Die Diskriminierungsstrafnorm soll sicherstellen, dass politische Auseinandersetzungen nicht auf Kosten von Angehörigen einer bestimmten «Rasse», Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung geführt werden.
Eine von den Gegnern der Diskriminierungsstrafnorm oft geäusserte Befürchtung, ist der mögliche Missbrauch der Strafnorm zu politischen Zwecken und eine Schwemme von Anzeigen und Verurteilungen. Um diese Befürchtungen zu entkräften, reicht ein Blick auf die Statistik zu den Entscheiden und Urteilen zu Art. 261bis StGB der EKR und auf die Rechtsprechung.
Vorfälle, bei denen der Angeklagte ein politischer Akteur ist, machen weniger als 10% der Entscheide zu 261bis StGB aus. Von diesen führte nur die Hälfte der Entscheide zu einem Schuldspruch. Es ist offensichtlich, dass die Diskriminierungsstrafnorm in den allermeisten Fällen nicht dazu missbraucht wird, politische Akteure zum Schweigen zu bringen, auch die Rechtsprechung bestätigt dies.
Das Bundesgericht hält fest, dass insbesondere bei der Beschränkung von politischen Äusserungen strenge Anforderungen gelten. Im Rahmen von politischen Debatten sind Aussagen nicht immer strikt an ihrem Wortlaut zu messen, da in diesen Auseinandersetzungen oft gewisse Vereinfachungen und Übertreibungen üblich sind. So wurden z.B. diffamierende Plakate von politischen Parteien im Rahmen von Abstimmungskämpfen bisher nicht bestraft. Die Verfahren wurden jeweils schon von den Staatsanwaltschaften frühzeitig eingestellt.
Der 2017 ergangene Schuldspruch für ein Plakat mit dem Schriftzug: «Kosovaren schlitzen Schweizer auf», war der erste Fall, in dem das Verbreiten eines offensichtlich diffamierenden Plakates bestraft wurde. Seither gab es nur einen weiteren vergleichbaren Fall.
Vermehrt finden politische Diskurse auch im Internet statt. Durch die vermeintliche Anonymität sinkt die Hemmschwelle, diskriminierende und diffamierende Äusserungen von sich zu geben. Gerade hier ist die Diskriminierungsstrafnorm von grosser Bedeutung. Sie verhindert, dass politische Diskurse zu rassistischen oder homophoben Hetzkampagnen werden.
Rassistische oder homophobe Äusserungen von politischen Akteuren in den sozialen Netzwerken und in den Medien haben in letzter Zeit zugenommen und in einigen besonders krassen Fällen auch zu Schuldsprüchen geführt. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass es sich in diesen Fällen um Äusserungen handelte, die von den Betroffenen als Privatpersonen ausserhalb eines politischen Kontextes gemacht wurden.
Bei politischen Äusserungen wird der Meinungsäusserungsfreiheit ein besonders hoher Stellenwert beigemessen. Dennoch legt die Diskriminierungsstrafnorm auch im politischen Diskurs eine rote Linie fest, die – zum Schutz der Menschenwürde – nicht überschritten werden darf.
Zum AnfangLetzte Aktualisierung: 20.06.2023