Cas 2022-044N
Zurich
Historique de la procédure | ||
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2022 | 2022-044N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Incitation à la haine et à la discrimination (al. 1) |
Objet de protection | Ethnie; Objet de protection en général |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif |
Mots-clés | |
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Auteurs | Particuliers |
Victimes | Etrangers et membres d'autres ethnies |
Moyens utilisés | Ecrits |
Environnement social | Médias sociaux |
Idéologie | Racisme (nationalité / origine) |
Die Beschuldigte soll die anzeigende Person aufgrund ihrer russischen Staatsangehörigkeit auf Facebook beleidigt haben und verschiedene nationalistische Posts veröffentlicht haben.
Die Staatsanwaltschaft kommt zum Schluss, dass der Tatbestand von Art. 261bis StGB nicht erfüllt ist und verfügt deshalb eine Nichtanhandnahme.
Die Beschuldigte soll der anzeigenden Person einen aufgrund ihrer russischen Staatsangehörigkeit erniedrigenden Brief gesendet haben. Darüber hinaus würden auf dem Facebook-Profil der Beschuldigten und in verschiedenen russischsprachigen Gruppen regelmässig nationalistische Posts und Kommentare erscheinen, unter anderem
«haut alle zurück nach Russland ab» oder
«ihr sollt euch für eure Nationalität schämen, ihr tragt alle Verantwortung für das aktuelle Geschehen», oder
«du dumme Schlampe, jetzt hast du nichts in Russland»,
Es gebe dutzende verletzende und aggressive Äusserung der Beschuldigten gegen in der Schweiz wohnhafte russische oder Russisch sprechende Personen, die als Aufruf zu Hass und Diskriminierung zu werten seien.
Die Übersetzung eines an die anzeigende Person (X.) gerichteten Facebook-Kommentars, lautet wie folgt:
«Liebe X. und Y. Ihr seid Bürger von Russland in der Schweiz und habt den Mut, an eurer Regierung und eurer Nationalität beteiligt zu sein. Es ist das russische Volk, das all die Jahre geschwiegen hat und zugesehen hat, wie euer Land zynisch lügt und die Ukraine verspottet. Jetzt seid so nett, leugnet nicht eures Heimatland [sic]. Ihr seid Russen! Nennt euch weiter so! Mit Stolz oder Schande ... Uns Ukrainer ist es egal!»
Nach Art. 261bis Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer «Rasse», Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung zu Hass oder zu Diskriminierung aufruft. Zur Erfüllung des Tatbestandes ist eine gewisse Intensität, eine eigentliche Hetze, erforderlich, d.h. ein nachhaltiges und eindringliches Einwirken auf Menschen, mit dem Ziel, eine feindselige Haltung Hervorzurufen.
Durch die Norm werden einzelne Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer der genannten Gruppen, d.h. «rassische», ethnische, religiöse oder Gruppen sexueller Orientierung, oder unmittelbar die Gruppen selbst geschützt. Nicht erfasst werden Nationen oder Nationalitäten als solche, d.h. als rechtliche Kategorien.
Die fraglichen Kommentare, welche durch die Beschuldigte auf Facebook veröffentlicht wurden, erreichen die zur Erfüllung des Tatbestandes von Art. 261bis StGB erforderliche Intensität nicht, denn sie können weder als Hassrede noch als Hetze bezeichnet werden. Die Kommentare «haut alle zurück nach Russland ab» und «ihr sollt euch für eure Nationalität schämen, ihr tragt alle Verantwortung für das aktuelle Geschehen» sind nicht hinreichend, um als nachhaltiges undeindringliches Einwirken auf Menschen, mit dem Ziel, eine feindselige Haltung gegenüberRussen zu begründen, gewertet werden. Auch der Kommentar «du dumme Schlampe, jetzt hast du nichts in Russland» kann nicht als Hetze bezeichnet werden,sondern ist höchstens als Beleidigung zu werten, die sich an eine individuelle Personrichtet, ohne dass ein direkter Zusammenhang zu deren Zugehörigkeit zu einer Gruppenach Art. 261bis StGB ersichtlich ist. Dass die Beleidigung aufgrund der Zugehörigkeitder Person zur Gruppe «Russen» ausgesprochen wurde, ist nicht erkennbar. Es kannalso auch nicht die Rede davon sein, dass mit diesem Kommentar gegen Russen gehetzt wird.
Auch der oben zitierte Kommentar kann in keiner Weise als Hetze bezeichnet werden, da nebst der erforderlichen Intensität bereits das Merkmal des Aufrufes zu Hass oder Diskriminierung gänzlich fehlt. Im Übrigen ist auch fraglich, ob sich die genannten Kommentare an das russische Volk als Ethnie oder «Rasse» und nicht vielmehr als Nation bzw. Nationalität richten, bzw. ob die Gruppe «Russen» im vorliegenden Kontext überhaupt unter den Schutzbereich von Art. 261bis StGB fällt. Dies kann aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Kommentare nicht als Aufruf zu Diskriminierung oder Hass zu qualifizieren sind, offen gelassen werden.
Es ist keine strafbare Handlung der Beschuldigten ersichtlich. Die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Untersuchung sind damit nicht gegeben und die zuständige Strafverfolgungsbehörde verfügt eine Nichtanhandnahme.