Cas 2006-045N
Zurich
Historique de la procédure | ||
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2006 | 2006-045N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt ein Nichteintreten. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Incitation à la haine et à la discrimination (al. 1); Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase) |
Objet de protection | Objet de protection en général |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif |
Mots-clés | |
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Auteurs | Acteurs politiques |
Victimes | Juifs |
Moyens utilisés | Ecrits |
Environnement social | Media (Internet inclus) |
Idéologie | Antisémitisme |
Eine Tageszeitung publizierte ein Inserat einer Partei X mit dem Titel «[Partei X] und kriminelles Israel», in welchem harsche Kritik an der Politik von Israel als «Staat der Juden» geübt wird. U. a. steht darin geschrieben: «Mit Ausnahme der Gaskammern wird das ganze Nazi-Instrumentarium gegen eine seit jeher ansässige Bevölkerung eingesetzt. Weder das Völkerrecht noch die Menschenrechte sind für Israel ein Thema. Der Gazastreifen dient Israel als Ghetto, in dem eine verarmte Bevölkerung so gedemütigt werden soll, dass sie sich in Israel für die niedrigsten Arbeiten zur Verfügung stellt.»
Ein Anwalt erstattet Anzeige gegen die verantwortlichen Organe der Partei X und der Tageszeitung wegen Rassendiskriminierung. Er ist der Meinung, im Inserat würden die Juden in hemmungsloser Weise dämonisiert, verteufelt und ausserhalb der menschlichen Gemeinschaft gesetzt.
Das Gericht tritt nicht auf die Anzeigen ein, da «Israel» als Nationenbezeichnung vom Schutz des Art. 261bis StGB nicht erfasst werde: «Dass Israel im Inserat einleitend als Staat der Juden umschrieben wird, vermag die Nationenbezeichnung Israel nicht zu einer vom strafrechtlichen Schutz des Rassismus-Tatbestandes umfassten Gruppenbezeichnung zu machen, da diese Umschreibung objektiv gesehen schlicht und einfach falsch ist.» Und selbst wenn sie erfasst werden würde, sei es fraglich, ob der Text im Sinne des Rassismus-Tatbestandes als diskriminierend zu bezeichnen wäre: «Bei der Gesamtbetrachtung des fraglichen Inserates wird jedenfalls nicht der Eindruck erweckt die Staatsangehörigen Israels [ ] seien als Menschen zweiter Klasse zu betrachten.»
Eine Tageszeitung publizierte ein Inserat einer Partei X mit dem Titel «[Partei X] und kriminelles Israel», welches folgenden Wortlaut aufwies:
«Unter Rückendeckung der USA hat Israel, der Staat der Juden, mit der erneuten Ermordung eines palästinensischen Führers seine auf Einschüchterung und Terror ausgerichtete Politik gegenüber der Palästinensern, der rechtsmässigen Bevölkerung Palästinas, fortgesetzt. Auf hinterhältige Weise wird die Weltöffentlichkeit unter Berufung auf die an Juden früher verübten Verbrechen getäuscht. Seit dem 2. Weltkrieg ist die Eroberung Palästinas für die Zionisten das Ziel. Mit Ausnahme der Gaskammern wird das ganze Nazi-Instrumentarium gegen eine seit jeher ansässige Bevölkerung eingesetzt. Weder das Völkerrecht noch die Menschenrechte sind für Israel ein Thema. Der Gazastreifen dient Israel als Ghetto, in dem eine verarmte Bevölkerung so gedemütigt werden soll, dass sie sich in Israel für die niedrigsten Arbeiten zur Verfügung stellt. Die Weltöffentlichkeit und insbesondere die USA fanden es 1982 nicht einmal nötig, die Ermordung von 2000 Palästinensern unter den Augen des Verbrechers Sharon zu kommentieren. Die Strategie Israels, durch gezielte Provokationen Widerstand zu wecken und durch dessen Bekämpfung neue Siedlungen und Annexionen zu begründen, hat sich demaskiert.Die [Partei X] fordert den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Israel, die Aufkündigung der transatlantischen Partnerschaft durch die EU und den Abbruch der militärischen Zusammenarbeit der Schweiz mit Israel, bei der es sich um einen schweren Verstoss gegen die Neutralitätspolitik handelt. Der Staat Israel als Brutstätte des Terrors hat sich selbst erledigt.»
Ein Anwalt erstattet Anzeige gegen die verantwortlichen Organe der Partei X, insbesondere deren Präsidenten, sowie allenfalls gegen die für die Veröffentlichung verantwortlichen Organe der Tageszeitung wegen Rassendiskriminierung.
Der Anzeigeerstatter weist insbesondere darauf hin, dass durch die Einleitung «Israel, der Staat der Juden» im Inserat gleich von Beginn weg klar gemacht werde, dass in der Folge nicht nur Israel, sondern alle Juden gemeint seien. So werde letztlich erklärt, dass sich die Juden, die mit Ausnahme der Gaskammern das ganze Nazi-Instrumentarium gegen die Bevölkerung einsetzten, keinen Deut um Menschenrechte und das Völkerrecht kümmerten, die Palästinenser in Ghettos halten, sie erniedrigen und ausbeuten würden. Dadurch würden die Juden letztlich mit den Nazis gleichgesetzt. Mit dem unzulässigen Verglichen des Holocausts der Nazis mit dem Konflikt zwischen den Israeli und den Palästinensern werde der Holocaust im Grunde genommen geleugnet, zumindest jedoch verharmlost. Im Inserat würden die Juden in hemmungsloser Weise dämonisiert, verteufelt und ausserhalb der menschlichen Gemeinschaft gesetzt.
Das Gericht prüft das Inserat in Bezug auf die Erfüllung des Tatbestandes des Rassismus im Sinne von Art. 261bis Abs. 1 und 4 StGB:
Es hält fest, dass «Israel» als Nationenbezeichnung vom Schutz dieser Norm nicht erfasst werde: «Dass Israel im Inserat einleitend als Staat der Juden umschrieben wird, vermag die Nationenbezeichnung Israel nicht zu einer vom strafrechtlichen Schutz des Rassismus-Tatbestandes umfassten Gruppenbezeichnung zu machen, da diese Umschreibung objektiv gesehen schlicht und einfach falsch ist. Israel ist der Staat der Israeli, worunter sich Angehörige aller Religionen finden. [ ] Im weiteren Inserattext wird zudem nur mehr der Begriff Israel verwendet und nicht etwa die Juden - weshalb beim durchschnittlichen Leser auch nicht der Eindruck erweckt wird, die Anwürfe richteten sich pauschal an die Juden als religiöse Gruppierung.»
Zudem fragt sich das Gericht, ob der Text im Sinne des Rassismus-Tatbestandes als diskriminierend zu bezeichnen wäre, wenn davon ausgegangen würde, dass sich der Text gegen die Juden richte. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichts beurteile sich die Strafbarkeit von Äusserungen nach dem Sinn, den der unbefangene Durchschnittsleser diesen unter den jeweiligen konkreten Umständen gebe. Dabei sei der Text nicht allein anhand der verwendeten Ausdrücke, sondern nach dem Sinn, der sich aus dem Text als Ganzes ergebe, zu würdigen. In casu folgert das Gericht: «Eine Herabsetzung der jüdischen Glaubensgemeinschaft oder gar ein Aufruf zur Beschränkung der Religionsfreiheit ist bei Betrachtung des fraglichen Inserates in seiner Gesamtheit nicht auszumachen. Eine Diskriminierung ergibt sich auch nicht durch die Behauptung, dass Israel (hier also unter der Annahme, dass damit die Juden als solche gemeint seien) gegen die Palästinenser mit Ausnahme der Gaskammern das ganze Nazi-Instrumentarium einsetzen würden. So geschmacklos diese Behauptung ist, so wenig wird dadurch erklärt, dass die Staatsangehörigen Israels oder auch nur einzelne Personen davon Nazis seien.» Was die übrigen Äusserungen betreffe, sei insbesondere zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte den Äusserungen zu politischen Fragen ein besonderer Stellenwert zukomme. Laut Bundesgericht sei es in einer Demokratie von zentraler Bedeutung, dass auch Standpunkte vertreten werden könnten, die einer Mehrheit missfielen und für viele schockierend wirkten. Es müsse vielmehr in einer Demokratie möglich sein, auch am Verhalten einzelner Bevölkerungsgruppen Kritik zu üben, solange diese Kritik insgesamt sachlich bleibe und sich auf objektive Gründe stütze. In casu kommt das Gericht zum Schluss: «Bei der Gesamtbetrachtung des fraglichen Inserates wird jedenfalls nicht der Eindruck erweckt die Staatsangehörigen Israels (hier unter der Annahme, dass damit die Juden als solche gemeint seien) seien als Menschen zweiter Klasse zu betrachten. Es handelt sich vielmehr um eine emotional-gefärbte, teilweise geschmacklose und mit drastischen Worten formulierte Kritik am Verhalten des offiziellen Israels, also der Regierung Israels, was für den durchschnittlichen Leser ohne weiteres so zu erkennen ist.»
Auf die Anzeige wird nicht eingetreten.
Das Gericht tritt nicht auf die Anzeige ein.