Cas 2002-028N

Ein Knabe wird von seinen Freunden «Taliban» genannt

Lucerne

Historique de la procédure
2002 2002-028N Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt die Strafuntersuchung ein.
Critères de recherche juridiques
Acte / Eléments constitutifs objectifs Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase)
Objet de protection
Questions spécifiques sur l'élément constitutif Publiquement (en public)
Mots-clés
Auteurs Jeunes
Victimes Musulmans
Moyens utilisés Déclarations orales
Environnement social Voisinage
Idéologie Hostilité à l'égard des personnes musulmanes

Synthèse

Im Juni 2002 erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen die Angeschuldigten wegen Rassendiskriminierung und Beschimpfung. Zu Begründung brachte sie im wesentlichen vor, die beiden Angeschuldigten hätten ihren Sohn als «Taliban» bezeichnet. Sie habe diese Beschimpfung selbst gehört. Das Wort «Taliban» sei rassistisch und diskriminierend.

Anlässlich der polizeilichen Befragung bestätigte der erste Angeschuldigte, er habe den Sohn als Taliban bezeichnet. Dieses Wort höre man aber im ganzen Quartier und er sei kein Rassist. Der zweite Angeschuldigte erklärte der Polizei, er selbst habe den Sohn der Klägerin nie als Taliban bezeichnet. Jedoch benütze das ganze Quartier diesen Namen.

Gemäss der Strafverfolgungsbehörde sei die Beschimpfung nicht öffentlich vorgenommen worden und die Strafuntersuchungen gegen die Angeschuldigten sei folglich einzustellen.

En droit / considérants

Die Strafverfolgungsbehörde führt dazu aus: "Bezüglich des Vorwurfs der Rassendiskriminierung hält Art. 261bis Abs. 4 [Hälfte 1] StGB fest, dass, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert, mit Gefängnis oder mit Busse bestraft wird. Eine der erwähnten Voraussetzungen für die Anwendung dieses Straftatbestandes setzt Handeln in der Öffentlichkeit voraus. Öffentlich heisst durch die Medien, an Veranstaltungen, auf Plätzen und in Lokalen. [...] Diese Voraussetzung ist vorliegend in keiner Art und Weise erfüllt. Selbst die Klägerin hält in ihrer Sachverhaltsdarstellung dafür, die angebliche Betitelung ihres Sohnes als "Taliban" sei nur an diesen selbst gerichtet gewesen und sie habe es gehört. Derartige Konstellationen werden nun aber vom Schutzzweck des Art. 261bis StGB ausdrücklich nicht erfasst. Hierzu stünden allenfalls die Ehrverletzungsdelikte zur Verfügung, welche aber vorliegend, wie erwähnt, nicht zur Anwendung kommen können" (Erw. II 1 und 2).

Décision

Die Strafuntersuchungen werden eingestellt.