Cas 2002-005N

Betreiben eines Servers für rassistische Websites

Zurich

Historique de la procédure
2002 2002-005N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt die Strafuntersuchung ein.
Critères de recherche juridiques
Acte / Eléments constitutifs objectifs Art. 261bis CP / 171c CPM (aucune spécification des éléments constitutifs)
Objet de protection
Questions spécifiques sur l'élément constitutif Elément constitutif subjectif de l'infraction
Mots-clés
Auteurs Particuliers
Victimes Juifs;
Etrangers et membres d'autres ethnies
Moyens utilisés Autres moyens utilisés
Environnement social Internet (sans réseaux sociaux)
Idéologie Racisme (nationalité / origine);
Extrémisme de droite

Synthèse

Der Angeschuldigte betrieb im Juli 2000 während mehreren Wochen als Provider einen Server, auf dem er kostenlos Speicherplatz für das Ablegen von Homepages zur Verfügung stellte. In der Folge wurden, auch aufgrund des tendenziösen Namens des Servers, ca. 250 Websites mit fremdenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Inhalt auf dem Server abgelegt.

Die Inhalte der inkriminierten Websites fallen nach der Meinung der Strafverfolgungsbehörde ohne Zweifel unter die Rassismusstrafnorm. Sie verneint aber die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Providers, da die Rechtsverletzung selber in erster Linie durch den Produzenten der Inhalte begangen werde. Nur wenn ein Provider in aktiver Weise die Verbreitung der Inhalte moderiere, liege eine strafrechtlich relevante Tätigkeit vor. Die Strafverfolgungsbehörde verneint dieses Aktivwerden bezüglich des angeschuldigten Providers, und das Strafverfahren gegen ihn wird in der Folge eingestellt.

En fait / faits

Der Angeschuldigte wird verdächtigt, als Provider während mehreren Wochen im Juli 2000 eine Web-Portal-Site (Server) betrieben zu haben, die kostenlos Speicherplatz für die Publikation fremdenfeindlicher, rassistischer und nationalsozialistischer Websites (Homepages) zur Verfügung stellte. Es konnten mehrere, grösstenteils mutmasslich von deutschen Urhebern erstellte Internetseiten mit fremdenfeindlichen, rassistischen und nationalsozialistischen Inhalten angewählt werden.

Der Angeschuldigte gibt an, dass er am Anfang die Links nicht überwacht habe. Nach ca. zwei Wochen seien es aber bereits ca. 250 Websites gewesen und er habe nach einer Kontrolle festgestellt, dass einige der Websites zu rechtsextrem gewesen seien. Er habe daraufhin bis auf dreizehn Websites alle vom Netz genommen.

En droit / considérants

Für die Strafverfolgungsbehörde steht ausser Zweifel, dass die Inhalte der auf dem Server des Angeschuldigten abgelegten Homepages unter Art. 261bis StGB fallen. Es fanden sich auf den Websites SS-Zeichen, Hakenkreuze und es wurden u.a. Verschwörungstheorien vertreten, welche die Leugnung des Holocausts zum Ziel hatten. (E.V.2)

Jedoch hat die Strafverfolgungsbehörde abzuklären, inwiefern der Angeschuldigte in seiner Funktion als Provider verantwortlich für den Inhalt der Homepages auf seinem Server war: "Der Provider stellt eine Dienstleistung zur Verfügung; er bietet seinen Kunden die technische Infrastruktur, um Websites und Inhalte ins Netz zu stellen. Die Rechtsverletzung selber wird deshalb in erster Linie durch den Produzenten der Inhalte begangen. Nur wenn ein Provider in aktiver Weise die Verbreitung der Inhalte moderiert, liegt eine strafrechtlich relevante Tätigkeit vor. Dies ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Providers durch Unterlassen setzt voraus, dass sich eine Pflicht zum Tätigwerden begründen lässt. Dem Provider wäre es beispielsweise zuzumuten, entsprechende Abklärungen zu treffen und die betreffenden Verzeichnisse bzw. Daten zu löschen, wenn er über verletzende Inhalte in Kenntnis gesetzt wird. Der Angeschuldigte behauptet, er sei selber und zufällig darauf gestossen, was sich auf seinem Server befinde und zwar gleichzeitig mit den Medien. Daraufhin habe er die entsprechenden Seiten sofort vom Netz genommen. Ausserdem gibt er an, er habe den Speicherplatz jedem Interessierten zur Verfügung gestellt; [...]. (E.V.3a)

Da das [Web-Portal]zum Zeitpunkt der Eröffnung der Strafuntersuchung bereits vom Netz genommen worden war, konnte nur noch die Einstiegsseite sichergestellt werden. Diese gab lediglich darüber Aufschluss, welche Websites über dieses Portal zugänglich waren. Die Behauptung des Angeschuldigten, erst gleichzeitig mit den Medien von den Inhalten der verschiedenen Websites Kenntnis erlangt zu haben, lässt sich nicht widerlegen. Vor diesem Hintergrund kann dem Angeschuldigten nicht mit anklagegenügender Sicherheit nachgewiesen werden, dass er die rechtsverletzenden Inhalte der auf seinem Server abgelegten Homepages kannte und duldete oder die Publikation solcher Inhalte zumindest in Kauf nahm. Strafbares Verhalten ist aber nur anzunehmen, wenn der Provider vom deliktischen Internet-Inhalt konkrete und zuverlässige Kenntnis hat (für den Access-Provider RS 2001 NR.96). Das Verfahren ist damit mangels Erfüllung des subjektiven Tatbestandes einzustellen." (E.V.3b)

Décision

Einstellung der Strafuntersuchung. Sämtlichen Kosten werden dem Angeschuldigten auferlegt.