Cas 2005-033N
Lucerne
Historique de la procédure | ||
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2005 | 2005-033N | Die 1. Instanz spricht den Angeklagten frei. |
2006 | 2006-057N | Die 2. Instanz verurteilt den Angeklagten. |
2007 | 2007-048N | Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab und heisst die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut. |
2008 | 2008-007N | Die 2. Instanz (Appellationsinstanz im Neubeurteilungsverfahren) spricht den Angeklagten vom Vorwurf der Rassendiskriminierung frei. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase) |
Objet de protection | |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif | Bien juridique protégé; Publiquement (en public) |
Mots-clés | |
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Auteurs | Particuliers |
Victimes | Etrangers et membres d'autres ethnies |
Moyens utilisés | Voies de fait |
Environnement social | Lieux publics |
Idéologie | Extrémisme de droite |
Der Angeklagte verübte zusammen mit einem Mittäter drei tätliche Angriffe auf Ausländer. Die beiden Täter verprügelten und verletzten jeweils kurz nach Mitternacht drei verschiedene Personen (zwei Tamilen und einen Mann aus dem ehemaligen Jugoslawien). Dabei verwendeten sie mit Stahlkappen verstärkte Schuhe und den Gehstock eines Opfers.
Die 1. Instanz sprach den Angeklagten der einfachen qualifizierten Körperverletzung unter Verwendung eines gefährlichen Gegenstandes (Art. 123 Ziff. 2 StGB), des vollendeten Versuchs der schweren Körperverletzung (Art. 122 i.V.m. Art. 22 StGB) und der schweren Körperverletzung (Art. 122 Abs. 3 StGB) schuldig und verurteilte ihn wegen diesen Taten und wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Erwerb eines Springmessers) zu drei Jahren Zuchthaus.
Die 2. Instanz sprach den Angeklagten der mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung (Art. 122 i.V.m. 22 Abs. 1 StGB), der schweren Körperverletzung (Art. 122 Abs. 3 StGB), der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB) sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG) schuldig und verurteilte ihn zu 3½ Jahren Zuchthaus.
Daraufhin gelangte der Angeklagte mit einer staatsrechtlichen Beschwerde und einer eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht.
Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut, soweit der Schuldspruch der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 StGB betroffen ist.
Die 2. Instanz (Appellationsinstanz im Neubeurteilungsverfahren) spricht den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB frei.
Nach Besuchen in einer Bar schlug der Angeklagte mit einem Freund (Beurteilung siehe EKR-Datenbank 2006-58) an drei Abenden je einen Ausländer zusammen.
Beim ersten Opfer handelte es sich um einen Tamilen, durch den sich der Angeklagte im Bus provoziert fühlte. Vor allem aus fremdenfeindlichen Motiven fassten die beiden Männer den Entschluss, den Ausländer zusammenzuschlagen. Unter anderem warf der Angeklagte den Beschwerdeführer durch die Gegend und beide traten mit ihren Stahlkappen verstärkten Schuhen auf ihn ein, indem sie ihm beispielsweise auch ins Gesicht traten. Erst als sich ein Auto näherte, liessen sie vom Opfer ab.
Beim zweiten Fall fühlten sich der Angeklagte und sein Mittäter (siehe EKR-Datenbank 2006-58) wieder durch die Anwesenheit eines Ausländers im Bus provoziert. Deshalb kamen sie überein, vor allem aus fremdenfeindlichen Motiven, den Tamilen zu «verhauen». Sie verfolgten das Opfer und begannen, auf dieses einzutreten. Der Angeklagte befand sich in einem regelrechten Blutrausch und liess an dem Opfer seine aufgestauten Aggressionen aus, indem er, zusammen mit seinem Freund, mit Stahlkappen verstärkten Schuhen auf das Opfer eintrat und es so an Rücken, Bauch, Rippen, Kopf und Gesicht verletzte.
Beim dritten Zwischenfall wählten der Angeklagte und der Mittäter (siehe EKR-Datenbank 2006-58) zufällig ein Opfer im Bus aus und beschlossen, dieses vor allem aus fremdenfeindlichen Motiven zu «verhauen». Beim Opfer handelte es sich um einen leicht gehbehinderten Ausländer. Um weniger leicht erkennbar zu sein, kehrten sie das Innenfutter ihrer Jacke nach aussen. Der Angeklagte warf das Opfer zu Boden und trat mit den Stahlkappen verstärkten Schuhen mehrmals gegen den Kopf des Opfers. Auch als dieses bereits bewusstlos am Boden lag, traten die Beiden noch weiter gegen den Kopf des Opfers. Das Opfer erlitt dabei unter anderem eine Gehirnerschütterung, eine Schädelfraktur, eine Jochbeinfraktur und eine Nasenbeinfraktur.
Bei allen drei Überfällen trugen die zwei Angeklagten Kleidung, welche typischerweise in rechtsradikalen Kreisen getragen wird. Bei den beiden wurde zudem diverses Material mit eindeutig rechtsradikalem Inhalt sichergestellt. Der Angeklagte und sein Freund (siehe EKR-Datenbank 2006-58) machten keinen Hehl daraus, dass sie zum Tatzeitpunkt rechtsradikal gewesen seien. Weiter wurde beim Angeklagten bei einer Hausdurchsuchung ein Springmesser mit integriertem Feuerzeug sichergestellt.
Décision 2005-033N
Das Gericht spricht den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB und der versuchten vorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) frei.
Hingegen verurteilt das Gericht den Angeklagten wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 2 Abs. 2 StGB), wegen mehrfacher versuchter schweren Körperverletzung (Art. 122 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), wegen schweren Körperverletzung (Art. 122 Abs. 3 StGB) und wegen Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 1 lit. a WG. Die beschlagnahmten Gegenstände werden in Anwendung von Art. 58 (neu Art. 69) StGB eingezogen.
Der Angeklagte wird zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Er hat in solidarischer Haftbarkeit mit dem Mittäter eine Genugtuung von CHF 5'000.- und den verursachten Schaden zu bezahlen.
Décision 2006-057N
Die 2. Instanz prüft in ihrem Urteil insbesondere, ob sich der Angeklagte mit seinem Verhalten nicht doch nach Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB strafbar gemacht hat. Dabei stellt sie zunächst klar, dass geschütztes Rechtsgut von Art. 261bis StGB die Würde des einzelnen Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion ist und der öffentliche Friede als Folge des Schutzes des Einzelnen in seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe geschützt wird. Das Gericht stellt weiter fest, dass wenn sich die Rassendiskriminierung durch einen physischen Angriff äussere, dieser mindestens die Schwere einer Tätlichkeit im Sinn von Art. 126 StGB erreichen müsse. Dabei genügen bereits Eingriffe, die das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass physischer Einwirkung auf einen Menschen überschreiten.
Für das Gericht ist entscheidend, dass Art. 261bis StGB auf dem Grundsatz der angeborenen Würde und Gleichheit aller Menschen beruht. Die Bestimmung verbiete daher eine Diskriminierung selbst bei einem Bestehen behaupteter Unterschiede. Es mache sich demnach strafbar, wer eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen einer zugeschriebenen Rasse, Ethnie oder Religion diskriminiere und es nicht darauf ankomme, ob solche Tatsachen tatsächlich bestehen. Massgebend sei der Beweggrund.
Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB erfasse Angriffe auf die Menschenwürde. Dem Opfer werde dabei seine Qualität als Mensch schlechthin abgesprochen und es werde in schwerer, menschenverachtender Weise blossgestellt. Das Gericht stellt fest, dass unter Berücksichtigung des Grundrechts der Meinungsäusserungsfreiheit nur krasse, geradezu menschenverachtende und verabscheuungswürdige Äusserungen und Formen fallen können.
Im konkreten Fall stellt das Obergericht fest, dass der Angeklagte die Tatbestände der einfachen qualifizierten Körperverletzung und der versuchten eventualvorsätzlichen Körperverletzung erfüllt hat, womit die für eine Rassendiskriminierung geforderte (Mindest-) Voraussetzung der Tätlichkeit gegeben sei. Der Angeklagte räumte ein, dass er die Opfer aus Rassenhass bzw. aus ausländer- und fremdenfeindlichen Gründen/Motiven angegriffen hatte. Er suchte die Opfer aus, weil diese Ausländer mit dunkler Hautfarbe oder fremder Nationalität einer von ihm (dem Angeklagten) verhassten Menschengruppe angehören. Weiter bezeichnete sich der Angeklagte selbst als rechtsextrem und siedelte sich politisch «irgendwo ganz weit rechts» ein, er verkehrte in der rechten Szene, hörte Musik rechtsradikaler Bands und kannte Websites rechtsradikaler Organisationen. Auch war er im Besitz nationalsozialistischer bzw. rechtsextremistischer Abzeichen, Jackenaufnähern und Flaggen. Zudem trug er während der Tat schwarze stahlkappenverstärkte Schuhe, einen grauen Pullover der von Rechtsradikalen bevorzugten Marke «Lonsdale», und eine schwarze Jacke ebenfalls der Marke «Lonsdale» mit orangem Jackeninnenfutter. Auf seiner Jacke befanden sich insbesondere ein «Skinhead-Aufnäher» und ein Abzeichen der SS-Totenkopfverbände. Sein äusseres Erscheinungsbild entsprach damit ganz demjenigen, das landläufig mit einem Neo-Nazi bzw. einem Rechtsradikalen assoziiert wird. Der Angeklagte sprach selbst von einer «Uniform», mit der er zeigen wolle, dass «Rechts» nicht am Verschwinden sei.
Das urteilende Gericht kommt, im Gegensatz zur ersten Instanz, zum Schluss, dass der Angeklagte – indem er in dieser «Uniform» wegen der dunklen Hautfarbe und der fremden Nationalität der Opfer regelrecht Jagd auf diese gemacht habe, sie nach dem Einholen mit massivsten Fusstritten verletzt und sie danach in diesem Zustand liegen gelassen habe – den Opfern im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB deren Qualität als Mensch und deren Daseinsberechtigung abgesprochen habe, die Opfer quasi als Freiwild betrachtet und sie somit in menschenverachtender Weise herabgesetzt und erniedrigt habe.
Das Obergericht widerspricht der ersten Instanz indem es festhält, dass Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB nicht voraussetze, dass der Angriff auf das Opfer mit verbalen Kommentaren seitens des Täters begleitet werde. Die diskriminierende Äusserung könne sich – wie im vorliegenden Fall – auch in Form von Tätlichkeiten (oder schwerwiegenderen Angriffen auf die körperliche Integrität) manifestieren. Da die Handlungen des Angeklagten werktags, kurz nach Mitternacht auf einer beleuchteten Hauptverbindungsstrasse geschahen, an der viele Wohnhäuser stehen, bestand die konkrete Möglichkeit, dass unbeteiligte Dritte den Angriff des Angeklagten wahrnahmen. Die Tatbestandsvoraussetzung der Öffentlichkeit sei also erfüllt.
Die Obergericht kommt somit zum Schluss, dass der Angeklagte sämtliche Tatbestandselemente von Art. 261bis Abs. 4 StGB Hälfte 1 erfüllt habe.
Das Gericht spricht den Angeklagten zusätzlich der mehrfachen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB schuldig. Er wird gesamthaft zu einer Gefängnisstrafe von 3½ Jahren verurteilt. Weiter hat er in solidarischer Haftbarkeit mit dem Mittäter (Siehe EKR Datenbank 2006-58) eine Genugtuung von CHF 10'000.- zu bezahlen und den verursachten Schaden zu ersetzen.
Décision 2007-048N
Der Beschwerdeführer beanstandet mit der staatsrechtlichen Beschwerde, dass die Vorinstanz willkürlich Öffentlichkeit bejaht habe.
Das Bundesgericht stellt fest, dass Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB schon dann gegeben sei, wenn die konkrete Möglichkeit einer Wahrnehmung des Vorfalls durch unbeteiligte Dritte bestehe. Dies sei auch durch den Beschwerdeführer nicht beanstandet worden. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde des Angeklagten ab.
Auf die vom Angeklagten eingereichte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde reagierte das Bundesgericht wie folgt.
Das höchste Gericht stellt zunächst fest, dass Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB unter anderem bezwecke, die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen zu schützen. Daher erscheinen als Herabsetzung oder Diskriminierung alle Verhaltensweisen, durch welche den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt werde. (E.8.2)
Ein weiteres Tatbestandsmerkmal, das für die Erfüllung von Art. 261bis StGB notwendig sei, sei die Voraussetzung der Öffentlichkeit. Öffentlich seien Äusserungen oder Verhaltensweisen dann, wenn sie von unbestimmt vielen Personen oder von einem grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrgenommen werden können. Das Bundesgericht hält fest, dass es von einem weiteren Begriff der Öffentlichkeit ausgehe, wonach Äusserungen und Verhaltensweisen öffentlich seien, die nicht im privaten Rahmen erfolgen. Privat seien Äusserungen und Verhaltensweisen im Familien- und Freundeskreis. (E.8.3)
Als weiteren Punkt stellt das Bundesgericht klar, dass eine Äusserung oder eine Verhaltensweise den Tatbestand nur dann erfüllen könne, wenn diese vom unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten konkreten Umstände als rassendiskriminierender Akt erkannt werde. Weiter stellt es fest, dass Äusserungen mehrdeutig sein können. Massgebend sei gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts der Sinn, welchen ihr der unbefangene durchschnittliche Dritte unter den gesamten konkreten Umständen beilege. Also erfülle eine Äusserung in der Öffentlichkeit den Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB dann, wenn sie von einem unbefangenen durchschnittlichen Dritten unter den gesamten konkreten Umständen in einem rassendiskriminierenden Sinne verstanden werde und der Beschuldigte eine Interpretation seiner Äusserung in diesem Sinne in Kauf genommen habe. Weiter sei zu beachten, dass Äusserungen nicht nur verbal, sondern auch non-verbal getätigt werden können. Tätlichkeiten im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB seien kommunikative Gebärden mit Körperkontakt. (E.8.4)
Für die Definition des Ausdruckes «in anderer Weise» greift das höchste Gericht auf die Entstehungsgeschichte von Art. 261bis StGB zurück. Dabei kommt es zum Schluss, dass aus den Gesetzesmaterialien nicht zu schliessen sei, was unter der Generalklausel «in anderer Weise» zu verstehen sei. Deswegen bedient sich das Gericht der Ergebnisse aus der Lehre. Auch hier sind die Ausführungen relativ spärlich, es seien kaum Anwendungsfälle zu finden. Daraus schliesst das Bundesgericht, dass aufgrund der Generalklausel die gesetzliche Aufzählung der Tatmittel nur einen beispielhaften Charakter erhalte, so dass eine Einschränkung hinfällig sei. Aus diesem Grund könne die Herabsetzung und Diskriminierung auf jede denkbare Weise erfolgen. (E.8.6)
Eine Herabsetzung oder Diskriminierung in einer gegen die Menschenwürde verstossende Weise könne auch mittels einer Gewalttätigkeit manifestiert beziehungsweise kommuniziert werden. Eine Gewalttätigkeit könne unter Umständen auch die Einschätzung der Minderwertigkeit des Opfers zum Ausdruck bringen und den objektiven Erklärungswert haben, dass das Opfer kein vollwertiger Mensch sei. Daher kommt das Gericht zum Schluss, dass eine öffentlich verübte Gewalttätigkeit neben dem objektiven Tatbestand etwa der Körperverletzung (Art. 122 f. StGB) auch den objektiven Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälft 1 StGB erfülle, wenn durch die Gewalttätigkeit für den unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar das Opfer wegen seiner Rasse, Ethnie oder Religion als minderwertig hingestellt werde, wenn mit anderen Worten die Gewalttätigkeit für den unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar zum Ausdruck bringt und somit den Erklärungswert hat, dass das Opfer wegen seiner Rasse, Ethnie oder Religion kein vollwertiger Mensch sei. Ob eine Körperverletzung für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar als rassendiskriminierender Akt erscheint, beurteile sich aufgrund der gesamten Umstände des konkreten Falles. Von Bedeutung seien dann vor allem die in der Person des Beschuldigten und in der Person des Opfers liegenden Umstände sowie die Tatumstände als solches. (E. 8.8)
Das Bundesgericht hält fest, dass eine in der Öffentlichkeit begangene Gewalttätigkeit, etwa eine schwere Körperverletzung, auch den Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB erfüllen könne, wenn diese nicht von verbalen rassistischen Äusserungen begleitet werden. Massgebend seien vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles.
Weiter stellt das Gericht fest, dass solche Tätlichkeiten und Gewalttätigkeiten nicht zwingend von rassistischen Kommentaren begleitet sein müssen. Es sei vielmehr entscheidend, ob die öffentlich verübte Gewalttätigkeit für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten Umstände des konkreten Falles klar erkennbar als rassistischer Akt erscheine.
Im konkreten Fall kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass ein unbefangener durchschnittlicher Dritter nicht wisse, dass Kleider der Marke «Lonsdale» wegen der darin enthaltenen Buchstabenfolge «…nsda…» (anklingend ans «NSDAP» für «Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei») offenbar von Rechtsradikalen gerne getragen werden. Der unbefangene durchschnittliche Dritte erkenne die in der genannten Marke enthaltene Buchstabenfolge nicht als Anspielung auf die «NSDAP». Weiter seien die beiden Aufnäher (mit dem Wort «Skinhead» und dem Abzeichen der «SS-Totenkopfverbände») indessen klein und schon aus wenigen Metern Entfernung nicht mehr zu identifizieren. Somit seien der Beschwerdeführer und sein Mittäter nach dem Gesamteindruck, den sie durch ihre Aufmachung vermittelten, für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten schon aus wenigen Metern Entfernung nicht mehr als «Neonazis» beziehungsweise als «Rechtsextreme» erkennbar.
Der Beschwerdeführer habe somit durch die inkriminierten Handlungen entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht auch den Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllt. Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Punkt gut und hebt das angefochtene Urteil auf.
Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut, soweit der Schuldspruch der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB betroffen ist und hebt das angefochtene Urteil auf. Die Vorinstanz hat die Strafe neu zu bemessen.
Décision 2008-007N
Der Beschwerdeführer beanstandet mit der staatsrechtlichen Beschwerde, dass die Vorinstanz willkürlich Öffentlichkeit bejaht habe.
Das Bundesgericht stellt fest, dass Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB schon dann gegeben sei, wenn die konkrete Möglichkeit einer Wahrnehmung des Vorfalls durch unbeteiligte Dritte bestehe. Dies sei auch durch den Beschwerdeführer nicht beanstandet worden. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde des Angeklagten ab.
Auf die vom Angeklagten eingereichte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde reagierte das Bundesgericht wie folgt.
Das höchste Gericht stellt zunächst fest, dass Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB unter anderem bezwecke, die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen zu schützen. Daher erscheinen als Herabsetzung oder Diskriminierung alle Verhaltensweisen, durch welche den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt werde. (E.8.2)
Ein weiteres Tatbestandsmerkmal, das für die Erfüllung von Art. 261bis StGB notwendig sei, sei die Voraussetzung der Öffentlichkeit. Öffentlich seien Äusserungen oder Verhaltensweisen dann, wenn sie von unbestimmt vielen Personen oder von einem grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrgenommen werden können. Das Bundesgericht hält fest, dass es von einem weiteren Begriff der Öffentlichkeit ausgehe, wonach Äusserungen und Verhaltensweisen öffentlich seien, die nicht im privaten Rahmen erfolgen. Privat seien Äusserungen und Verhaltensweisen im Familien- und Freundeskreis. (E.8.3)
Als weiteren Punkt stellt das Bundesgericht klar, dass eine Äusserung oder eine Verhaltensweise den Tatbestand nur dann erfüllen könne, wenn diese vom unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten konkreten Umstände als rassendiskriminierender Akt erkannt werde. Weiter stellt es fest, dass Äusserungen mehrdeutig sein können. Massgebend sei gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts der Sinn, welchen ihr der unbefangene durchschnittliche Dritte unter den gesamten konkreten Umständen beilege. Also erfülle eine Äusserung in der Öffentlichkeit den Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB dann, wenn sie von einem unbefangenen durchschnittlichen Dritten unter den gesamten konkreten Umständen in einem rassendiskriminierenden Sinne verstanden werde und der Beschuldigte eine Interpretation seiner Äusserung in diesem Sinne in Kauf genommen habe. Weiter sei zu beachten, dass Äusserungen nicht nur verbal, sondern auch non-verbal getätigt werden können. Tätlichkeiten im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB seien kommunikative Gebärden mit Körperkontakt. (E.8.4)
Für die Definition des Ausdruckes «in anderer Weise» greift das höchste Gericht auf die Entstehungsgeschichte von Art. 261bis StGB zurück. Dabei kommt es zum Schluss, dass aus den Gesetzesmaterialien nicht zu schliessen sei, was unter der Generalklausel «in anderer Weise» zu verstehen sei. Deswegen bedient sich das Gericht der Ergebnisse aus der Lehre. Auch hier sind die Ausführungen relativ spärlich, es seien kaum Anwendungsfälle zu finden. Daraus schliesst das Bundesgericht, dass aufgrund der Generalklausel die gesetzliche Aufzählung der Tatmittel nur einen beispielhaften Charakter erhalte, so dass eine Einschränkung hinfällig sei. Aus diesem Grund könne die Herabsetzung und Diskriminierung auf jede denkbare Weise erfolgen. (E.8.6)
Eine Herabsetzung oder Diskriminierung in einer gegen die Menschenwürde verstossende Weise könne auch mittels einer Gewalttätigkeit manifestiert beziehungsweise kommuniziert werden. Eine Gewalttätigkeit könne unter Umständen auch die Einschätzung der Minderwertigkeit des Opfers zum Ausdruck bringen und den objektiven Erklärungswert haben, dass das Opfer kein vollwertiger Mensch sei. Daher kommt das Gericht zum Schluss, dass eine öffentlich verübte Gewalttätigkeit neben dem objektiven Tatbestand etwa der Körperverletzung (Art. 122 f. StGB) auch den objektiven Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 Hälft 1 StGB erfülle, wenn durch die Gewalttätigkeit für den unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar das Opfer wegen seiner Rasse, Ethnie oder Religion als minderwertig hingestellt werde, wenn mit anderen Worten die Gewalttätigkeit für den unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar zum Ausdruck bringt und somit den Erklärungswert hat, dass das Opfer wegen seiner Rasse, Ethnie oder Religion kein vollwertiger Mensch sei. Ob eine Körperverletzung für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten klar erkennbar als rassendiskriminierender Akt erscheint, beurteile sich aufgrund der gesamten Umstände des konkreten Falles. Von Bedeutung seien dann vor allem die in der Person des Beschuldigten und in der Person des Opfers liegenden Umstände sowie die Tatumstände als solches. (E. 8.8)
Das Bundesgericht hält fest, dass eine in der Öffentlichkeit begangene Gewalttätigkeit, etwa eine schwere Körperverletzung, auch den Tatbestand von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB erfüllen könne, wenn diese nicht von verbalen rassistischen Äusserungen begleitet werden. Massgebend seien vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles.
Weiter stellt das Gericht fest, dass solche Tätlichkeiten und Gewalttätigkeiten nicht zwingend von rassistischen Kommentaren begleitet sein müssen. Es sei vielmehr entscheidend, ob die öffentlich verübte Gewalttätigkeit für einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten aufgrund der gesamten Umstände des konkreten Falles klar erkennbar als rassistischer Akt erscheine.
Im konkreten Fall kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass ein unbefangener durchschnittlicher Dritter nicht wisse, dass Kleider der Marke «Lonsdale» wegen der darin enthaltenen Buchstabenfolge « nsda » (anklingend ans «NSDAP» für «Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei») offenbar von Rechtsradikalen gerne getragen werden. Der unbefangene durchschnittliche Dritte erkenne die in der genannten Marke enthaltene Buchstabenfolge nicht als Anspielung auf die «NSDAP». Weiter seien die beiden Aufnäher (mit dem Wort «Skinhead» und dem Abzeichen der «SS-Totenkopfverbände») indessen klein und schon aus wenigen Metern Entfernung nicht mehr zu identifizieren. Somit seien der Beschwerdeführer und sein Mittäter nach dem Gesamteindruck, den sie durch ihre Aufmachung vermittelten, för einen unbefangenen durchschnittlichen Dritten schon aus wenigen Metern Entfernung nicht mehr als «Neonazis» beziehungsweise als «Rechtsextreme» erkennbar.
Der Beschwerdeführer habe somit durch die inkriminierten Handlungen entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht auch den Tatbestand der Rassendiskriminierung im Sinn von Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB erfüllt. Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Punkt gut und hebt das angefochtene Urteil auf.
Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut, soweit der Schuldspruch der mehrfachen Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB betroffen ist und hebt das angefochtene Urteil auf. Die Vorinstanz hat die Strafe neu zu bemessen.
Die 2. Instanz (Appellationsinstanz im Neubeurteilungsverfahren) spricht den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 StGB frei. Der Angeklagten wird u.a. wegen mehrfach versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3½ Jahren verurteilt.