Cas 2023-050N
Versand antiziganistischer Briefe in die Slowakei
Argovie
Historique de la procédure
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2023 |
2023-050N |
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde spricht den Beschuldigten der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB) schuldig.
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Critères de recherche juridiques |
Acte / Eléments constitutifs objectifs |
Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase) |
Objet de protection |
Ethnie |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif |
Publiquement (en public) |
Mots-clés |
Auteurs |
Particuliers |
Victimes |
Yéniches, Manouches/Sintés, Roms |
Moyens utilisés |
Ecrits;
Sons / images |
Environnement social |
Autre environnement social |
Idéologie |
Anti-tziganisme |
Synthèse
Der Beschuldigte hat Briefpostsendungen verschickt, während er sich jeweils in der Tschechischen Republik aufhielt. Einige Briefsendungen wurden dem Gemeindeamt A. in der Slowakei verschickt und an den Gemeindevorsteher (Roma) adressiert. Weitere Briefsendungen waren an die Eingangsstelle der Bezirksdirektion des Polizeikorps in Trebisov in der Slowakei adressiert. Es wurden ausserdem mehrere Privatpersonen adressiert.
Den genannten Briefen legte der Beschuldigte diverse Texte und Fotos bei, welche er aus örtlichen und regionalen Zeitungen der Tschechischen Republik kopiert hatte. Die Zeitungen las der Beschuldigte jeweils im Internet, als er sich an seinem Wohnort im Kanton AG aufhielt, und druckte diverse Artikel und Fotos aus. Überdies erstellte der Beschuldigte auf seinem Computer daraus Textcollagen und Illustrationen. In der Folge reiste der Beschuldigte mit einem Personenwagen in die Tschechische Republik und nahm die Ausdrucke mit nach Prag. Dort erstellte er ein einem Kopierladen noch weitere Kopien davon. Die genannten Textcollagen und Illustrationen enthielten antiziganistische Inhalte.
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde spricht den Beschuldigten der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB) schuldig.
En fait / faits
Der Beschuldigte hat im Zeitraum von ca. Mai 2017 bis Mai 2019, 28 Briefpostsendungen verschickt, während er sich jeweils in der Tschechischen Republik aufhielt. Einige Briefsendungen wurden dem Gemeindeamt A. in der Slowakei verschickt und an den Gemeindevorsteher (Roma) adressiert. Weitere Briefsendungen waren an die Eingangsstelle der Bezirksdirektion des Polizeikorps in Trebisov in der Slowakei adressiert. Es wurden ausserdem mehrere Privatpersonen adressiert.
Den genannten Briefen legte der Beschuldigte diverse Texte und Fotos bei, welche er aus örtlichen und regionalen Zeitungen der Tschechischen Republik kopiert hatte. Die Zeitungen las der Beschuldigte jeweils im Internet, als er sich an seinem Wohnort im Kanton AG aufhielt, und druckte diverse Artikel und Fotos aus. Überdies erstellte der Beschuldigte auf seinem Computer daraus Textcollagen und Illustrationen. In der Folge reiste der Beschuldigte mit einem Personenwagen in die Tschechische Republik und nahm die Ausdrucke mit nach Prag. Dort erstellte er ein einem Kopierladen noch weitere Kopien davon. Die genannten Textcollagen und Illustrationen enthielten folgende Inhalte:
- «Trebisov, Stadt der Syphilis …» mit Beschreibung von Prostitution, die angeblich von minderjährigen Kindern von einer Roma-Siedlung ausgeübt werde, mit der Abbildung eines bei eine PKW stehenden minderjährigen Mädchens,
- «Gedicht und Gebet, die Roma stören mich nicht - die ärgern mich äusserst», mit Beschreibung von Roma als einer «eingeräucherten Rasse», die an dem slowakischen Staat parasitiert, tanzt, säuft, stiehlt, Geschlechtskrankheiten verbreitet, u.a. mit dem Text: «Deine Mutter, die trächtige Zigeuner-Sau, ist für die Vermehrung von Parasiten wie geschaffen» oder: «Auf Euch Parasiten, Wucher, Schmarotzer wartet das Lager und Dr. J. Menge/et Heil A. Hitler. Schicke dieses Gedicht an Menschen, sonst werden dich die Zigeuner ausplündern, wenn du beim Sport ein Roma-Kind gewinnst. Wenn du es nicht binnen zwei Tagen abholst, so werden die dir die ganze Familie schicken...», mit Abbildungen von drei Hakenkreuzen.
- Abbildung eines Mannes mit dunkler Hautfarbe, einer Krone und einem Mantel, u.a. mit diesem Text: «Seine Majestät Robert der I.: König der Roma hat so viel Gold vererbt, wie er selbst wiegt!», mit Abbildung eines Mannes in weisser Kapuze und u.a. diesem Text: «Sterilisation von Roma-Frauen, Flugticket Lunik IX - Brüssel für die Roma», mit einer Abbildung des Haupttores eines Konzentrationslagers mit der Inschrift «Arbeit macht frei» wie auch von Adolf Hitler, wie dieser seinen rechten Arm mit flacher Hand schräg nach oben streckt und einer Abbildung von Personen mit dunkler Hautfarbe und dem Text «Etwa 150 Roma kamen nach Bratislava zum Fussmarsch vor das Parlament»,
- «In der Ortschaft Tisovec haben asoziale Parasiten Morde verübt»,
- seitens der Anhänger der «Kotleba-Partei» [eine ultranationalistische und rechtsextreme politischen Partei], wobei am Ende des Schreibens u.a. der folgende Text steht. «Wenn in Bratislava ein irrer Landstreicher einen Philippiner totschlägt, so sind die Medien voll davon. Wenn Zigeuner-Roma-Asoziale mit Ziegelsteinen einen Rentner im Rollstuhl in - hinrichten, so ist es still!!!? Darüber schreibt man lieber nicht. Für uns hat das Leben eines slowakischen Rentners den gleichen Wert. Lass uns nach Tisovec fahren, wir werden den asozialen Zigeunern-Roma zeigen, dass es in ihnen hierzulande nicht gestattet wird zu morden, zu stehlen, zu überfallen und Rentner tot zu schlagen …!»
- Abbildungen des Bevollmächtigten der Regierung der Slowakischen Republik für die Roma-Gemeinschaft zusammen mit Personen dunkler Hautfarbe und dem Text: «Ku-Klux-Klan in Kosice und freie Flugtickets für die Roma …» Das Plakat auf einem Kiosk zeigt einen Mann in weisser Kapuze und u.a. diesem Text: «Sterilisation von Roma-Frauen, Flugticket Lunik IX – Brüssel für die Roma», im unteren Teil steht die Aufschrift «Ausstellung von tschechischen Roma-Fahnen»,
- «Slowakischer Held Dieser Mann hätte eine Auszeichnung für den Aufstand in der Slowakei bekommen müssen wie auch Denkmal als Zeichen für die gute Tat der Säuberung» mit der Abbildung des L'ubmir Harman mit einem Gewehr und dem Text: «Vater Harman L'ubomir unser im Himmel, geheiligt werde sein Name, beschütze uns und erlöse uns von dem Dreck der Zigeuner und ähnlichen unerwünschten Parasiten, Trotteln in unserer Generation... habe Erbarmen Ober seine gute Absicht und Tat. Dein Wille geschehe und erlöse uns von dem Ekel, von den Schmarotzern, Dieben und Hyänen, von dem Dreck und von dem Bösen, das von den Steppen in unsere Gesellschaft nach Europa gekommen ist. Die vermehren sich wie Ratten ihrer auserwählten Nachkommen mit langen Nasen. Die ganze Erde haben die verseucht und verschmutzt ... Behüte uns vor dieser Seuche!», mit einer Abbildung des Haupttores mit der Inschrift «Arbeit macht frei» wie auch von Adolf Hitler, wie dieser seinen rechten Arm mit flacher Hand schräg nach oben streckt und einer Abbildung von Personen mit dunkler Hautfarbe und dem Text: «Der Roma-Protest fand bei den Einwohnern von Kosice keine Unterstützung»,
- Die Hymne der slowakischen Patrioten «Über der Kneipe blitzt es, Über der Kneipe blitzt es, Über der Kneipe blitzt es, die Roma trinken wild, belästigen die Frauen, Lasst uns, Gadschos Slowaken, für sie bezahlen, sonst werden sie uns und die Kneipe zerschmettern. Europäische Union, die schützt die Roma-Minderheiten. Doch denkt sie nicht daran, dass wenn der Slowake stirbt, sie zugrunde gehen wird und die Zigeuner. Wenn die slowakische Intelligenz, das Volk, ausstirbt, wer wird hier herrschen …? Die Kartoffeln werden keinen Mais anpflanzen, keinen Acker bearbeiten. Was werden dann die Roma-Zigeuner denn stehlen und vernichten?» mit Abbildung von sechs Personen mit dunkler Hautfarbe und Hiebwaffen, u.a. mit dem folgenden Text: «Du kastrierst weisses Vieh Gadscho Goj-o, du weist genau, dass da alles durch Dzurinda und die EU finanziert wird».
- «Zigeuner-Kriminalität und Debilität bestätigt …! Der Zigeuner-Neandertaler hat wieder einen Mord begangen! Romìk (Anm. d.Ü.: Kleiner Rom, lat. Cikanium chem. Element Ci … - ein brauner, weicher Romìk … übelriechend, zündbarer (brennbarer) Romìk, mit sehr guter Hydrophobie, guter Aufsaugung von Diebstählen, Alkohol, Überfallen … konzentriert gilt dieses Element als äusserst giftig und gefährlich … aus diesem Grund wird empfohlen es stets mit Blei zu verdünnen» mit einem Bild des Vorgängers des Menschen,
- Gewöhnlicher Zigeuner «Romus Vulgaris», dieser Text verspottet die Roma, indem diese mit Lebewesen verglichen werden, die Furcht vor Wasser haben, Krankheiten übertragen, wobei es sich um eine ursprüngliche Steppenart handeln soll, die sich an das Stadtleben am Rande der Gesellschaft angepasst haben soll, nach Beute mit Messern und Handbeilen jagt und diese in Gruppen verfolgt … ist ein Schädling, verbreitet Seuchen; Infektion, Gestank, verschiedene Parasiten, wobei am Ende dieser Text steht: «Aus jeder Stadt, aus jedem Dorf, verjage die Zigeuner!»,
- Abbildung des Bevollmächtigten der Regierung der Slowakischen Republik für die Roma-Gemeinschaften zusammen mit Personen dunkler Hautfarbe und einem Text, der sich mit der Lösung der Roma-Problematik befasst,
- «Zigeuner-Roma haben einem Regierungsmitglied ein Geschenk gegeben: …Damit er sieht, dass wir eine Bande von Parasiten, Faulpelzen und Schmarotzern in der Slowakei sind, die schrittweise an Junger stirbt …!» Mit Abbildung eines Mannes im schwarzen Mantel, der u.a. eine Schachtel in seinen Händen hält, an der das Hakenkreuz und zwei Siegrunen abgebildet sind, unter der sich u.a. dieser Text befindet «Ich suche zwei Schützen auf Vollzeit oder mit Gewerbeschein und dergleichen. Ich kenne einige Siedlungen, in denen sie ihr Talent, ihre Treffsicherheit und ihren Mut voll ausleben können» mit einer Abbildung des Haupttores mit der Inschrift «Arbeit mach frei» und einem weiteren Text: «Bratislava – ein Schreiben mit Morddrohungen wurde an die Mitarbeiter des medialen Roma-Zentrums in Kosice verschickt. Der Anonymus spricht mit diesem Schreiben seinen Hass gegen das Roma-Ethnikum aus und will der ersten Reihe ihrer Ausrottung angehören! Die Probleme mit den Roma-Mitbürgern seien nur auf eine Art und Weise zu lösen, dafür bräuchte man einen neuen Hitler, schrieb er in dem Schreiben. Ich hätte niemals gedacht, dass ich euch so hassen werde! Ich werde in der ersten Reihe sein, wenn es darum geht, euch zu säubern!!»,
- «Der Aktivist für die Rechte der Roma wandert ins Gefängnis: Für Sex mit 7.5-jährigen Jungs! D., ein bekannter Aktivist und Vertreter des Europäischen Netzwerkes gegen Rassismus hat eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten zu verbüssen», mit einer Abbildung von zwei Personen dunkler Hautfarbe und dem Text: «Der Präsident der Roma-Initiative der Slowakei E. und der stellvertretende Vorsitzende der Partei F., erhalten einen Drohbrief», im unteren Teil ist ein Lichtbild eines Mannes dunkler Hautfarbe und dem Text: «Geehrte Gläubige: Höret das Wort Gottes und das Evangelium … Als ich den Menschen schuf, habe ich auch die Seele und das Leben in ihn eingeblasen. Zigeuner-Roma sind deswegen braun, stinken und sind hoffnungslos schmutzig, weil ich auf sie danach geschissen und gefurzt habe … Geehrte Gläubige, sie hörten das Wort Gottes!»
En droit / considérants
Der Beschuldigte machte die genannten Äusserungen in der Öffentlichkeit, indem er die Briefe an öffentliche Einrichtungen sendete. Er wusste, rechnete aber zumindest damit und nahm in Kauf, dass er durch die genannten Äusserungen durch Wort und Bild Personen, die der Ethnie und Rasse der Roma angehören, als minderwertige Personengruppe dargestellt und diese dadurch in ihrer Würde verletzt sowie erniedrigt.
Décision
Die zuständige Strafverfolgungsbehörde spricht den Beschuldigten der mehrfachen Rassendiskriminierung (Art. 261bis Abs. 4 StGB) schuldig.
Der Beschuldigte wird verurteilt zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je CHF 100.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren. Zusätzlich wird er verurteilt zu einer Busse von CHF 2'000.00.