Cas 2003-010N
Fribourg
Historique de la procédure | ||
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2003 | 2003-010N | 1. Instanz weist die Berufung, soweit darauf eingetreten wird, ab. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Propagation d'une idéologie (al. 2); Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase) |
Objet de protection | Religion; Objet de protection en général |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif | Publiquement (en public) |
Mots-clés | |
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Auteurs | Particuliers |
Victimes | Juifs; Etrangers et membres d'autres ethnies |
Moyens utilisés | Ecrits; Communication électronique |
Environnement social | Médias sociaux |
Idéologie | Antisémitisme; Racisme (nationalité / origine) |
Der Angeschuldigte ist erstinstanzlich wegen Aussagen, die er unter einem Pseudonym im Internet veröffentlicht hatte, gemäss Art. 261bis StGB verurteilt worden. In den Äusserungen beschrieb er die SS als bewaffnete Friedenssicherer Adolf Hitlers, in anderen Aussagen äusserte er sich über «Balkanesen» als Leute mit sozial völlig missbilligten Verhaltensweisen.
Gegen die erstinstanzliche Verurteilung legte der Angeschuldigte Berufung ein. Unter anderem berief er sich zu seiner Verteidigung auf die Meinungsäusserungsfreiheit, da er seine Aussagen im Vorfelde einer Abstimmung gemacht hatte.
Es sei hier auf frühere Urteile gegen den Angeschuldigten verwiesen, siehe Entscheide 2000-24 und 2000-43 Datenbank Eidgenössische Kommission gegen Rassismus.
Gegen den Angeschuldigten wurde wegen Äusserungen auf einer Chat- Plattform Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Er trat auf dieser Diskussionsplattform unter dem Pseudonym «Admiral» auf. Mit einer Verfügung des zuständigen Bezirksamtes wurde die Betreiberfirma X angewiesen, die Logfiles dieses Pseudonyms sowie dessen Beiträge auf der Diskussionsplattform zu edieren. Der überprüfende Polizeirichter erkannte in zwei Aussagen ein nach Art. 261bis StGB tatbestandsmässiges Handeln. In der einen Äusserung schrieb der Angeklagte:
«( )mit der heutigen regierung im zweiten weltkrieg wären einige hunderttausend juden durchgefüttert worden bis auch die schweizer verhungert wären, wenn adolf (nicht ogi) nicht vorher seine bewaffneten friedenssicherer geschickt und dann alle juden entsorgt hätte!!!».In der anderen tatbestandsmässigen Äusserung schrieb der Beschuldigte:
«ich bin ein balkanese. Morgens verkaufe ich drogen an schulkinder. nachmittags treibe ich schutzgelder ein. Abends kaufe ich waffen. Nachts, nachdem ich genug nachtlärm gemacht habe, lege ich mein natel neben mein kopfkissen, damit ich ja keinen landfriedensbruch oder raufhandel verpasse. Ich liebe die Schweiz auch, da die schweizer so dumm sind, typen wie mir mit ihren steuergeldern auch noch den lebensunterhalt zu finanzieren!»Der Polizeirichter verurteilte den Beschuldigten wegen Rassendiskriminierung gemäss Art. 261bis StGB zu einer Busse von Fr. 1500.-, löschbar aus dem Strafregister nach einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zur Tragung der Verfahrenskosten. Der Verurteilte legte Berufung ein. Er beantragte deren Gutheissung, die Freisprechung vom Vorwurf der Rassendiskriminierung, die Auferlegung der Verfahrenskosten an den Staat sowie die Zusprechung einer angemessenen Parteientschädigung von Fr. 5000.- zuzüglich MwSt.
Dazu erörterte die Berufungsinstanz, dass seine Äusserungen, wie von der Vorinstanz richtig festgestellt, öffentlich erfolgt seien, die Tathandlung also die Voraussetzung der Öffentlichkeit erfülle. Sie begründete dies damit, dass die fraglichen Äusserungen einem grossen, durch persönliche Beziehungen nicht zusammenhängenden Personenkreis während einem längeren Zeitraum auf der Chat- Plattform zugänglich waren. Dies wurde denn vom Angeschuldigten auch nicht bestritten.
Die Tathandlung nach Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB müsse sich indes auf eine Gruppe von Personen beziehen. Diese Mehrzahl von Personen muss aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion als zusammengehörig betrachtet werden können. Unrelevant dabei sei, ob sich die einzelnen Mitglieder der Gruppe aufgrund dieser Merkmale als zusammengehörig erachteten oder nicht. In seinem «antisemitischen» Diskussionsbeitrag auf der Chat- Plattform sprach der Angeschuldigte von Juden. Dabei handle es sich offensichtlich um eine religiöse Gruppe, die durch Art. 261bis StGB geschützt ist. Dies wurde vom Beschuldigten denn auch nicht bestritten. In der anderen fraglichen Äusserung sprach er von Balkanesen. Der Angeschuldigte wandte ein, die Vorinstanz sei willkürlich von einer Zusammengehörigkeit dieser Mehrzahl von Personen ausgegangen, habe sie doch den Begriff «Afrikaner» nicht als zusammengehörige Gruppe im strafrechtlich relevanten Sinn erachtet. Dazu führte der Appellationshof aus, es sei unerheblich, ob die als Gruppe bezeichneten Menschen, in casu die «Balkanesen», sich als einander zugehörig erachteten oder nicht. Massgeblich sei alleine, dass der Angeschuldigte der Meinung sei, Balkanesen gehörten zu einer anderen rassischen oder ethnischen Gruppe als der seinigen. So genüge es für die Strafbarkeit, dass sich Mitglieder dieser Gruppe, im vorliegenden Fall aus dem Balkan stammende Menschen, angesprochen fühlen müssten. Auch spiele die zufällige Wortwahl keine Rolle, wenn für einen objektiven Durchschnittsbetrachter klar sei, was gemeint sei. Ebenso gut hätte der Berufungsführer von Serben, Kroaten, Albanern, Mazedoniern oder Bulgaren sprechen können, ohne dass sich an seiner Aussage inhaltlich etwas geändert hätte. Es könne also nicht auf seine zufällige Wortwahl ankommen, da offensichtlich sei, was er gemeint habe.
Recht zu geben sei hingegen dem Angeschuldigten darin, dass die vom Polizeirichter vorgenommene Unterscheidung zwischen «Afrikaner» und «Balkanesen» unglücklich sei. Beide Begriffe wären nach Meinung der Berufungsinstanz gleich zu behandeln gewesen. Der Appellationshof könne jedoch die Äusserung über die Afrikaner keiner neuen Beurteilung unterziehen, wegen dem Verbot der Schlechterstellung durch Neubeurteilung zuungunsten eines Angeklagten (=reformatio in peius), Art. 221 StPO FR.
Zum Schluss überprüfte der Appellationshof, ob durch die Äusserungen des Beschuldigten die besagten Gruppen gemäss Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB herabgesetzt oder diskriminiert worden sind.
Die Äusserung über die Juden erachtete der Appellationshof als herabsetzend. Dies ergebe sich insbesondere durch die vom Angeschuldigten verwendeten Verben. Die Wendung «alle Juden entsorgt hätte» weist auf Missachtung dieser Menschengruppe und des ihr zustehenden Minimalrespekts hin. Entsorgt würden Abfälle, nicht Menschen. Mit Blick auf die Geschehnisse in Nazi- Deutschland müsse sich jede Jüdin und jeder Jude zwingend entwürdigt fühlen. Daher sei die Berufung in diesem Punkt abzuweisen.
Die Berufungsinstanz überprüfte diese Äusserung auch unter dem Tatbestand der Verbreitung von Ideologien, Art. 261bis Abs. 2 StGB. In den Erwägungen führte das Gericht aus, dass offensichtlich Sympathie mit der nationalsozialistischen Ideologie bekundet werde, der Berufungsführer sich mit dem Gedankengut Nazi- Deutschlands identifiziere. Eine Verbreitungsabsicht hingegen sei nicht gegeben, womit die Äusserung vom 26.08.2000 nicht unter den Straftatbestand von Art. 261bis Abs. 2 StGB falle.
Die Berufung wird, soweit darauf einzutreten ist, abgewiesen. Die Verurteilung des Polizeirichters gemäss Art. 261bis StGB wird damit bestätigt. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.