Zusammenfassung des Artikels
«Le rire, dernier écho du paradis …» (französisch)
Autor
Albert de Pury ist ein renommierter Bibelexeget und Bibelwissenschaftler, emeritierter Professor für alttestamentliche Wissenschaft an der theologischen Fakultät der Universität Genf und ... Karikaturist.
albert.depury@unige.ch
Lachen ist nach Ansicht von Albert de Pury für die Menschen eine der sichtbarsten Ausdrucksformen des Glücks. Das Lachen über Dicke und Dünne, über Tollpatsche oder Schlaumeier, das Lachen über alle anderen, die Mächtigen oder die Schwachen, und schliesslich das Lachen über uns selbst. Wäre uns dieses Ventil der Erheiterung nicht gegeben, gliche das Leben wohl einem traurigen Spaziergang durch das «Tal der Tränen». Albert de Pury hat diese Überzeugung bereits sehr früh gewonnen, als er sah, wie sich sein Vater beim Vorlesen der Bildgeschichten von Rodolphe Töpffer (dem Genfer Wegbereiter der Comiczeichner) jeweils vor Lachen schüttelte. Er erinnert sich an Momente grosser Fröhlichkeit, beispielsweise bei einer interreligiösen Tagung, in deren Anschluss die Teilnehmer ein Sammelsurium von jüdischen, christlichen und muslimischen Geschichten zum Besten gaben, unwiderstehlich in ihrer Komik, ihrer Absurdität und ihrer Wahrheit.
Doch Lachen ist nicht immer unschuldig, besonders da es oft auch die Tragik des Lebens aufweist. Unwiderstehlich ist es nur, wenn es spontan und nicht mit Absicht entsteht, nicht gekauft oder instrumentalisiert ist. Ein Wettbewerb für Witze gegen Mohammed in einer dänischen Zeitung kann daher nicht lustig sein; und ebenso ist nichts betrüblicher als ein als Replik darauf in Teheran ausgeschriebener Zeichnungswettbewerb über den Holocaust. Auch wenn man die grosse Anthologie der antisemitischen Karikatur zwischen 1890 und 1945 betrachtet, die 2005 im Verlag Berg International erschienen ist, wird man kein einziges Mal zum Lachen verleitet. Die Lust zu lachen kann uns überall überraschen, doch sie überkommt uns nie losgelöst vom Moment, der Situation oder der Gesellschaft, in der wir uns befinden. Lachen kann auch verletzen. Albert de Pury machte diese schmerzliche Erfahrung, als er einem befreundeten Bankier eine Widmung zeichnete, deren Missverständlichkeit ihm erst im Nachhinein bewusst wurde.
1 G. Silvain et J. Kotek (éd.), La carte postale antisémite. De l’affaire Dreyfus à la Shoah, Paris 2005.