Cas 2021-035N
Berne
Historique de la procédure | ||
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2021 | 2021-035N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Art. 261bis CP / 171c CPM (aucune spécification des éléments constitutifs) |
Objet de protection | Race; Religion |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif | Bien juridique protégé |
Mots-clés | |
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Auteurs | Particuliers |
Victimes | Juifs |
Moyens utilisés | Ecrits; Communication électronique |
Environnement social | Médias sociaux |
Idéologie | Antisémitisme |
Der Beschuldigte hat auf Facebook mehrere Posts geschrieben, in denen er den Holocaust und die Situation der Juden unter dem nationalsozialistischen Regime mit der aktuellen Pandemie-Situation und den entsprechenden Impf-Massnahmen vergleicht.
Er schrieb : «Das X ein Corona Nazi ist, ist bekannt», «Ja kauft nicht bei Juden ein hiess es damals. Heute heisst es beschäftige keine ungeimpften», auf seinem Facebook-Account ein Foto und folgendes Zitat von Sophie Scholl, einer Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus im zweiten Weltkrieg, postete: «Der grösste Schaden entsteht durch die schweigende Mehrheit, die nur überleben will, sich fügt und alles mitmacht». Er teilte einen Beitrag von Z, einem bekannten CoronaSkeptiker, auf dem ein Foto eines Schilds mit folgender Aufschrift zu sehen ist: «Der Besuch von Kinos, Theater, Oper und Konzerten wird Juden verboten - 12.11.1938».
Durch diese Beiträge hat der Beschuldigte gemäss Staatsanwaltschaft öffentlich die Situation ungeimpfter Personen mit derjenigen der Juden während des zweiten Weltkrieges verglichen und sich dadurch der Rassendiskriminierung strafbar gemacht.
Gemäss anonymer Strafanzeige und einem Bericht von «20 Minuten» habe der Beschuldigte auf seinem Facebook-Account im Zusammenhang mit einem Artikel der «Sonntagszeitung», in dem sich unter anderem zwei GLP-Politiker X und Y für eine Erhöhung des lmpf-Drucks aussprachen, verschiedene Beiträge veröffentlicht. Die zwei GLP-Politiker schlugen unter anderem vor, dass sich ungeimpftes Gesundheitspersonal mit einem Sticker kennzeichnen solle der Beschuldigte habe den Artikel auf seinem Account geteilt und unter anderem dazu geschrieben: «Das X ein Corona Nazi ist, ist bekannt». Zudem habe er in diesem Kontext folgenden Kommentar veröffentlicht: «Ja kauft nicht bei Juden ein hiess es damals. Heute heisst es beschäftige keine ungeimpften». Auf einen Kommentar, in dem der vorgeschlagene Sticker für das Pflegepersonal mit dem Judenstern verglichen wurde, habe der Beschuldigte geantwortet: «Ja nichts aus der Geschichte gelernt». Soweit ersichtlich wurden diese Beiträge vom Facebook-Account von X gelöscht.
Ersichtlich ist, dass der Beschuldigte auf seinem Facebook-Account ein Foto und folgendes Zitat von Sophie Scholl, einer Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus im zweiten Weltkrieg, postete: «Der grösste Schaden entsteht durch die schweigende Mehrheit, die nur überleben will, sich fügt und alles mitmacht». Später teilte der Beschuldigte einen Beitrag von Z, einem bekannten Corona Skeptiker, auf dem ein Foto eines Schilds mit folgender Aufschrift zu sehen ist: «Der Besuch von Kinos, Theater, Oper und Konzerten wird Juden verboten - 12.11.1938». Z schrieb hierzu: «Erinnert ihr euch an das dunkelste Kapitel DEUTSCHER Geschichte? Was wäre das dunkelste Kapitel SCHWEIZER Geschichte? #NieWieder #Nie». Der Beschuldigte schrieb zum geteilten Beitrag: «Nie wieder Faschismus!!!!!!!!!!!!».
Art. 261bis StGB stellt gewisse diskriminierende Tathandlungen, die an die Merkmale der «Rasse», «Ethnie», Religion oder sexuellen Orientierung anknüpfen, unter Strafe. Die Gruppe der Geimpften bzw. lmpfbefürworter fallen unter keine dieser geschützten Kategorien. Vorliegend kommt durch den Vergleich des Beschuldigten folglich nur einerassistische Diskriminierung in Bezug auf Jüdinnen und Juden, welche als religiöse und ethnische Gruppe qualifiziert werden, in Frage. Auch die Aussage, Y sei ein «Corona-Nazi» kann nicht von Art. 261bis StGB erfasst sein, da dieser als Einzelperson angegriffen wird und diese Bezeichnung zudem nicht auf eine «Rasse», «Ethnie», Religion oder sexuelle Orientierung von Y Bezug nimmt.
Der Straftatbestand der Rassendiskriminierung teilt sich in verschiedene Tatbestandsvarianten auf. Gemeinsame Voraussetzung aller Varianten ist eine Verletzung der Menschenwürde. Eine solche liegt vor, wenn einer Person oder Personengruppe aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit die Gleichberechtigung bzw. Gleichwertigkeit als menschliches Wesen abgesprochen wird (SCHLEIMINGER/METTLER, BSK StGB, Art. 261bis N 10).
Gemäss Abs. 1 der Bestimmung macht sich strafbar, wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer «Rasse», «Ethnie», Religion oder sexuellen Orientierung zu Hass oder Diskriminierung aufruft. Abs. 2 stellt das öffentliche Verbreiten von Ideologien, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung dieser Personen oder Personengruppen gerichtet sind, unter Strafe. Nach Abs. 4 Alternative 1 macht sich strafbar, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer
Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen einem der erwähnten Merkmale in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert. Herabsetzen bedeutet, dass die Minderwertigkeit einer Person oder Personengruppe behauptet wird, woraus ein nicht gleichberechtigter Anspruch auf Menschenrechte abgeleitet wird. Bei der Diskriminierung wird der Person oder Personengruppe der Anspruch auf gleiche Menschenrechte abgesprochen, wodurch eine Minderwertigkeit ausgedrückt wird (NIGGLI, Rassendiskriminierung - Ein Kommentar zu Art. 261bis StGB und Art. 171c MStG, N 1089 f.).
Nach Abs. 4 Alternative 2 ist strafbar, wer aus einem dieser Gründe («Rasse», «Ethnie», Religion oder sexuelle Orientierung) Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht. Beim gröblichen Verharmlosen wird zwar nicht die Wirklichkeit der Ereignisse an sich bestritten, aber es wird behauptet, dass der angerichtete Schaden oder Nachteil wesentlich kleiner gewesen sei, als gemeinhin angenommen (NIGGLI, N 1466). Das Verharmlosen liegt meist darin, das Ausmass, insbesondere die Zahl der Opfer, sowie die Begehungsweise der Verbrechen herabzusetzen (SCHLEIMINGER/METTLER, N 66).
Der Beschuldigte vergleicht die Diskriminierung der Juden in der Zeit während des zweiten Weltkriegs mit der Situation ungeimpfter Personen heutzutage. Genauer macht er in der Sache geltend, dass beide Personengruppen von einer Leistungsverweigerung aufgrund bestimmter Merkmale betroffen waren bzw. sind, da Juden damals aufgrund ihrer Religion bzw. Ethnie von Dienstleistungen ausgeschlossen wurden und ungeimpfte Personen heute dergestalt benachteiligt würden.
Schon die allen Tatbestandsvarianten gemeinsame Voraussetzung der Verletzung der Menschenwürde ist vorliegend nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschuldigte durch den Vergleich der jüdischen Gemeinschaft die Gleichberechtigung bzw. Gleichwertigkeit als menschliche Wesen absprechen würde. Ebenso wenig kann gesagt werden, dass er die Minderwertigkeit von Juden behaupten oder ihnen den Anspruch auf gleiche Menschenrechte absprechen würde, wodurch auch kein Herabsetzen oder Diskriminieren von Juden vorliegt. lm Gegenteil drückt er durch den Vergleich gewissermassen eine Sympathie mit den Juden während des zweiten Weltkrieges aus. Ein entsprechender Diskriminierungsvorsatz liegt insofern auch nicht vor. Aus diesen Gründen hat sich Der Beschuldigte nicht nach Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 4 Alternative 1 strafbar gemacht.
Die Tatbestandshandlung des gröblichen Verharmlosens eines Völkermords, vorliegend des Holocausts, fällt durch den Vergleich am ehesten in Betracht, wobei es wie ausgeführt bereits an der Voraussetzung der Verletzung der Menschenwürde fehlt. in der Strafanzeige wird etwa geltend gemacht, der Beschuldigte setze durch diese Aussagen die derzeitige Situation mit jener von Juden im zweiten Weltkrieg bzw. unter dem Nazi-Regime und dem Völkermord gleich. Den Vergleich so auszulegen, dass der Beschuldigte die heutige Situation ungeimpfter Personen mit dem Genozid an den Juden vergleicht, wäre zu weit gegriffen. Schliesslich bezieht sich der Vergleich auf eine diskriminierende Leistungsverweigerung und die fraglichen öffentlichen Beiträge verweisen weder explizit noch implizit auf den Holocaust. Durch den Vergleich wird nicht behauptet, der Schaden, der durch den Holocaust verursacht wurde, sei kleiner als gemeinhin angenommen. Auch die Tatbestandsvariante gemäss Abs. 4 Alternative 2 ist folglich vorliegend nicht erfüllt.
Vorliegend ist keine Tatbestandsvariante von Art. 261bis StGB erfüllt. Aus diesem Grund wird eine Nichtanhandnahme verfügt.