Cas 2011-035N
Uri
Historique de la procédure | ||
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2010 | 2010-062N | Das Obergericht spricht den Beschuldigten der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB und der Nachtruhestörung schuldig. Vom Vorwurf der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 2 StGB spricht es ihn frei. |
2011 | 2011-035N | Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Négation d'un génocide (al. 4 2ème phrase) |
Objet de protection | Ethnie; Religion |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif |
Mots-clés | |
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Auteurs | Acteurs politiques |
Victimes | Juifs |
Moyens utilisés | Déclarations orales |
Environnement social | Lieux publics |
Idéologie | Antisémitisme; Extrémisme de droite |
Der Beschuldigte hat im Rahmen der offiziellen 1. Augustfeier auf dem Rütli eine antisemitische und holocaustleugnende Rede gehalten.
Er wird vom Obergericht der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig erklärt. Das Bundesgericht weist seine Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.
Am 5. August 2007 führte die Partei C. im Nachgang zur offiziellen 1. Augustfeier eine Veranstaltung auf dem Rütli durch. Es fanden sich ca. 300 Personen ein. Überdies waren Polizisten, Medienvertreter und unbeteiligte Besucher anwesend. Der Beschwerdeführer, ein langjähriges Mitglied der C. trat als Redner auf. Er eröffnete seine Ansprache, welche später auch im Internet aufgeschaltet wurde, mit einem dreifachen «Harus», einem Grusswort der Frontisten vor und während des Zweiten Weltkrieges. Daraufhin führte er aus:
«Was mich am meisten beeindruckt an ihm (gemeint ist der Vorredner B.) ist, dass er in diesem Alter noch so viel Kampfgeist und Energie aufbringt. Er beweist uns jungen Eidgenossen, dass es sich lohnt, den Kampf täglich zu führen und nie aufzugeben. Gleichzeitig ist er ein Vorbild für alle älteren Schweizer, welche resigniert haben oder vom Wohlstand geblendet sind. Wenn man bedenkt, was B. alles an Repressionen und Schikanen durchmachen musste, um für die Wahrheit zu kämpfen, danken wir ihm nochmals mit einem herzlichen und kräftigen Applaus. (...) Wir leben in einer Zeit, in der die Lüge regiert. Auch das Antirassismusgesetz wurde nur dafür installiert, um eine geschichtliche Lüge zu stützen und dem Schweizer das Aussprechen der Wahrheit zu verbieten. Das Antirassismusgesetz ist ein typisches Gesetz, von fremden Mächten auferlegt, um uns in unserer Wehrhaftigkeit einzuschränken.»
Décision 2010-062N
Das Obergericht sprach den Beschuldigten der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB und der Nachtruhestörung im Sinne von Art. 15 lit. a EG StGB/BE schuldig.
Vom Vorwurf der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 2 StGB (Verbreitung von Ideologien) sprach es ihn frei.
Das Obergericht verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 8 Tagessätzen à CHF 100 bei einer Probezeit von 2 Jahren und zu einer Busse von CHF 200.
Décision 2011-035N
Der Tatbestand der Leugnung von Völkermord wurde (gerade) im Hinblick auf die «Auschwitzlüge» – die Leugnung der Ermordung von Millionen Menschen jüdischer Abkunft unter dem NS-Regime – ins Gesetz aufgenommen. Wenn der Beschwerdeführer daher vor diesem Hintergrund in seiner Rede davon spricht, das Antirassismusgesetz sei nur erlassen worden, um eine «geschichtliche Lüge» zu stützen, so ergibt sich daraus klar erkennbar, dass er sich inhaltlich auf den Völkermord an den Juden unter dem NS-Regime bezieht und diesen Völkermord als historische Lüge abtut, ihn also leugnet. Derselbe Sinngehalt kommt seinen an B. gerichteten Dankesworte für die erlittenen «Schikanen und Repressionen» im Kampf um die «Wahrheit» zu. Seine Worte können mit Blick auf die rechtskräftige Verurteilung von B. wegen Holocaustleugnung nur dahingehend verstanden werden, dass derjenige, der den Holocaust als historisches Gesamtgeschehen bestreitet, für die geschichtliche Wahrheit eintritt. Damit bringt der Beschwerdeführer zum Ausdruck, dass er den Holocaust auch seinerseits für unwahr hält. Unerheblich ist dabei, dass er «mit keinem Wort irgendeinen Völkermord ausdrücklich geleugnet» hat. Es ist nicht notwendig, dass er bestimmte Begriffe oder Bezeichnungen verwendet hat. Entscheidend ist nur, ob sich aus der Form, dem Zusammenhang und den sonstigen Umständen der inkriminierten Äusserungen die Holocaustleugnung ergibt. Das ist hier der Fall.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.