oder zu diskriminieren. sagte gegenüber der Polizei klar aus, dass es ihm nie um eine Rasse gegangen sei und er nie die deutschen Staatsbürger habe beleidigen oder alle Deutschen irgendwie negativ habe darstellen wollen. Aufgrund dieser Aussagen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte (eventual-)vorsätzlich handelte.

Der Tatbestand der Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB ist demnach nicht erfüllt und das Strafverfahren ist diesbezüglich einzustellen.

Entscheid

Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren ein.