Cas 1998-001N
Zurich
Historique de la procédure | ||
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1998 | 1998-001N | Die zuständige Strafverfolgungsbehörde stellt das Strafverfahren ein. |
Critères de recherche juridiques | |
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Acte / Eléments constitutifs objectifs | Abaissement ou discrimination (al. 4 1ère phrase) |
Objet de protection | Objet de protection en général |
Questions spécifiques sur l'élément constitutif | Publiquement (en public) |
Mots-clés | |
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Auteurs | Particuliers |
Victimes | Personnes noires / PoC |
Moyens utilisés | Déclarations orales |
Environnement social | Voisinage; Lieux publics |
Idéologie | Racisme (couleur de peau) |
Die Angeschuldigte soll mehreren Kindern und ihrer Begleitung, die sich auf dem Spielplatz befanden, von ihrem Balkon aus zugerufen haben, «Hey ihr Schwarzen, könnt ihr nicht leiser sein, sonst rufe ich die Polizei». Die Kinder haben zuhause vom Vorfall erzählt, worauf sich der Anzeigeerstatter an den Ort begab, um die Beschuldigte zur Rede zu stellen. Um sich bemerkbar zu machen, habe er laut geschrien und die Klingel betätigt. Darauf sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen, in welcher die Beschuldigte den Anzeigeerstatter resp. dessen Kinder mit den Ausdrücken «schwarze Drecksau, afrikanische Sau, Saupack, ihr schwarzen Sauhunde» bezeichnet habe. Weil die Beschuldigte von ihrem Balkon herunterschrie, waren die Ausdrücke nicht nur für den direkt Betroffenen, sondern - weil ins Freie gerufen - für eine unbestimmte Zahl von Leuten wahrnehmbar.
Die Strafverfolgungsbehörde konnte nicht mit Sicherheit klären, ob die Beschuldigte diese Ausdrücke verwendet habe oder nicht. Die Angeschuldigte bestritt vehement, irgendwelche rassistischen Ausdrücke verwendet zu haben. Nach der Beweiswürdigung stand Aussage gegen Aussage und es konnte nicht mit rechtsgenügender Sicherheit geklärt werden, ob die Angeschuldigte effektiv die vom Anzeigeerstatter behaupteten Ausdrücke verwerndet hat. Die Strafverfolgungsbehörde prüfte dennoch, ob die Angeschuldigte sich der Rassendiskriminierung schuldig gemacht hätte, falls der rechtsgenügende Nachweis erbracht werden könnte, dass sie die Ausdrücke verwendet hat. Sie qualifiziert die inkriminierten Äusserungen als zu wenig intensiv, als dass sie eine strafrechtlich relevante Herabsetzung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB darstellen könnten und sie stellt das Strafverfahren gegen die Angeklagte ein.
Im vorliegenden Fall konnte nicht rechtsgenüglich bewiesen werden, ob die Angeklagte die oben genannten Ausdrücke verwendet hat oder nicht. Aufgrund dieser Unsicherheit entschied sich die Strafverfolgungsbehörde nur zu prüfen, ob der Angeklagte sich der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB schuldig gemacht hätte, wenn bewiesen wäre, dass sie die Aussprüche gegenüber dem Anzeigeerstatter tatsächlich benutzt hatte.
Die Strafverfolgungsbehörde prüft die Tatbestandsvariante nach Art. 261bis Abs. 4 StGB, beginnend mit dem Begriff der Öffentlichkeit. Im konkreten Fall erfolgten die Äusserungen zum Fenster hinaus auf die Strasse und ein unbeteiligter Dritter konnte Teile des verbal ausgetragenen Konflikts wahrnehmen. Aus dem folgert die Strafverfolgungsbehörde, dass das Element der Öffentlichkeit gegeben sei.
In einem weiteren Schritt prüft sie den Gehalt und die Intensität der Ausdrücke, welche die Angeklagte verwendet haben soll. Wenn die Worte «schwarz» oder «afrikanisch» mit dem Wort «Sau» verbunden werden, habe dies nach Meinung der Strafverfolgungsbehörde in jedem Fall eine negative Bedeutung. Hervorzuheben sei jedoch, dass diese Kombination nicht über eine blosse Beschimpfung hinausgehe und somit unter Umständen Art. 177 StGB erfülle.
Der in Art. 261bis StGB genannte Begriff der «Menschenwürde» umfasst mehr als den Ehrbegriff, insofern als nicht nur das Ansehen als ehrbare Person, sondern das Ansehen überhaupt als menschliches Wesen tangiert sein muss. «Die ausgedrückte Geringschätzung muss besonders intensiv im Sinne einer undifferenzierten, abgrundtiefen Verachtung des andern und des Absprechen[s] oder Relativierens des Menschseins. Der angegriffenen Person muss ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit abgesprochen werden und sie als minderwertiges Wesen behandelt worden sein.» (E.III.3.b.)
Die Strafverfolgungsbehörde verneint, dass durch die strittigen Äusserungen eine Geringschätzung ersichtlich geworden sei. Weder sei die Würde des Klägers in Frage gestellt worden, noch seien ihm innere Werte aufgrund seiner Hautfarbe abgesprochen worden. Indem sich die Angeschuldigte aufgrund ihres Unmutes über die lärmige Situation an diesem Sonntag geäussert und den Kläger beschimpft habe, könne diese Handlung aber unter Umständen ein Delikt gegen die Ehre darstellen.
«Die Fäkaliensprache macht die Titulierung zwar (noch) primitiver, ändert aber nichts an der Tatsache an deren Charakter als blosse Beschimpfung.» (E.III.3.b)
Weil das Tatbestandselement der Diskriminierung im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, prüft die Strafverfolgungsbehörde nicht, ob eine solche in bezug auf die Rasse oder Ethnie erfolgt ist. Sie betont aber, dass Art. 261bis StGB grundsätzlich greift, wenn der Ausdruck «Schwarze» als unterscheidendes Merkmal benutzt wird und damit eine Herabsetzung beabsichtigt ist.
Nach Meinung der Strafverfolgungsbehörde liegt im vorliegenden Fall keine strafrechtlich relevante Herabsetzung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 Hälfte 1 StGB vor und sie stellt das Strafverfahren ein.
Einstellung des Strafverfahrens.