Fall 2023-002N
Bern
Verfahrensgeschichte | ||
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2023 | 2023-002N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme. |
Juristische Suchbegriffe | |
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Tathandlung / Objektiver Tatbestand | Aufruf zu Hass und Diskriminierung (Abs. 1); Herabsetzung oder Diskriminierung (Abs. 4 Hälfte 1) |
Schutzobjekt | Ethnie |
Spezialfragen zum Tatbestand | keine |
Stichwörter | |
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Tätergruppen | Keine Angaben zur Täterschaft |
Opfergruppen | Ausländer und Angehörige verschiedener Ethnien |
Tatmittel | Wort; Ton / Bild |
Gesellschaftliches Umfeld | Soziale Medien |
Ideologie | Rassismus (Nationalität / Herkunft) |
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, auf seinem YouTube-Kanal Hassrede gegen Russen und Aufruf zum Völkermord verbreitet zu haben.
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme.
Dem im Schweizer Exil lebenden Beschuldigten wird vorgeworfen, auf seinem YouTube-Kanal Hassrede gegen Russen und Aufruf zum Völkermord verbreitet zu haben. Die fragliche Stelle lautet übersetzt wie folgt:
«Guten Morgen Freunde Ich habe heute Morgen wunderbare Neuigkeiten für euch. Die Krim-Brücke brennt, die als Ehre, Stolz und Würde der russischen Welt galt. Angeblich gab es einen Brand in einem Tankwagen mit Brennstoff. Ihr habt am falschen Ort geraucht. Ihr wisst nicht, wie man raucht, wie man trinkt. Ihr wisst nicht einmal, wie man leben sollte. Erwartet solche Brände und Explosionen in Belgrad, St. Petersburg, Moskau. Wenn alle Russen in Flammen stehen, werden wir uns mit diesem Feuer wärmen. Ihr werdet alle verrecken und wir werden ohne die russische Welt wunderbar leben. Abonnieren Sie den Kanal, liken Sie das Video und teilen Sie den Kanal. Ruhm der heldenhaften Ukraine!»
Öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit (Art. 259 StGB):
Den Tatbestand von Art. 259 StGB erfüllt, wer öffentlich zu einem Verbrechen oder einem Vergehen mit Gewalttätigkeit gegen Menschen oder Sachen auffordert. Vor dem Hintergrund des mutmasslichen Anschlags auf die Krim-Brücke spricht der Beschuldigte in seiner hier zu beurteilenden Äusserung in erster Linie die mit der Ukraine im Krieg stehenden russischen Soldaten und die russische Bevölkerung an und prophezeit ihnen, dass sie als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit weiteren militärischen Anschlägen auch in St. Petersburg und Moskau rechnen müssten. In dieser Prophezeiung über den weiteren Verlauf des Krieges ist keine Aufforderung zu erkennen, mit welcher der Beschuldigte andere Menschen zu einem Handeln zu bestimmen sucht oder die als solche verstanden werden könnte. Der Tatbestand von Art. 259 StGB ist somit eindeutig nicht erfüllt, weshalb kein Verfahren an die Hand zu nehmen ist.
Diskriminierung und Aufruf zu Hass (Art. 261bis Abs. 1 und 4 StGB):
Vor Diskriminierung geschützt werden mit diesen Bestimmungen also Menschen, die einer bestimmten «Rasse», Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung angehören. Eine Rasse oder Ethnie stellt im weitesten soziologischen Sinn eine Menschengruppe dar, die sich aufgrund von angeborenen und unveränderlichen Merkmalen («Rasse») oder kulturellen, sprachlichen und historischen Aspekten (Ethnie) als unterschiedlich von anderen Menschengruppen versteht oder so verstanden wird. Für die Erfüllung des Tatbestandes ist nicht erforderlich, dass eine bestimmte «Rasse» oder Ethnie angeprangert wird, es genügt eine kollektive Schmähung aller «Andersrassigen». Eine Kollektivbezeichnung genügt jedoch nur dann, wenn Ethnie oder «Rasse» gemeint sind. Personen, denen nur die nationale Zugehörigkeit gemeinsam ist, werden von diesen Begriffen nicht erfasst.
Auch wenn die Russen zahlenmässig die grösste Ethnie in Russland darstellen, meint der Beschuldigte in seiner Aussage zweifelsfrei nicht die Russen als Ethnie, sondern die Staatsangehörigen von Russland, welches als Land den Krieg gegen die Ukraine führt. In diesem Russland leben als russische Staatsbürger nun aber weit über 100 verschiedene Völker und Ethnien, die verschiedenen Religionen angehören. Daher fallen die vom Beschuldigten gemeinten «Russen» nicht unter den Schutz von Art. 261bis StGB. Den Bürgern eines kriegführenden Landes eine militärische Niederlage zu wünschen, ist des Weiteren keine Diskriminierung einer «Rasse», Ethnie oder Religion.
Da die beiden infrage kommenden Tatbestände (Art. 261bis Abs. 1 und 4 StGB) somit eindeutig nicht erfüllt sind, ist auch in diesem Punkt kein Verfahren anhand zu nehmen.
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme.