Rassismus in der Öffentlichkeit

Die Rassismusstrafnorm stellt herabsetzende und diskriminierende Handlungen und Äusserungen in der Öffentlichkeit unter Strafe, sie ist weder Maulkorb noch Gesinnungsstrafnorm.

Der Wortlaut der Rassismusstrafnorm zeigt deutlich, dass nur Handlungen und Äusserungen, die in der Öffentlichkeit geschehen und anderen Menschen aufgrund ihrer „Rasse“, Religion oder Ethnie die Menschenwürde und damit das gleichberechtigte Dasein absprechen unter Strafe gestellt sind.
Dies sind beispielsweise:

  • das Aufrufen zu Hass und Diskriminierung
  • die systematische Verleumdung und Herabsetzung
  • das Organisieren von Propagandaaktionen
  • das Verstossen gegen die Menschenwürde und das Herabsetzen oder Diskriminieren eines Menschen durch irgend eine Verhaltensweise – sei es Wort, Schrift, Bild, Gebärden oder Tätlichkeit
  • das Leugnen, gröbliche Verharmlosen, Rechtfertigen von Völkermord oder von anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
  • die Verweigerung einer der Allgemeinheit angebotenen Dienstleistung aus rassistischen Motiven

Gesinnungen und Gedanken sind demgegenüber frei. Sie sind nicht strafbar.

Wann ist eine Handlung oder Äusserung öffentlich?

Öffentlich ist eine Handlung immer dann, wenn sie nicht in einem Umfeld erfolgt, das sich durch persönliche Beziehungen oder durch besonderes Vertrauen (wie z.B. im Familien- und Freundeskreis) auszeichnet. Ob eine Handlung öffentlich ist, hängt also von der konkreten Situation ab.

In einem richtungsweisenden Urteil aus dem Jahr 2004 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob ein Vortrag über die Entstehung der SS und der Waffen-SS in einer abgelegenen Waldhütte vor rund 50 Personen aus der Skinhead-Szene öffentlich war oder nicht. Zum Vortrag eingelassen wurden Personen, die eine schriftliche Einladung vorweisen konnten. Grundsätzlich hielt das Bundesgericht fest, dass alles, was nicht privat ist, im Sinne von Art. 261bis StGB als öffentlich zu beurteilen sei. Äusserungen und Verhaltensweisen sind laut dem Urteil immer dann als privat anzusehen, wenn sie „(...) im engen Familien- und Freundeskreis oder sonst in einem durch persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen geprägten Umfeld erfolgen“. Der blosse Umstand, dass die Teilnehmer einer Veranstaltung die gleiche Gesinnung haben, bedeutet nicht, dass diese auch persönlich befreundet sind.

Durch dieses Urteil wurde der Anwendungsbereich der Rassismusstrafnorm – entgegen gewisser Behauptungen – nicht erheblich ausgeweitet. Schon vor diesem Bundesgerichtsurteil waren Äusserungen rassistischen Inhalts z.B. am Stammtisch dann strafbar, wenn andere Restaurantbesucher diese mithören konnten. Der EKR ist jedoch bis heute kein einziges „Stammtischurteil“ bekannt, welches zu einer Verurteilung geführt hat.
Die Frage, wann eine Handlung öffentlich ist, wurde für die Rassismusstrafnorm nicht neu erfunden. Den Begriff der Öffentlichkeit gab es schon lange vor der Einführung der Rassismusstrafnorm, er wird in einer Vielzahl anderer Normen verwendet und es besteht bereits eine breite Rechtsprechung hierzu (z.B. Art. 259 und Art. 261 StGB ).

Fazit

Wenn durch Reden oder andere Handlungen in der Öffentlichkeit Menschen wegen ihrer „Rasse“, ihrer Ethnie oder ihrer Religion diffamiert und verletzt werden, unterliegt dies der Rassismusstrafnorm. Gesinnungen und Gedanken sind demgegenüber nicht strafbar.

Zum AnfangLetzte Aktualisierung: 17.01.2019