TANGRAM 35

«Viele diskriminierte Jugendliche fühlen sich sehr allein»

Zusammenfassung des Artikels
« Beaucoup de jeunes se sentent très seuls quand ils sont discriminés » (französisch)

Autorin

Das Interview führte Joëlle Scacchi, Redaktionsverantwortliche des Tangram von Januar 2010 bis April 2015.
joelle.scacchi@gmail.com

Roman Helfer engagierte sich in der vom Europarat lancierten Kampagne No hate
speech gegen Online-Hassreden. Für den jungen Aktivisten und europäischen Delegierten der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände SAJV ist Sinn und Zweck der Kampagne die Zusammenfassung aller Arten von Diskriminierung in einem einzigen Projekt. Er stellte fest, dass die meisten Jugendlichen nur sehr wenig über Menschenrechte wissen und dass Jugendliche keineswegs eine idyllische Gruppe bilden, die bereit ist, den Menschenrechten diskussionslos hohe Priorität einzuräumen. Grosse Prinzipien allein reichen nicht aus. Jugendliche müssen die Dinge fühlen, sich austauschen und hinterfragen können und den notwendigen Raum erhalten, um ihre eigene Wirklichkeit auszudrücken.

Angesichts der Hassreden betont Roman Helfer, wie wichtig es ist, verbale Angriffe zu melden, sei es auf der Feedback-Plattform der Europaratskampagne, mittels einer Strafanzeige oder auf Facebook. Denn etwas zu melden bedeutet auch, zu existieren und sich zu vernetzen, sich nicht mehr alleine zu fühlen. Viele Jugendliche, die Opfer von Hassreden werden, fühlen sich isoliert und wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Eines der Ziele der Kampagne bestand darin, die Benutzenden zu mobilisieren und sie zum Handeln zu bewegen, sodass die Opfer verteidigt und Aggressoren entmutigt werden.

Obwohl Roman Helfer bereits sehr früh für die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen sensibilisiert war, wurde er erst als 16-jähriger Kochlehrling direkt mit der Ungerechtigkeit konfrontiert, als er seine unterbezahlten ausländischen, wenig geschätzten und manchmal entwurzelten Kolleginnen und Kollegen sah. Ihre Bekanntschaft zu machen und ihren Alltag zu teilen war eine Erfahrung, die ihm die Augen öffnete.