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August 2023 |
Publikation des Themendossiers Antimuslimischer Rassismus |
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Das neue Themendossier «Antimuslimischer Rassismus» ist jetzt online und auf Bestellung verfügbar.
Die von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) herausgegebene Publikation befasst sich eingehend mit den Besonderheiten und Merkmalen des antimuslimischen Rassismus und zeigt seine aktuellen Erscheinungsformen wie Vorurteile und Hassreden in den sozialen Netzwerken sowie deren Folgen auf. In der Schweiz, wo rund 450 000 Musliminnen und Muslime leben, bleiben Rassismus und Diskriminierung gegenüber dieser Gemeinschaft ein grosses Problem.
Laut einer Umfrage des Bundesamtes für Statistik im Jahr 2020 hegten 12 Prozent der Schweizer Bevölkerung negative Gefühle gegenüber Musliminnen und Muslimen und 20 Prozent brachten mit Musliminnen und Muslimen negative Stereotype in Verbindung.
Diskriminierung tritt in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens auf und manifestiert sich in demütigenden Äusserungen, Aufrufen zu Gewalt, einseitiger Berichterstattung in den Medien, diskriminierenden Initiativen und Hassreden im Internet.
Besonders verletzlich sind Frauen, die ein Kopftuch tragen, da sie damit als Musliminnen erkannt werden. Das Themendossier schliesst mit den Kernaussagen der EKR zu dieser Problematik und bietet damit ein wertvolles Instrument zum besseren Verständnis von Rassismus und Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen.
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Rückblick auf 13 Jahre als Kommissionsmitglied der EKR |
Als ich 2010 als Expertin für Fragen des Islam zur EKR stiess, hatte eine grosse Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung eben den Bau von Minaretten verboten und dies in der Bundesverfassung verankert.
2021 hiess das Schweizer Stimmvolk auch noch ein Vermummungsverbot gut, welches sich ebenfalls gegen die Muslime richtete, Stichwort Burka-Verbot.
Dazwischen gab es mehrere Vorstösse auf kantonaler Ebene, welche wahlweise das Kopftuch in Schulen oder auch den Koran verbieten wollten. 2017 führte die EKR zusammen mit dem SZIG erstmals eine Fachtagung zum Thema «Muslimfeindlichkeit: Gesellschaft, Medien und Politik» durch.
Zudem beauftragte sie das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög) mit einer Studie zur Qualität der Berichterstattung über Muslime in der Schweiz, welche 2018 publiziert wurde.
Die wichtigsten Erkenntnisse daraus waren, dass Muslime primär Objekt der Berichterstattung sind, dass vor allem muslimische Akteure, die polarisierende Positionen vertreten Resonanz in den Medien erzielen und dass die Vielfalt in Bezug auf muslimische Akteure sehr eingeschränkt ist.
Der Anteil der Beiträge, deren Tonalität Distanz gegenüber muslimischen Akteuren in der Schweiz erzeugt, wächst relativ kontinuierlich zwischen 2009 und 2017 von 22% auf 69%.
Dies erklärt sich teilweise mit der erwähnten Verschiebung der Aufmerksamkeit auf Themen wie «Radikalisierung», «Terror» und «gefährdete Integration».
Eine Distanz erzeugende Berichterstattung ist dort problematisch, wo sie mit Pauschalisierungen verknüpft wird. Es bleibt also noch viel zu tun in der Schweiz in Sachen Muslimfeindlichkeit.
Ich bin deshalb sehr froh um das Themendossier zu antimuslimischem Rassismus, welches die EKR nun zur Verfügung stellt. In einem kürzlich erschienenen Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Religions- und Weltanschauungsfreiheit wird festgestellt, dass Misstrauen, Diskriminierung und offener Hass gegenüber Muslimen «epidemische Ausmasse» angenommen haben.
Ändern wird sich das erst, wenn in einer breiten Öffentlichkeit ein Bewusstsein für antimuslimischen Rassismus entsteht und die Erkenntnis, dass es nicht ok ist, Musliminnen und Muslimen zu diskriminieren.
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Im Gespräch mit… |
Asmaa Dehbi und Amir Dziri, des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG) |
Wo endet Islamkritik und wo beginnt Islamfeindlichkeit bzw.
antimuslimischer Rassismus? Die Grenze zwischen antimuslimischem Rassismus und legitimer Religionskritik ist nicht immer leicht zu erkennen.
Gleichzeitig gibt es einige wichtige Kriterien.
Antimuslimischer Rassismus basiert auf einer essentialistischen Differenzierung zwischen einer «westlichen, christlich-abendländischen» und einer «islamischen Kultur».
Kulturen werden dann nicht als etwas Dynamisches wahrgenommen, sondern als feste Entitäten, die von Homogenität und Unvereinbarkeit geprägt sind.
Religionskritik dagegen bezieht eine kritische Auseinandersetzung mit religiösen Lehren, Institutionen oder Praktiken explizit mit ein, ohne jedoch zu verallgemeinern, zu essentialisieren oder negativ wie auch positiv zu exotisieren, und damit eine Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit abzuwerten. Sie verwenden den Begriff «islamische Selbstreflexion» - was bedeutet das? «Islamische Selbstreflexion» hat sich in den letzten Jahren als Begriff etabliert, um die muslimisch-akademische Beschäftigung mit dem Islam vor allem an europäischen Universitäten zu beschreiben, so wie sie als Bestandteil eines interdisziplinären Ansatzes auch am SZIG betrieben wird.
Der Begriff hat sich deshalb etabliert, weil er sowohl an muslimische Wissenschaftskulturen und deren Betonung des gedanklichen Reflektierens in religiösen Fragen anknüpft als auch für gegenwärtige Forschungsansätze offen ist.
Innerhalb aktueller Fragen islamischer Ethik bietet dieser Zugang die Möglichkeit, differenziert über bestimmte Fragen und Probleme islamischer Interpretation zu diskutieren und wird so als Gegensatz zu dogmatischen Rechtfertigungen betrachtet. Wie können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber kopftuchtragenden Frauen unterstützen? Gibt es hier aus Ihrer Erfahrung Good Practices? Eine präventive Massnahme seitens ArbeitgeberInnen kann die Entwicklung eines Bewusstseins für antimuslimische rassistische Diskriminierung am Arbeitsplatz sein, einschliesslich der impliziten und unintentionalen Formen rassistischer Deutungs- und Handlungsmuster.
Die Beschäftigung mit religiöser Vielfalt in der Institution kann ebenso hilfreich sein wie die Berücksichtigung der Perspektiven und Bedürfnisse von Frauen mit Kopfbedeckung.
Weitere Massnahmen sind die Befähigung von Mitarbeitenden zu intervenieren, wenn sie Diskriminierung beobachten sowie die Einrichtung einer Meldeinstanz, bei der diskriminierendes Verhalten gemeldet werden kann.
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