Fall 2021-073N

«Drecksjuden» an zahlreiche Mail-Empfänger

St. Gallen

Verfahrensgeschichte
2021 2021-073N Der Beschuldigte wird u.a. der mehrfachen Diskriminierung i.S.v. Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig gesprochen.
Juristische Suchbegriffe
Tathandlung / Objektiver Tatbestand Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1)
Schutzobjekt Ethnie;
Religion
Spezialfragen zum Tatbestand keine
Stichwörter
Tätergruppen Privatpersonen
Opfergruppen Juden
Tatmittel Elektronische Kommunikation
Gesellschaftliches Umfeld Medien (inkl. Internet)
Ideologie Antisemitismus

Kurzfassung

Der Beschuldigte versandte mehrere E-Mails mit antisemitischen Inhalten an zahlreiche Mail-Empfänger, u.a. an deutsche Verlage und Zeitungen sowie Schweizer Zeitungen und Parteien.
Namentlich bezeichnet er Angehörige des jüdischen Glaubens als «Drecksjuden» und macht mehrfach die Aussage, dass die Juden nach Ausschwitz gehörten.
Der Beschuldigte wird u.a. der mehrfachen Diskriminierung i.S.v. Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig gesprochen.

Sachverhalt

Der Beschuldigte versandte eine E-Mail an 32 Empfänger, wobei es sich primär um verschiedene deutsche Verlage und Zeitungen handelte, mit u.a. folgenden Inhalten:
«Die Massen erkennen jetzt endlich, dass die gesamte Ideologie des Neoliberalismus der Drecksjuden nur zum Zweck hatte, die 99 Prozent als Sklaven zu behandeln».
Der Beschuldigte versandte weitere E-Mails an zahlreiche Empfänger, u.a. deutsche Verlage und Zeitungen sowie Schweizer Zeitungen und Parteien, mit u.a. folgenden Inhalten:
«Betreff: Sind Weiber dümmer als Juden?
Intellekt und Verblödung
Wer ist Dümmer? – Die Weiber oder die Juden?
(…) Allerdings gibt es auch die Opfer unter den Juden, aber ihr Verdienst ist es, die dreckigen und kriminellen Juden machen zu lassen was denen beliebt ist, so wie es Obama und Trump taten.»
«Judendreck und Drecksjuden »
«Die Juden wie die Liberalen und ihre Eliten gehören nach Ausschwitz ins Gas»
«Die Wahrheit: Die Juden bauten die Atombombe, übernahmen die Macht in den USA, sie haben sozusagen im Alleingang den Neoliberalismus in 200 Nationen durchgesetzt und sind dran mit ihren Drecksbanken und überschuldeten Staaten, uns alle in den Orkus zu schmeissen»
«Man muss Juden wie Reiermann und Mingels und Pinker in Ausschwitz vergasen, denn diese Kröten des Neoliveralismus [sic] haben mit Thatcher und Reagan und Friedman und Popper eine Zeitbombe gelegt, die JETZT am Explodieren ist.»

Der Beschuldigte versandte ausserdem nachfolgende E-Mail an 18 Empfänger, wobei es sich um verschiedene schweizerische und deutsche Zeitungen handelte.
«Subject: Psychopath [Privatkläger] ist paranoid
Der [Privatkläger] Psychopath und Frauen-Schwulen-Schänder beantwortet die Fragen nach dem Sinn der Menschheit an seiner Streetparade:
1. Fragen nach dem sein und dem Universum sind Blödsinn und ohne Zweck.
2. Gott beantwortet alle Fragen, obschon das Arschloch eine Erfindung von folternden religiösen Arschlöchern ist.
3. Der Mensch ist ungeheuer intelligent und die Gesellschaft das wertvollste, was wir und Trump und WEF Juden haben.
Wir müssen [Privatkläger] ermorden und alle die denken wie dieses Schwein.»

Rechtliche Erwägungen

Der Beschuldigte nahm durch sein Tun – namentlich der Bezeichnung der Angehörigen des jüdischen Glaubens als «Drecksjuden» und der mehrfachen Aussage, dass Juden «nach Ausschwitz ins Gas» gehörten – zumindest billigend in Kauf, öffentlich durch Worte eine Gruppe von Personen wegen ihrer Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossende Weise herabzusetzen gemäss Art. 261bis Abs. 4 StGB.
Ausserdem nahm der Beschuldigte in Kauf, den Ruf des Privatklägers zu schädigen, ihn in Angst und Schrecken zu versetzen, öffentlich zu einem Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit aufzufordern und öffentlich und in gemeiner Weise die Überzeugung anderer in Glaubenssachen zu beschimpfen bzw. zu verspotten.

Entscheid

Der Beschuldigte wird
- der mehrfachen Diskriminierung durch Herabsetzung, aufgrund der Rasse, Ethnie oder Religion i.S.v. Art. 261bis Abs. 4 StGB
- der Üblen Nachrede
- der Drohung
- der öffentlichen Aufforderung zu Verbrechen oder zu Gewalttätigkeit
- der Störung der Glaubens- und/ Kultusfreiheit
schuldig gesprochen.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer unbedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je CHF 80.00. Die Verfahrenskosten werden dem Beschuldigten auferlegt.